Firelight 3 - Leuchtendes Herz (German Edition)
dass sie kein Kind mehr ist. Wie auch, nachdem sie eine Gefangene der Enkros war?
Und auf einmal weiß ich, dass sie es schaffen wird. Sie ist ein Wasserdraki. Sie wird sich nie allzu weit vom Wasser entfernen, und das wird ihr im Notfall Schutz bieten. Einen Augenblick lang überlege ich, ob ich ihr anbieten soll, bei uns zu bleiben; aber was können wir ihr schon bieten außer Gefahr und Unbeständigkeit? Wahrscheinlich geht es ihr an jedem anderen Ort besser.
»Leb wohl, Lia«, sage ich. »Pass auf dich auf.«
»Oh, das werde ich. Mein restliches Leben wird unglaublich langweilig sein, das kann ich dir versprechen.«
Ich lächle ein wenig. »Das klingt himmlisch.«
Sie kommt auf mich zu und überrascht mich mit einer kurzen Umarmung. Dann macht sie kehrt und geht ein paar Schritte, während derer ihr menschliches Äußeres immer stärker verblasst und sie sich in einen tiefblauen Wasserdraki verwandelt. Dann erhebt sie sich in die dunkle Nachtluft und verschwindet. Ich sehe dem schimmernden Dunkelblau ihres Körpers nach, bis es mit dem Nachthimmel verschmilzt und nicht mehr davon zu unterscheiden ist.
Sie gehen zu lassen, ist eine weitere Last, zusätzlicher Kummer, da ich weiß, dass ich sie nie wiedersehen werde – nie mit Sicherheit wissen werde, ob sie es nach Hause geschafft hat und dieses langweilige Leben für sich beanspruchen konnte.
»Komm, Miram«, sagt Tamra sanft. »Lass uns die Schlafsäcke ausrollen.« Meine Schwester blickt zu Will. »Haben wir etwas zu essen dabei?«
Er nickt und geht zum Transporter zurück.
Die Erwähnung von Essen bringt meinen Magen zum Knurren, aber meine Müdigkeit ist stärker. Ich bewege meine schweren Glieder, rolle meinen Schlafsack aus und schlüpfe hinein. Ich will einfach nur allein sein … auch wenn das bedeutet, dass ich mich schlafend stellen muss. Will jetzt ins Gesicht zu sehen und ihm zu sagen, was in meinem Herzen ist – oder eher, was da nicht ist, was tot und verloren ist –, das ist einfach zu viel.
Doch am Ende muss ich gar nicht so tun, als würde ich schlafen. Sobald ich mich hinlege, werde ich von Erschöpfung übermannt und bin weg.
Ich werde abrupt aus dem Schlaf gerissen, jeder Nerv in meinem Körper ist zum Zerreißen gespannt. Ein seltsames Glücksgefühl durchströmt mich. Ich setze mich auf und der glatte Kunststoff meines Schlafsacks rutscht mit einem kratzigen Flüstern auf meine Hüften herunter.
Ich suche die Umgebung mit den Augen ab. Miram und Tamra schlafen ganz in der Nähe. Einen Moment lang bewundere ich das Haar meiner Schwester, das sich wie ein silberner Wasserfall über den Boden ergießt. Ich habe mich an seinen Anblick gewöhnt. Jetzt ist sie nicht mehr die neue Tamra für mich. Sie ist einfach nur Tamra. Meine Schwester. Erleichtert atme ich tief aus. Wenigstens habe ich sie nicht verloren.
Und du hast immer noch Will.
Daraufhin suche ich die Umgebung auch nach ihm ab.
Und finde ihn. Er sitzt mit dem Rücken an einen Baum gelehnt da und hat ein Bein angewinkelt, sodass sein Arm über sein Knie hängt. Und er beobachtet mich. Vielleicht hat er sogar darauf gewartet, dass ich aufwache.
Ich setze mich noch ein Stück weiter auf. »Will.«
Der sanfte Klang meiner Stimme durchbricht die Totenstille des Waldes. Besorgt blicke ich zu den schlafenden Mädchen und hoffe, dass ich sie nicht aufgeweckt habe. Doch sie bewegen sich nicht.
»Warum bist du wach?«, frage ich.
»Nur so. Ich denke nach.«
Ich befeuchte meine Lippen. »Worüber?«
Er starrt mich einen langen Augenblick aus der Ferne an und seine haselnussbraunen Augen schimmern in der Dunkelheit. »Darüber, dass du dich immer fragen wirst, ob es mir nichts ausgemacht hat, ihn zurückzulassen. Ob ich vielleicht sogar froh darüber war.«
Mir bleibt die Luft weg und ich brauche eine Weile, um antworten zu können. Als ich schließlich den Mund aufmache, bin ich froh, dass meine Stimme ruhig und fest klingt. »War es denn so?«, frage ich, obwohl ich das keine Sekunde lang glaube. Das sieht Will nicht ähnlich.
Er schüttelt den Kopf. »Ich habe das getan, was er wollte, Jacinda. Ich habe es in seinem Blick gesehen. Mehr konnte ich nicht tun.«
Ich nicke langsam. »Das stimmt.«
Seine Augen verengen sich zu Schlitzen und er sieht mich durchdringend an. »Aber das reicht dir nicht.«
»Ich weise dir keine Schuld zu.«
»Das musst du auch nicht. Ich kann es in deinem Gesicht lesen. Du lässt mich ja noch nicht einmal deine Hand berühren …« Seine
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