Firkin 03 - Das Wurmloch ins Biblioversum
rauszuhelfen, damit wir Klayth retten können«, sagte Firkin vorwurfsvoll.
»Richtig«, bestätigte Merlot schlicht.
»Und? Wollt Ihr uns vielleicht raushelfen?« fuhr ihn Firkin an. »Ihr könnt doch zaubern, oder? Ich will mich da nur versichern, versteht Ihr? Wir haben Zauberer getroffen, die es nicht können.«
»Eins nach dem anderen, Jungfirkin! Wie kommst du zu dieser fixen Idee mit dem Eingesperrtsein?«
»Weil es mir lieber ist, nicht eingesperrt zu sein!«
»Alles zu seiner Zeit, mein Junge, alles zu seiner Zeit!« sagte Merlot.
»Und warum nicht jetzt?«
»Nun, das ginge natürlich schon. Nur … hier drinnen seid ihr sicher.«
»Sicher? Vor wen?«
»Vor wemmm!« verbesserte Arbutus.
»Pedant!« fauchte Merlot und warf ihm wieder eine Maus zu. Dann sah er die vier Kinder streng an. »Heißt das, ihr habt wirklich nichts Merkwürdiges gesehen?«
»Nein!« blaffte Firkin, der ungeduldig herumhampelte. »Könnten wir jetzt vielleicht gehen? Klayth steckt in Schwierigkeiten!«
»Halt die Klappe!« fuhr ihn Courgette böse an. Sie vermißte einen Schwertgriff, den sie hätte packen können. »Meint Ihr zum Beispiel Kaninchen mit Taschenuhren?«
»Ja.«
»Und komische Schwerter?«
»Und Drachen?« fragte Hogshead.
»Ihr habt das alles gesehen?« fragte Merlot.
Die Kinder nickten.
»Ähmmm«, brummte Merlot und zupfte sich nachdenklich am Bart herum.
»Seid Ihr deswegen hergekommen?« drängte ihn Hogshead.
»Was ist da eigentlich los?« wollte Courgette wissen.
Merlot schüttelte grimmig den Kopf, starrte auf Hogsheads Rocktasche und fragte: »Wie geht es eigentlich Ch’tin?«
Hogshead erschrak. In dem ganzen Chaos hatte er den kleinen grünen Bücherwurm völlig vergessen. Ängstlich zog er Lady Schätterlies Laffe aus der Tasche und schlug Kapitel fünfundachtzig auf. Entsetzt starrte er die harte, braune, unförmige Masse an, die ganz hinten im Falz hockte, wo eigentlich Ch’tin hätte hocken sollen.
»Bhlaääh!« ächzte Dawn. »Was ist denn da los?«
»Welch ein Jammer!« stöhnte Merlot. »Er verpuppt sich. Dabei hätte er alle unsere Fragen beantworten können!«
»Was ist denn eigentlich los?« fragte Hogshead wieder. »Wo kommen alle diese fiktiven Wesen her?«
»Woher wohl? Nun rate mal!« sagte Merlot.
Hogshead starrte Ch’tin an, dann Merlot, dann Arbutus.
»Jenseits des Raum-Seitlichen Kontinuums …«, setzte er ehrfurchtsvoll an, so andächtig wie die Atmosphäre einer Bibliothek.
Merlot nickte. »In diesem Kontinuum ist ein Loch. Und es wird immer größer. Ein Bücherwurmloch im Biblioversum: Ich habe das immer nur als theoretische Spekulation erachtet. Aber: Wir haben eins!«
»Aber wie? Warum?«
»Ich weiß es nicht«, gestand Merlot. »Ich weiß nur, daß wir verhindern müssen, daß es immer größer wird. Wenn das Kontinuum reißt, dann entsteht ein derartiges Wurmloch, und über dieses Wurmloch kommt es zum unkontrollierten Austausch von Realität und Phantasie. Und das führt zum totalen Chaos! Ihr habt gesehen, was geschehen kann. Wenn das zu lange so weitergeht, dann wird sich Faktisches mit Fiktivem vermischen. Das Leben in den Kapiteldimensionen ist in großer Gefahr!«
»Was können wir dagegen tun?«
»Nun, ihr könntet mir zuerst einmal erzählen, wo ihr überall gewesen seid und was ihr in letzter Zeit so erlebt habt«, sagte Merlot. »Alles! Ihr beginnt am besten mit dem Anfang!«
König Kharthezsh bebte vor Zorn. Er war ins Zimmer von Klayth gegangen, starrte aus dem Fenster und krallte sich so wütend am Fenstersims fest, daß die Steinplatte krümelte. Die Schwarze Garde hatte nach Hinweisen und Anhaltspunkten gesucht und nichts gefunden, aus dem mehr zu erfahren gewesen wäre als aus der zurückgelassenen Nachricht.
Sein Sohn war entführt worden. War ihm gestohlen worden! Vor seiner Nase!
Es war eine Schande! Eine Schmach! Er brüllte und drosch mit der Faust gegen den Fensterrahmen. Womit er die Spatzen fürchterlich erschreckte.
Er brauchte seinen Sohn dringend. Seinen Erben. Kharthezsh wußte genau, daß sich in wenigen Jahren das Alter endgültig beim ihm eingestellt haben und ihm Stück für Stück wegnehmen würde, was er sich an Jugendfrische durch harte, anstrengende Bemühungen so lange hatte erhalten können. Kraft, Beweglichkeit, sein agiler böser Geist: alles das würde von ihm gehen, und er würde geschwächt zurückbleiben, ein leichtes Opfer für seine Feinde. Selbst die ärztliche Kunst von Doktor Sanathorius
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