Firelight 3 - Leuchtendes Herz (German Edition)
der Suche nach Will. Ich muss ihn einfach noch einmal sehen, nur noch ein Mal, bevor sie mich wegbringen und »untersuchen«.
Wieder reißt man ruckartig an mir herum und ich stehe stolpernd auf. Sie ziehen mich eilig den Flur entlang, an den anderen vorbei. Ein paar von Metallgittern geschützte Glühbirnen strahlen ein gelbes Licht aus, das gnadenlos in meine Augen sticht.
Ich bewege mich Schritt für Schritt vorwärts. Ich kann weder Will noch Cassian sehen.
Doch Cassians Frustration und Angst erreichen mich immer noch. Das knackende Eis seiner Gefühle spült über mich hinweg. Ich drehe meinen Kopf und schaue über die Schulter, um einen letzten Blick auf die beiden zu erhaschen.
Cassian steht wie angewurzelt da und starrt mir nach. Will spricht mit einem der Laborkittel. Sein Blick streift mich kurz, ehe er gleich wieder wegsieht. Er wirkt ungewöhnlich blass und scheuert mit der Hand an der Seite seines Halses herum, als ob es dort etwas wegzureiben gäbe.
Dann erreiche ich das Ende des Flurs. Wir gehen durch die Tür und ich kann Will nicht mehr sehen.
Ich bin allein. Jetzt gibt es nur noch das, was mich dort drinnen erwartet.
Der Aufzug fährt mit mir und den Enkros nach unten. Sie wahren Abstand, pressen sich eng an die Wände und halten ihre Waffen griffbereit.
Es gibt mir Zuversicht, dass ich ihnen offensichtlich sogar mit zugeklebtem Mund gefährlich erscheine. Die Tatsache, dass Will und Cassian nicht mehr bei mir sind, schneidet mir ins Fleisch wie ein Messer. Auch wenn sich mein Herz nach Will sehnt, spüre ich doch die Abwesenheit von Cassian intensiver, als sein kalter Zorn abebbt und mit ihm verschwindet. Und ich verliere nicht nur seine Wut, sondern auch seine Besorgtheit, seine Angst … seine Zweifel. All das löst sich in Luft auf.
Jetzt bin ich ganz allein mit meinen Gefühlen, aber zumindest muss ich mich nun nicht mehr durch das Durcheinander meiner Emotionen wühlen und versuchen, meine eigenen von Cassians zu unterscheiden.
Ich muss nicht erst so tun, als hätte ich Angst, als ich in das Innere des Hauptquartiers geführt werde. Ich bin nicht sicher, was ich erwartet habe … vielleicht ein burgartiges Verlies? Die weißen Wände und die hell leuchtende Decke entsprechen dem jedenfalls ganz und gar nicht. Der geflieste Boden fühlt sich kühl und glatt an unter meinen nackten Füßen, und obwohl ich die Kälte normalerweise gerne mag, zittere ich. Das hier ist kein kühler Waldboden, den weiche Tannennadeln bedecken und der unter meinem Gewicht nachgibt. Dieser sterile Boden unter meinen Füßen ist hart und leblos.
Wir nähern uns einer Tür, die vom Boden bis zur Decke reicht und lautlos aufgleitet.
Der Raum vor uns wird von einem so grellen Licht erhellt, dass ich blinzeln muss. Während sich meine Augen an die Helligkeit gewöhnen, schnürt sich mir die Kehle zu bei dem Anblick, der sich mir da bietet.
Ein langer Tisch – eine Art Überwachungszentrale – steht einer Reihe von Zellen gegenüber, die aus je drei weißen Wänden und einer Plexiglasscheibe bestehen.
Und in jeder Zelle befindet sich ein Draki. Insgesamt sind es vielleicht zehn. In allen Formen, Farben und Größen.
Das ist zu viel für mich und ich kann mich nicht mehr bewegen. Jemand stößt mir so hart in den Rücken, dass ich taumle. Der Laborkittel vor mir ruft etwas und seine Lippen kräuseln sich knurrend, während er an meinen Handgelenken herumreißt und mich just in dem Moment hochzieht, bevor ich auf die Knie falle. Schmerz durchzuckt meine Schulter. Die Plastikfesseln werden noch stärker festgezogen und schnüren mir das Blut ab.
Ich bin wirklich nur ein Tier für sie. Sogar weniger als das. In ihren Augen ist Abscheu zu lesen, aber auch eine Spur von Faszination. Selbst wenn ich für sie nur ein Tier bin, ähnle ich ihnen doch so sehr, dass es ihnen Angst einjagt. Wäre ich ein einfaches Waldtier, würden sie mich netter und zuvorkommender behandeln.
Aber das bin ich nicht.
Für sie bin ich ein unbekanntes Wesen, ein seltsames Geschöpf, das sie als anomale Laune der Natur betrachten, obwohl meine Vorfahren schon viel früher die Erde bevölkert haben als die Menschen.
Mein Herz schlägt wie wild in meiner Brust, als ich in den weitläufigen Raum gestoßen werde. Schnell suche ich mit den Augen die Zellen ab – irgendwo hier muss Miram sein.
Und dann entdecke ich sie. Meine Nasenflügel blähen sich vor Aufregung, als ich sehe, dass sie am Leben ist. Sie liegt zusammengerollt auf der
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