Firelight 3 - Leuchtendes Herz (German Edition)
den Kopf. »Du gibst dich also damit zufrieden, deine Tage hier drinnen zu verbringen?«
»Immerhin lebe ich.«
»Das kann man wohl kaum als ›leben‹ bezeichnen. Wir brechen von hier aus«, schwöre ich ihm. »Du wirst schon sehen.«
Im nächsten Moment erschallt wieder das ohrenbetäubende Lachen. »Also gut. Sollte das wirklich passieren, dann folge ich dir dicht auf den Fersen, verlass dich drauf.«
Ich setze mich zurück auf den kalten Boden und ruhe meine Beine aus, die sich so wacklig anfühlen wie Gelee. Ich nehme den Raum auf der anderen Seite der Plexiglasscheibe in Augenschein – zumindest so viel, wie ich von hier aus erkennen kann: die Überwachungszentrale mit ihren Monitoren und Schaltbrettern, in jeder Ecke mehrere Kameras. Die paar Enkros, die sich in dem Raum aufhalten, unterhalten sich leise. Sie scheinen gerade eine Entscheidung über irgendetwas zu fällen. Einer der Laborkittel sieht auf seine Armbanduhr und gestikuliert in Richtung unserer Zellen. Ein weiterer Laborkittel sieht mich direkt an und schüttelt den Kopf. Er scheint ganz klar anderer Meinung zu sein als die anderen.
Ich lehne mich zur Seite, bis meine Schulter das Plexiglas berührt, und versuche, aus dem gedämpften Stimmengewirr herauszuhören, worüber sie sprechen. Wieder sehen die Laborkittel herüber. Allem Anschein nach hat es etwas mit mir zu tun. Ich muss wachsam sein.
Noch mehr Enkros betreten den Raum und die an der Überwachungszentrale katzbuckeln praktisch vor ihnen.
Ich beobachte alles ganz genau und höre plötzlich die Stimme eines jungen Drakimädchens von ein paar Zellen weiter.
»Wenn sie dich nicht erwischen, dann tut es der Graue.«
Sie klingt wie ein Kind , denke ich und lege den Kopf schief. »Was meinst du damit?«
»Wenn die Enkros dir nicht den Hals umdrehen, dann tut er es.« Sie spricht er so aus, als läge auf der Hand, was sie damit meint. »Der Graue.«
»Und wer soll das sein, der ›Graue‹?«
»Oh, der ist ganz gemein. Er ist schon viel länger hier als alle anderen«, sagt sie verächtlich. »Wahrscheinlich ist er deshalb so ekelhaft. Du musst dich von ihm fernhalten.«
»Was für ein Draki ist er denn?« Ich habe noch nie von einem grauen Draki gehört.
Er muss über irgendeine Gabe verfügen, von der ich nichts weiß. Statt vor Angst erschaudere ich vor Aufregung … darüber, andere Drakis zu treffen und etwas über eine Art zu erfahren, von der ich nicht wusste, dass sie überhaupt existiert. Mit so etwas habe ich gar nicht gerechnet, als ich hierhergekommen bin. Mir sind zu viele andere Gedanken durch den Kopf gegangen.
»Hoff mal lieber, dass du das nie herausfinden musst. Geh ihm einfach aus dem Weg. Versteck dich.«
Ich will gerade fragen, wann ich diesem Draki überhaupt über den Weg laufen sollte – schließlich werden wir in diesen Zellen gefangen gehalten –, als plötzlich eine Sirene losschrillt und ein rotes, blinkendes Licht den Raum durchflutet.
»Was ist los?«, will ich wissen und mein Blick schießt wild umher.
Sogar von meiner Zelle aus kann ich hören, wie die anderen Drakis hastig aufspringen. Irgendwo in meinem Hinterkopf frage ich mich, ob Miram sich wohl auch bewegt hat. Oder liegt sie nach wie vor zusammengekrümmt und reglos auf dem Boden ihrer Zelle?
»Mach dich bereit!«, weist mich der männliche Draki an, der sich vorhin mit mir unterhalten hat.
Ich soll mich bereit machen? Bereit wofür?
Ich habe keine Ahnung, was hier los ist, aber meine Muskeln spannen sich instinktiv an und zeichnen sich deutlich unter meiner Haut ab.
Auf einmal öffnet sich die hintere Seite meiner Zelle. Die Wand dort ist gar keine Wand. Sie versinkt einfach im Boden wie ein Autofenster und gibt den Blick frei auf das satte Grün einer üppigen Vegetation.
Kräftige Windböen sind zu spüren, als mehrere Drakis durch die Luft fliehen und in dem Blätterdickicht verschwinden. In Sekundenbruchteilen sind sie fort, als wären sie nie hier gewesen. Es ist alles so schnell gegangen, dass ich nicht erkennen konnte, ob Miram unter ihnen war oder nicht.
Ganz langsam bewege ich mich vorwärts und frage mich, was mich dort draußen erwartet. Sobald ich die Schwelle meiner Zelle überquert habe, schließt sich die Wand hinter mir. Es gibt kein Zurück mehr.
Ich atme langsam aus und spüre den Boden unter meinen nackten Füßen.
Ich bin ganz allein, es ist weit und breit kein anderer Draki mehr zu sehen. Noch nicht einmal die nutzlose, zu einer Kugel zusammengerollte
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