Firebird
sehen außer den Anzügen und der äußeren Luke, aber wir wussten, dass Melissa die innere Luke geschlossen hatte und auf der Brücke geblieben war. Dots Hand tauchte auf, und sie drückte die START-Taste. »Lasse Druck ab« , sagte sie.
In der Luftschleuse war nicht viel Platz, und die Anzüge hoben vom Boden ab, als Melissa die künstliche Gravitation abschaltete. Ich zweifelte ein wenig daran, dass Dot es schaffen würde, sich zusammen mit fünf anderen Personen in diese Luftschleuse zu quetschen.
Der Prozess ließ sich nicht abbrechen. Während er im Gange war, sahen wir zudem die Bilder, die die Teleskope der McCandless auffingen. Sie lieferten uns einen faszinierenden Ausblick auf das alte Schiff. Es war schwer zu erkennen, aber es sah aus, als wäre es nicht mehr als dreißig Meter entfernt.
Ich starrte unentwegt die Antares an und dachte daran, wie die Alpha vor unseren Augen transparent geworden war. Das war so schnell passiert.
Dann öffnete Dot die Außenluke, lehnte sich hinaus, hakte die Leine in die Öse ein und wickelte sich das andere Ende um den Leib. Sie stieß sich ab und zog die angeseilten Druckanzüge hinter sich her.
Die Intrépide öffnete ihre Luftschleusenluke. Dot überquerte die Distanz zwischen den Schiffen und landete sauber neben der offenen Luke. Sie kletterte hinein, löste Stück für Stück die Anzüge von der Leine und zog sie ebenfalls hinein. Als sie alle hatte, löste sie die Leine von ihrem Körper und befestigte sie am Rumpf. Offenbar war sie magnetisiert worden.
Dann quetschte sie sich in die Luftschleuse und schloss die Luke hinter sich. Wieder mussten wir lange warten, bis sich der Druck aufgebaut hatte. Zwei Minuten später trat sie in das Innere des Schiffs und schaute den Passagieren ins Gesicht. Menschen, die vor Tausenden von Jahren geboren wurden. Einige waren in Tränen aufgelöst, andere jubelten, eine Frau versuchte, Dot zu umarmen, bekam aber die Arme nicht um den Anzug. Dann tauchte ein Mann in Uniform auf. Der Captain. Durchschnittliche Größe, blondes, kurz geschnittenes Haar und eine enorm erleichterte Miene.
Dot nahm den Helm ab, und er sagte etwas, wobei es sich, da bin ich sicher, nur um etwas wie »Gott sei Dank« handeln konnte.
Dot sah den Captain an und zeigte auf die Anzüge. »Schnell« , sagte sie.
Sie brauchte keinen Dolmetscher. Der Captain übernahm. Du , sagte er. Und du . Legt die Anzüge an.
Die Leute, die er auswählte, zwei Frauen, drei, traten vor. Alle anderen wichen zurück. Machten Platz.
»Ich zähle ungefähr vierzig Personen« , sagte Dot.
»Dot.« Das war Melissas Stimme. »Bereit, wenn du es bist.« Später erfuhr ich, dass Melissa Assistenzärztin war. Dies war ihr erster Raumflug.
»Das wird nicht gut enden«, unkte Alex.
»Verdammtes Sternenkorps«, sagte ich.
Dot zeigte ihnen die Flexanzüge, und sie wählten rasch zwei kleine Mädchen aus, die sie tragen sollten. Eines davon sah aus wie das Kind, das wir an der Sichtluke gesehen hatten.
Ein weiterer Uniformierter tauchte auf. Vermutlich der Flugbegleiter. Er hatte einen sechsten Druckanzug dabei. Es gab einige Kommunikationsbemühungen, zu denen Lächeln und Schulterklopfen zählten. Dot wartete, während die Leute entschieden, wer gehen sollte. Noch eine Frau. Die Auswahl lockte ein paar Tränen und viel Zögern hervor. Sie war jung und voller Angst. Und sie weigerte sich. Nein, ich bleibe, wo ich bin. Ich bleibe hier . Oder vielleicht, ich bleibe bei euch. Jedenfalls wollte sie nicht. Und es flossen noch mehr Tränen.
Dot versuchte, ihnen klarzumachen, dass Zeit ein kritischer Faktor war. Entscheidet euch, lasst uns anfangen. Endlich entschieden sie sich für eine vierte Frau, groß, dunkle Haare, die wahrlich erleichtert aussah.
Während sie sich in die Anzüge kämpften, stellte jemand die einzelnen Personen vor: Lisa, jung, vielleicht neunzehn, gab sich große Mühe, nicht verängstigt zu wirken; Julie, mittleres Alter, braune Augen, nicht glücklich damit, ihren Partner zurücklassen zu müssen; Rowena, schwarze Haare, die Lippen fest zusammengepresst und offenkundig nicht sicher, ob sie das wirklich tun wollte; und Michelle, die Ersatzfrau.
Die Lippen des Captains formulierten Fragen, und wir wussten, wie sie lauteten. Was zum Teufel passiert hier eigentlich? Wo sind wir? Aber er vergeudete damit nicht viel Zeit.
Auf der McCandless flüsterte Melissa, die die ganze Zeit geschwiegen hatte, nur darauf bedacht, nicht zu stören: »Bitte, Gott.«
Dot
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