Fire after Dark - Dunkle Sehnsucht
überwunden, oder etwa nicht? Andere Fotos auf dem Beistelltisch zeigen Celia in unterschiedlichen Phasen ihres Lebens, und in ihnen scheint diese Verletzlichkeit weniger offensichtlich. Die Celia in ihren Dreißigern strahlt und lacht und ist definitiv stärker und selbstsicherer und bereit, sich der Welt zu stellen. In ihren Vierzigern ist sie weltgewandt und erfahren, in ihren Fünfzigern glamourös und kompetent, in einer Welt vor Botox, in der man einer Frau ihr Alter ansah, ob es ihr gefiel oder nicht. Und das Alter stand ihr.
Vielleicht ist ihr einfach klargeworden, dass immer Schläge kommen werden. Wichtig ist nur, wie man mit ihnen umgeht. Dass man aufsteht und weitermacht.
In diesem Moment wird die Stille von einem Klingeln unterbrochen. Ich schrecke zusammen, dann bemerke ich, dass es nur mein Handy ist. Es sind meine Eltern, die hören wollen, wie es mir geht und was ich so mache.
»Es geht mir gut, Mum, ehrlich. Die Wohnung ist klasse. Ich hatte heute einen wunderschönen Tag, es könnte gar nicht besser sein.«
»Isst du auch ordentlich?«, will meine Mutter besorgt wissen.
»Aber ja.«
»Hast du auch genug Geld?«, erkundigt sich mein Vater. Ich vermute, er steht am Nebenanschluss im Wohnzimmer, während meine Mutter am Küchentisch sitzt.
»Ja, Dad, ehrlich. Du musst dir keine Sorgen machen.«
Nachdem ich ihnen alles detailliert erzählt habe, teile ich ihnen auch noch meine Pläne für den kommenden Tag mit und versichere ihnen, dass ich hier sicher bin und dass ich mich um mich selbst kümmern kann. Wir verabschieden uns, und ich bleibe in dieser merkwürdig surrenden Stille zurück, die einsetzt, wenn Geplauder und Lärm abrupt aufhören.
Ich stehe auf und gehe zum Fenster, versuche, die wachsende Einsamkeit in mir niederzuringen. Ich bin froh, dass meine Eltern angerufen haben, ehrlich, aber ohne, dass sie es beabsichtigt hätten, haben sie mich wieder deprimiert. Ich kämpfe so sehr darum, dieser pechschwarzen Qual zu entkommen, die mich gefangen hält, seit ich Adam erwischt habe. Ich brauche all meine Kraft, um ein paar Schritte zurückzutreten, aber dann wirft mich die leiseste Berührung sofort zurück in diesen Abgrund.
Die Wohnung gegenüber liegt im Dunkeln. Wo ist der Mann, den ich gestern Abend sah? Mir wird klar, dass ich mich unbewusst darauf gefreut habe, hierher zurückzukommen und ihn wiederzusehen. Eigentlich spukte er mir den ganzen Tag durch den Kopf, ohne dass es mir bewusst war. Das Bild von ihm, halbnackt, die Art, wie er sich lässig durch sein Wohnzimmer bewegte, wie er mich so direkt anstarrte – all das hat sich mir in die Netzhaut gebrannt. Er ähnelt keinem der Männer, die ich bisher erlebt habe – also, nicht im wirklichen Leben.
Adam ist kein besonders großer Mann, und obwohl er durch die Arbeit für seinen Vater ziemlich kräftig ist, sieht er eher bullig als durchtrainiert aus. Je länger ich ihn kannte, desto untersetzter und kantiger wurde er, vielleicht weil er seine Energie aus dem fetten Zeug zog, das er so aß, unendlich viele Burger und ständig warmes Frühstück. Und in seiner Freizeit machte er nichts lieber, als mehrere Flaschen Bier zu kippen und spät nachts noch Pommes an der Imbissbude zu holen. Als ich ihn damals in jener Nacht sah, wie er sich auf seine Ellbogen stützte und entsetzt in Hannahs ängstliches Gesicht auf dem Kissen unter ihm schaute, war mein erster Gedanke: er sieht dick aus. Seine bleiche Brust schien schwammig, und sein nackter Bauch schwabbelte über Hannah, die mit ihren riesigen Brüsten, ihrem gewaltigen, milchigweißen Bauch und den breiten Hüften perfekt zu seiner Üppigkeit passte.
»Beth!« Er schnappte nach Luft, sein Blick wechselte zwischen Verwirrung, Schuldgefühlen, Scham und – unbegreiflicherweise – Verärgerung hin und her. »Was zum Teufel hast du hier zu suchen? Du sollst doch babysitten!«
Hannah sagte nichts, aber ich sah, wie aus ihrem anfänglichen Schockzustand eine Art bösartiger Trotz wurde. Ihre Augen funkelten mich an, als ob sie sich auf einen Kampf vorbereitete. Mitten im miesesten Betrug ertappt, würde sie es an mir auslassen. Anstatt die Rolle der gemeinen Verführerin zu spielen, besetzte sie mich mit der Rolle der törichten Närrin, die sich der wahren Liebe zwischen Romeo und Julia in den Weg stellte. Ihre Nacktheit war ihr Ehrenabzeichen, kein Symbol der Schande. ›Ja‹, schien sie zu sagen, ›wir haben Sex, wir sind verrückt nacheinander, wir können die Finger
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