Firelight 3 - Leuchtendes Herz (German Edition)
etwas ändern könnte, wenn ich das wollte.
Die Hintertür des Transporters geht auf und Will steht dort in der Stille der Dämmerung. Hinter ihm ist ein dunkler Wald zu sehen und ich weiß, dass er sichergestellt hat, dass wir weit genug von der Anlage der Enkros entfernt sind.
Wo auch immer wir uns hier befinden, wir sind fürs Erste in Sicherheit.
Sein Blick schweift über die anderen hinweg und bleibt dann an mir hängen.
»Ist alles in Ordnung mit dir?«, fragt Will besorgt. Er hat zweifellos meine Schreie gehört, konnte aber nicht früher anhalten.
Ich sehe ihm in die Augen. »Er ist nicht mehr da. Cassian ist tot.« Die Worte bleiben mir fast im Hals stecken; ich kann es kaum ertragen, sie auszusprechen, besonders vor Tamra und Miram. Aber ich kann ihnen mein Wissen auch nicht ewig vorenthalten.
Will schweigt. Sein Gesicht verrät rein gar nichts. Für einen kurzen Moment kann ich etwas in seinen Augen aufblitzen sehen, bin mir jedoch nicht sicher, was es zu bedeuten hat.
Miram stößt ein herzzerreißendes Klagen aus und fällt Tamra um den Hals.
»Das tut mir leid«, sagt er schließlich.
Ich spüre, wie mein Gesicht sich zu verziehen droht, und hole tief Luft, um die aufsteigenden Tränen zu unterdrücken. Noch einen Zusammenbruch kann ich mir nicht leisten. Trotzdem ist es schrecklich, diese tiefe Traurigkeit über Cassians Tod zu spüren, sie aber nicht zeigen zu können, weil ich Wills Gefühle nicht verletzen möchte – weil ich nicht will, dass er denkt, ich sei in Cassian verliebt gewesen.
Es entsteht ein unangenehmes Schweigen und er sieht sich um. »Wir müssen noch ein Stück weiterfahren. Hier ist es zu unsicher für einen längeren Aufenthalt, aber ich wollte zumindest kurz nach euch allen sehen. Nur noch ein paar Stunden, dann können wir etwas essen und uns ein wenig ausruhen.«
Er wartet einen Augenblick lang ab, ob jemand etwas darauf erwidert.
Keiner von uns sagt ein Wort. Das Einzige, was zu hören ist, ist Mirams Schluchzen. Ich sehe Will nicht mehr an. Ich kann nicht. Die Gefühle, die in mir toben, sind einfach zu schrecklich. Also nicke ich nur einmal kurz.
Die Tür fällt wieder ins Schloss. Ich lausche dem Knirschen von Wills Schritten und dann dem Zuschlagen der Fahrertür. Nach wenigen Augenblicken hüllt uns erneut das Knattern des Transporters ein und wir fahren weiter durch die Nacht.
»Das ist deine Schuld, Jacinda«, flüstert Miram hitzig und ignoriert meine Schwester, die versucht, sie zum Schweigen zu bringen. »Das ist alles deine Schuld. Cassians Tod geht auf dein Konto.«
»Und du hattest nicht vielleicht auch ein wenig Anteil daran?«, schnauze ich zurück. Ich leide innerlich unendliche Qualen und bin nicht bereit, die ganze Schuld allein auf meine Schultern zu nehmen. »Warst du nicht diejenige, die mir gefolgt ist und wegen der wir erwischt worden sind? Warst du nicht diejenige, die sich geweigert hat, mit mir zu fliehen, als wir das erste Mal die Möglichkeit dazu hatten?«
Sie funkelt mich hasserfüllt an, und das lässt ihre faden, ausdruckslosen Visiocrypteraugen fast lebendig wirken. In ihnen ist noch etwas anderes zu lesen – das Wissen darum, dass ich recht habe. Sie kann ihre Schuldgefühle nicht komplett verbergen. Und dann erinnere ich mich an Cassian und daran, wie sehr er seine Schwester geliebt hat. Ich weiß, dass Miram sich für immer und ewig Vorwürfe machen wird, und fühle mich dadurch noch schlechter. Sogar Tamra sieht mich tief enttäuscht an und ich fühle mich entsetzlich dabei.
Miram wischt sich über die Nase, schnieft und starrt auf die Wand des Transporters.
Lia atmet hörbar aus. »Und ich dachte schon, ich wäre arm dran mit dem ganzen Drama in meinem Leben.«
Ich sehe Lia an, dieses Mädchen, diese Fremde. Mir fehlt die Energie, sie zu fragen, woher sie kommt und worum genau es sich bei dem Drama in ihrem Leben handelt. Zu jeder anderen Zeit hätte ich mich riesig darüber gefreut, einen Draki aus einem anderen Rudel kennenzulernen – um Erfahrungen auszutauschen und herauszufinden, ob es eine bessere Lebensart außerhalb meines Rudels gibt, fernab von Severins Tyrannei. Doch darüber darf ich jetzt nicht nachdenken. Vielleicht später.
Ich liege auf der Seite, schiebe die Hand unter meine Wange und starre blind vor mich hin. Es ist seltsam … ich habe das Hauptquartier der Enkros längst hinter mir gelassen, das Gefängnis, das mich fast hat zusammenbrechen lassen, aber ich habe nicht das Gefühl, entkommen zu
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