Fiona
Gürtel. Mit wehenden Gewändern, das Haar wie ein Netz um ihren Körper, wich sie den Männern aus, die sie zu erhaschen versuchten. Sie verletzte sie nicht, obwohl sie hin und wieder einem Mann die Haut ritzte, daß das Blut lief. Doch dabei behielt sie die Phase des Tanzens aufrecht, tat, als hätte sie Spaß an dieser Jagd, sprang lachend auf einen Tisch und schleuderte Schüsseln, Becher und Teller mit Speisen nach allen Richtungen. Als die Hand eines Ritters sie am Knöchel faßte, glitt sie zur Seite, während sie »zufällig« ihre Ferse auf seine Finger hieb. Mit einem Schmerzensschrei ließ er von ihr ab.
Fionas Nerven waren einem Zusammenbruch nahe, als die Männer rhythmisch zu klatschen begannen. Sich vorbeugend wirbelte sie ihr Haar im Takt zu ihrem Applaus im Kreis herum. Sie hoffte, daß Roger und Miles die Zeit genutzt hatten, das gefesselte Mädchen aus seiner Notlage zu befreien, drehte sich, daß ihre Röcke in die Höhe flogen und die Männer beim Anblick ihrer Beine in Jubel ausbrachen. Dann sprang sie dem alten Mann direkt vor die Füße.
Sie landete mit einem tiefen Knicks vor ihm, hielt den Kopf gesenkt, daß ihre Haare einen Vorhang um sie bildeten. Keuchend, mit fliegenden Flanken, wartete sie.
Mit großem, feierlichem Gehabe erhob sich der Mann von seinem Platz und hob mit einer knochigen Hand Fionas Kinn, damit sie ihm ins Gesicht sehen mußte.
Aus dem Augenwinkel sah Fiona, daß die Stelle, wo das Mädchen gesessen hatte, leer war. Es konnte nur noch Sekunden dauern, bis alle Ritter das Fehlen des Mädchens bemerkten.
Fiona stand auf, betete darum, daß sie noch eine Frist ertrotzen konnte, und in der Hoffnung, daß sie damit die Männer zu fesseln vermochte, bewegte sie die Schulter und ließ das Oberteil ihres Kleides zu den Hüften herunterfallen.
Es wurde ganz still unter den Zuschauern, die sich fast alle hinter ihr zusammendrängten. Die lüsternen Augen des alten Mannes weideten sich an ihren festen, hohen Brüsten. Und dann zeigte er lächelnd seine schwarzen Zahnstummel, nahm seinen eigenen schweren Umhang ab und legte ihn Fiona um die Schultern.
Während er auf eine beschämende Weise die Schnüre des Umhangs festhielt, begann er, Fiona mit den Bändern in den Schatten des Waldes hineinzuziehen.
Sie hielt in der Hand ein Messer versteckt, das sie einem der Ritter abgenommen hatte. Als der alte Mann sich umwandte, sah er, daß das gefesselte Mädchen verschwunden war, doch ehe er seine Männer alarmieren konnte, trat Fiona an ihn heran, nahm sein Ohrläppchen zwischen die Zähne, preßte das Messer gegen seine Rippen und knurrte: »Geht! «
Sie waren im Dunkel des Waldes untergetaucht, ehe der Ruf im Lager erschallte, daß die Gefangene entkommen sei.
»Rennt! « befahl Fiona dem alten Mann und drohte ihm mit dem Messer.
Rasch wandte er sich um und schlug Fiona mit dem Handrücken ins Gesicht.
Doch bevor er sich auf Fiona stürzen konnte, sprang Roger von einem Baum herunter, und seine mächtigen Hände legten sich um den Hals des alten Mannes. Vielleicht war es die Überraschung oder die Aufregung über Fionas Tanz; denn Roger hatte ihn kaum berührt, als der alte häßliche Mann tot zu seinen Füßen niederstürzte.
Roger verlor keine Zeit, faßte Fiona um die Taille und schob sie einen Baum hinauf.
Unter ihnen schwärmten nun die Ritter durch den Wald, und ihre gezogenen Schwerter glitzerten im Mondlicht. Roger legte seinen Arm um Fiona und drückte sie an seine Brust, ihren Kopf an seiner Schulter vergraben. Sie flog am ganzen Körper, und selbst jetzt, in der Geborgenheit der Arme ihres Bruders, konnte sie immer noch die Hände der Männer spüren, die nach ihr grapschten.
»Miles«, flüsterte sie an Rogers Hals.
»In Sicherheit«, war alles, was Roger ihr sagen wollte, während er sie noch fester an sich zog.
Sie warteten eine Weile und hörten sich das Jammergeschrei an, als der alte Mann tot im Wald gefunden wurde. Schließlich trugen zwei Ritter den Toten in das Lager zurück, und die Suche nach dem Mädchen schien zu Ende zu sein, denn die Männer sattelten ihre Pferde und begannen, von der Lichtung fortzureiten.
Roger hielt Fiona noch eine Weile fest, nachdem es ganz still geworden war im Wald.
»Komm«, befahl er, »der Montgomery erwartet uns. «
Roger stieg zuerst vom Baum herunter und fing dann Fiona auf, die immer noch den Umhang des alten Mannes trug. Während der Samt um sie her raschelte, rannte sie hinter Roger her durch den kalten,
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