Firelight 3 - Leuchtendes Herz (German Edition)
Miram verschwunden sind, und lässt mich und Will mit dem Grauen allein.
Er macht einen Schritt nach vorn, als wolle er Tamra folgen. Ich versperre ihm mit bebender Brust den Weg. Glut steigt in meiner Luftröhre hoch und ich schüttle warnend den Kopf.
Seine Augen weiten sich, als er mir direkt gegenübersteht. Er erinnert sich gut an mich.
»Sie ist meine Schwester«, verkünde ich und hoffe, dass ich damit sein Interesse an ihr zerschlagen kann. Er hat immerhin versucht, mich umzubringen – und das habe ich nicht vergessen, egal, ob ich seine Beweggründe dafür nachvollziehen kann. Er blickt von mir zu Tamra, die inzwischen am Wagen angekommen sein muss, und dann wieder zurück zu mir.
Und hüllt sich noch immer in unerträgliches Schweigen.
»Gibt es denn keinen anderen Ort, an den du gehen kannst?« Ich wedle mit der Hand und mache eine Geste in die Richtung, die Lia genommen hat. »Du bist frei.«
Ein tiefes Grollen dringt aus seiner Brust herauf, nicht ganz ein Knurren, aber nahe dran.
Ich lege den Kopf schief. »Was ist? Warum sagst du nichts?«
»Jacinda, was machst du da? Willst du ihn etwa provozieren?« Will stellt sich neben mich, bereit einzugreifen, falls wir uns in die Haare bekommen. Er kann meine Worte nicht verstehen, bemerkt aber sehr wohl die Reaktion des Grauen. Sein kantiger Kiefer spannt sich an und der Muskel an seiner Wange tritt deutlich zutage.
Das Grollen ertönt von Neuem und klingt jetzt noch weniger wie ein Knurren, fast wie Drakisprache … und dann wird mir klar, dass es Drakisprache ist . Sie klingt ein wenig eingerostet, aber es ist zweifellos Drakisprache. »Hör auf den Menschen. Geh mir nicht auf die Nerven, Feuerspeier.«
Seine Stimme, so tief und kehlig, schreckt mich auf – mehr als die drohenden Worte. Hinter mir sind Schritte zu hören und ich sehe, dass Tamra zögernd näher kommt. Sie hat Jeans und ein T-Shirt an und sieht gleichzeitig normal und auf unheimliche Art wunderschön aus mit ihren eisblauen Augen und den silbernen Haaren.
Ihre großen Augen fixieren mit ungeteilter Aufmerksamkeit den grauen Draki vor mir. Sie macht den Eindruck, als fühlte sie sich jetzt weniger unwohl. Ich runzle die Stirn. Weniger unwohl und dafür neugieriger, und das bringt wiederum mich dazu, mich unwohl zu fühlen. Ich weiß überhaupt nichts über diesen Kerl, außer dass er zum Töten geschaffen ist – die perfekte Waffe. Doch auf der anderen Seite trifft das auch auf mich zu.
»Vielleicht sollten wir lieber unsere Menschengestalt annehmen«, schlage ich vor und blicke auf unsere Körper, die in der Nacht schimmern. »Dann fühlen wir uns vielleicht beide besser.«
Er legt den Kopf schief und wirft mir einen merkwürdigen Blick zu. »Ich fühle mich nicht schlecht.« Natürlich nicht. Er kann in Sekundenschnelle Tausende von Klingen aus seinem Körper sprießen lassen. Warum sollte er sich unwohl fühlen?
»Nimm einfach deine Menschengestalt an«, fauche ich.
Er schweigt lange und entgegnet dann schließlich: »Ich weiß nicht, wie das geht.«
Ich brauche eine Weile, um zu verarbeiten, was er da gerade gesagt hat, aber als der Groschen fällt, mache ich einen Schritt zurück. Dieser Draki ist im Grunde einfach ein Drache und es behagt mir nicht, ihm so nah zu sein.
»Was ist?«, fragt Will, der meine Reaktion sofort bemerkt hat und weiß, dass etwas nicht stimmt. »Kannst du dich verwandeln und mir sagen, was los ist?«
»Sie hat ihm gesagt, dass er seine menschliche Gestalt annehmen soll, und er hat geantwortet, dass er das nicht kann«, erklärt Tamra und stellt sich dichter neben mich. Aber sie achtet darauf, hinter mir zu bleiben. Sie scheint Angst davor zu haben, diesem Draki zu nah zu kommen.
»Was meinst du damit?«, will ich wissen.
Er weiß nicht, wie das geht? Wie ist das überhaupt möglich? Das ist die Essenz unseres Wesens – das macht einen Draki doch überhaupt erst aus. Der menschliche Anteil in uns ist genauso vorhanden und wichtig wie der Drachenanteil.
»Es ist schon zu lange her«, sagt er. »Ich kann mich nicht mehr daran erinnern, wie es funktioniert.«
Ich mustere ihn von Kopf bis Fuß. »Wie lange hast du denn schon nicht mehr deine Menschengestalt angenommen?«
»Seit sie mich und mein Rudel gefangen genommen haben.«
Sie haben sein gesamtes Rudel gefangen?
Er scheint meine Gedanken erraten zu haben und fährt fort: »Mein Rudel wurde über lange Jahre von Jägern verfolgt. Am Ende waren wir nur noch eine Handvoll. Siebzehn, um
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