Fire after Dark - Dunkle Sehnsucht
Schließlich kam ich in den Regent’s Park und verbrachte zwei Stunden damit, ihn zu erkunden. Erst lief ich durch gepflegte Rosengärten, dann wieder auf Wegen entlang grüner Rasenflächen und buschiger Bäume, vorbei an Seen, Spiel- und Sportplätzen. Zu meiner Überraschung hörte ich irgendwann das Trompeten von Elefanten und sah in der Ferne den langen, gesprenkelten Hals einer Giraffe mit ihrem kleinen Kopf. Mir wurde klar, dass ich in der Nähe des Zoologischen Gartens sein musste, und ich lachte. Auf dem Heimweg kam ich durch eine sehr elegante Straße, in der es schicke Boutiquen und Haushaltswarenläden, Bankautomaten und einen Supermarkt gab. Dort konnte ich mir Lebensmittel und andere Notwendigkeiten besorgen. Auf dem Rückweg zu Celias Wohnung musste ich nur zwei Mal stehen bleiben, um meinen Stadtplan zu konsultieren, und ich kam mir schon fast wie eine richtige Londonerin vor. Die Frau, die mich an diesem Morgen nach dem Weg gefragt hatte, hatte keine Ahnung, dass ich die Stadt ebenso wenig kannte wie sie, aber jetzt war ich schon ein wenig erfahrener, und ich freute mich auf das, was ich am nächsten Tag alles tun würde. Das Beste war, dass ich kaum an Adam gedacht hatte. Nun ja, nicht so viel wie sonst. Und wenn ich es doch getan hatte, schien er so weit weg, so fern von dem Leben, das mich jetzt umgab, dass sein Schatten weniger schwer auf mir zu lasten schien.
»Guten Abend, De Havilland«, rufe ich gutgelaunt. Der Kater mit seinem vertrauten, schwarzen Fell erwartet mich hinter der Wohnungstür. Er freut sich, mich zu sehen, schnurrt wie verrückt und reibt sich ekstatisch an meinen Beinen. Keinen einzigen Schritt will er mich machen lassen, ohne sich eng an meine Waden zu pressen. »Hattest du einen schönen Tag? Ich schon! Was haben wir denn hier? Schau dir das an, ich war einkaufen – ich kann Abendessen kochen. Ich weiß, ich weiß, das ist ungeheuer aufregend. Ich wette, du hast nicht geglaubt, dass ich kochen kann, aber ich bin gar nicht übel darin, und heute Abend werden wir uns ein köstliches Thunfischsteak mit asiatischer Soße, Reis und gebratenem Gemüse gönnen, auch wenn Celia bestimmt keinen Wok hat. Aber wir behelfen uns einfach mit dem, was da ist.«
Ich plaudere mit dem kleinen Tier, genieße seine Gesellschaft und den Blick seiner wachen, gelben Augen. Natürlich ist er nur ein Kater, aber ich bin froh, dass er da ist. Ohne ihn wäre diese ganze Sache sehr viel beängstigender.
Nach dem Abendessen, das mir auch ohne Wok hervorragend gelingt, flaniere ich durch das Wohnzimmer und frage mich, ob der Mann von gegenüber wieder auftauchen wird, aber seine Wohnung bleibt dunkel.
Ich trete vor das Bücherregal und inspiziere Celias Bibliothek. Neben einer umfassenden Sammlung von Gedichtbänden und historischen Romanen besitzt sie herrliche Bücher über Mode, von der Geschichte berühmter Designermarken über Biographien gefeierter Couturiers bis hin zu reich illustrierten Bildbänden. Ich ziehe einige heraus, setze mich auf den Boden und blättere mich hindurch, bewundere die Modefotografie des 20 . Jahrhunderts. Ich blättere gerade die Hochglanzseiten eines Buches durch, als ich plötzlich innehalte. Meine Aufmerksamkeit wird von dem Model in einer der Aufnahmen auf sich gezogen. Es ist ein Bild aus den Sechzigern. Eine umwerfend schöne Frau sieht mich an, ihre riesigen Augen sind mit Eyeliner katzenartig geschminkt. Sie beißt sich auf die Unterlippe, was ihr den Ausdruck enormer Verletzlichkeit verleiht, der nicht zu ihrer makellosen Schönheit, den sorgfältig frisierten Haaren und ihrem faszinierenden Minikleid passt.
Ich fahre mit dem Finger über die Gesichtszüge der jungen Frau, und mir wird klar, dass ich sie kenne. Ich schaue mir das gerahmte Foto auf einem der Beistelltische an. Ja, kein Zweifel möglich. Das ist Celia, eine Aufnahme vom Beginn ihrer Karriere. Ich blättere rasch weiter: es gibt noch drei weitere Fotos von Celia, und auf jedem hat sie diese fragile Ausstrahlung, trotz der topmodischen Outfits. Auf einem Foto sind ihre dunklen Locken kurz geschnitten, ein jungenhafter Look, der sie noch viel jünger aussehen lässt.
Das ist merkwürdig. Ich hatte mir Celia immer als starke Frau vorgestellt, aber auf diesen Fotos sieht sie so … nicht direkt schwach … zerbrechlich aus. Als ob ihr das Leben einen Schlag versetzt hätte. Als ob das da draußen die große, böse Welt sei, und sie müsse sich ihr ganz allein stellen.
Aber sie hat das
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