Firelight 3 - Leuchtendes Herz (German Edition)
sein.
Ich fühle mich immer noch geschlagen, als hielten sie mich für alle Ewigkeit dort gefangen.
9
E in paar Stunden später halten wir an und fahren an den Rand einer schmalen Landstraße.
Wir müssen besprechen, was wir als Nächstes tun wollen. Unser ursprünglicher Plan war es gewesen, uns an diesem Punkt zu trennen – Cassian und Miram sollten zum Rudel zurückkehren, während Will, Tamra und ich unsere eigenen Wege gehen wollten. Doch nun ist alles anders.
Ich kann mir zwar nicht vorstellen, einfach so wieder in die Siedlung hineinzuspazieren. Besonders nicht jetzt, ohne Cassian. Aber Miram muss nach wie vor irgendwie nach Hause kommen.
Ich schlucke und schließe die Augen. Sobald das Rudel erfährt, was mit Cassian passiert ist, werde ich für immer mit einer Zielscheibe auf dem Rücken herumlaufen. Ich hebe das Gesicht und strecke es der Nacht dort draußen entgegen, genieße die sanfte Brise auf meiner Haut und weiß, dass sie mich nicht entkommen lassen werden, dass sie nie aufhören werden, mich zu verfolgen. Sie werden mir die Schuld an Cassians Tod geben und Severin wird nicht ruhen, bis ich für meine Tat bezahlt habe. Bis ich wieder im Rudel bin, als Gefangene. Er wird mir einen der Stärksten auf den Hals hetzen … Corbin. Er mag vielleicht Cassians Cousin sein, aber er hat nicht das kleinste Quäntchen seiner Charakterstärke. Er hätte keinerlei Mitleid mit mir.
»Jacinda.«
Als ich meinen Namen höre, schrecke ich auf. Ich befinde mich als Einzige noch in dem Transporter. Tamra steht vor dem Wagen und sieht mich besorgt an. Will befindet sich direkt hinter ihr und tritt unruhig von einem Bein auf das andere. Ich habe ihn noch nie so erlebt – so unsicher, wie er mit mir umgehen soll.
Eilig rutsche ich nach vorn, springe auf den Boden und stehe jetzt vor Will.
Ich sollte ihm sagen, dass nichts von alldem hier seine Schuld ist. Ich muss ihm versichern, dass ich es ihm nicht nachtrage, dass er uns gezwungen hat, Cassian zurückzulassen. Das verdient er. Aber ich schaffe es nicht, ihm ins Gesicht zu sehen und die Worte auszusprechen. Mein Kopf sagt mir zwar, dass ich mit ihm reden muss, aber mein Herz weigert sich. Es ist noch zu früh, meine Trauer ist noch zu frisch und ich kann sie nicht in Worte fassen. Also gehe ich einfach an ihm vorbei.
Ein paar Meter weiter sehe ich im Schein zweier Straßenlaternen Lias und Mirams Umrisse. Ein paar Schlafsäcke liegen neben ihnen, aber sie machen keine Anstalten, sie auszurollen.
Hinter mir sind Wills Schritte zu hören. Ich seufze und weiß, dass ich ihn nicht ewig ignorieren kann. Es ist nicht so, dass ich ihn ignorieren will . Ich will, dass zwischen uns alles wieder in Ordnung kommt, aber ich weiß nicht, ob das jetzt schon möglich ist. Ich kann nicht einfach so tun, als ginge es mir gut. Ich habe mich zwar für Will entschieden, aber Cassian ist – war – ein Teil von mir. Und was bedeutet es für mich und Will, wenn ich das Gefühl habe, dass ich meine Trauer nicht offen zum Ausdruck bringen kann?
Ich mache den Mund auf und weiß immer noch nicht genau, was ich sagen soll. Die Worte bleiben mir im Hals stecken, als ich sehe, wie Lia ihre Klamotten auszieht. Ich verstehe sofort. Sie wird uns verlassen.
Miram hingegen kapiert gar nichts. »Was machst du denn da?«, will sie in einem Tonfall wissen, der klar zum Ausdruck bringt, dass das Mädchen ihrer Meinung nach vollkommen den Verstand verloren hat.
Lia zuckt die spindeldürren Schultern und sagt: »Nach Hause gehen.« Für sie liegt das auf der Hand. Der Blick aus ihren blauschwarzen Augen trifft auf meinen. Sie streift die zu großen Shorts ab, faltet die Kleidung zu einem festen Bündel und knotet die Ärmel des Shirts zusammen, damit nichts verrutschen kann und eine Art Griff entsteht.
Sie dreht sich zu mir um und strafft die Schultern. »Danke. Du hast mir das Leben gerettet. Das werde ich nie vergessen. Und dich auch nicht.«
»Bist du dir wirklich sicher?«, frage ich mit einem sorgenvollen Knoten in der Brust. »Weißt du denn, wie du –«
»Ich weiß, wie ich nach Hause finde.«
Ich versuche es noch einmal. Sie ist noch so jung. Es fühlt sich nicht richtig an, sie einfach allein ziehen zu lassen. »Aber du kannst nicht tagsüber fliegen. Was wirst du –«
»Bei Tageslicht werde ich mich versteckt halten. Ich sollte nicht allzu lange brauchen, bis ich zu Hause bin. Ein paar Tage vielleicht. Ich schaffe das schon.« Sie lächelt selbstbewusst und mir wird klar,
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