Fire - Thriller
Aber was? Aber es war auch kein Kinderkram gewesen. »Ich habe sie eine Zeitlang geliebt, Bree. Ich bin völlig durch den Wind.«
»Willst du den Fall abgeben?«
»Nein.« Diese Frage hatte ich mir bereits selbst gestellt und die Antwort genauso schnell parat gehabt wie jetzt.
»Ich kann Sampson oder jemand anderen von der Gewaltkriminalität damit betrauen. Wir halten dich ständig auf dem Laufenden …«
»Bree, den hier kann ich nicht abgeben.«
»Den hier?« Sie streichelte sanft meinen Arm.
Ich holte tief Luft. Ich wusste, worauf Bree hinauswollte. »Es geht nicht um Maria, wenn es das ist, was du meinst.« Meine Frau Maria war erschossen worden, als unsere Kinder noch klein gewesen waren.
Ich hatte den Fall erst kürzlich abschließen können. Jahre der Qual und der Schuldgefühle waren vorausgegangen. Doch Maria war meine Frau und damals die Liebe meines Lebens gewesen. Ellie war etwas anderes. Ich vermischte die beiden Frauen nicht. Jedenfalls dachte ich das.
»Okay.« Sie streichelte meinen Rücken, um mich zu beruhigen. »Sag mir, was ich tun kann.«
Ich kuschelte mich mit Bree unter die Decke. »Leg dich einfach hier mit mir hin«, bat ich sie. »Mehr brauche ich im Moment nicht.«
»Das lässt sich machen.«
Kurz darauf schlief ich in Brees Armen ein – für ganze zwei Stunden.
5
»Ich sehe was, das du nicht siehst, das fängt mit einem Z an«, sagte Bree.
»Da drüben, die Zeitung!«, erwiderte Ali rasch. »Ich sehe sie! Sie ist rosa. Was für eine verrückte Zeitung ist das denn?«
Zur Überraschung und Freude meiner Familie war ich am Morgen nicht zur Arbeit an diesen widerlichen Tatort gegangen, in dieses Haus, in dem ich Ellie und ihre Familie tot vorgefunden hatte. Heute wollte ich die Kinder in die Schule bringen. Eigentlich wollte ich sie an den meisten Tagen in die Schule bringen, doch manchmal konnte ich nicht, und manchmal tat ich es nicht. Doch heute brauchte ich viel frische Luft. Viele lächelnde Gesichter. Und Alis Kichern.
Jannie besuchte die letzte Klasse der Sojourner Truth als Vorbereitung auf die Highschool, während Ali gerade erst in die Schulwelt aufbrach. An diesem Morgen kam mir das Leben wie ein Kreislauf vor, nachdem Ellies Familie ausgelöscht worden war, während meine Kinder prächtig gediehen.
Ich setzte mein bestes fröhliches Papagesicht auf und versuchte, die grausamen Bilder der letzten Nacht beiseitezuschieben. »Wer ist der Nächste?«
»Ich habe was«, meldete sich Jannie und drehte sich mit einem Grinsen zu Bree und mir, das von einem Ohr zum anderen reichte. »Ich sehe was, was du nicht siehst, das fängt mit PUGTEW an.«
»Pugtew? Wie kann denn ein Wort mit Pugtew anfangen«, wunderte sich Ali. Er drehte seinen Kopf bereits wie ein Wackeldackel auf der Suche nach diesem Ding, was auch immer es sein mochte.
Jannie trällerte beinahe ihre Antwort: »P.u.G.t.e.W. Personen unterschiedlichen Geschlechts teilen eine Wohnung.« Sie flüsterte das Wort Geschlecht in unsere Richtung, als wollte sie die Unschuld ihres kleinen Bruders schützen. Doch ich war derjenige, der rot im Gesicht wurde.
Bree klopfte Jannie auf die Schulter. »Hey, wo hast du das denn aufgeschnappt?«
»Cherise J. Sie sagt, ihre Mama sagt, ihr beide lebt, na ja, in Sünde.«
Ich warf Bree über Jannies Kopf hinweg einen Blick zu. Dass dieses Thema früher oder später zur Sprache kommen würde, war ja klar gewesen. Bree und ich waren seit mehr als einem Jahr zusammen, und sie verbrachte eine Menge Zeit bei uns zu Hause in der Fifth Street. Ein Grund war, dass die Kinder sie gerne um sich hatten. Ein anderer Grund, dass es mir genauso ging.
»Ich glaube, du und Cherise J. solltet euch ein anderes Thema suchen, über das ihr reden könnt«, schlug ich vor. »Meinst du nicht?«
»Ach, ist doch in Ordnung so, Daddy. Ich habe Cherise gesagt, ihre Mama soll sich doch an die eigene Nase fassen. Ich meine, selbst Nana Mama steckt die Sache ganz gut weg, und ihr Foto steht im Lexikon schließlich unter dem Eintrag ›altmodisch‹.«
»Du hast ja keine Ahnung, was alles im Lexikon steht«, gab ich zu bedenken.
Doch Bree und ich versuchten schon nicht mehr, uns Jannie gegenüber politisch korrekt zu verhalten, und lachten einfach nur. Jannie befand sich derzeit an einem Scheideweg, an der Kreuzung zwischen Mädchen und Frau.
»Was ist so lustig?«, fragte Ali. »Ich will’s auch wissen.«
Ich hob ihn hoch, um ihn das letzte Stück auf meinen Schultern in die Schule zu tragen. »Das
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