Firkin 03 - Das Wurmloch ins Biblioversum
Bösen. Der Helm, der neben ihm auf dem Tisch lag, wirkte kaum weniger bedrohlich als der Kopf, für den er gemacht war. Wie eine dunkle, drohende Wolke hing die Atmosphäre militärischer Gefährlichkeit über dem kurzgeschorenen Schädel – Schyrling war damit beschäftigt, das Gesamtvernichtungspotential des Wandschmucks zu taxieren. Er wußte gern über derlei Dinge Bescheid.
»Der augenblickliche Tarif auf dem Binnenmarkt, Sire. Je größer das Terrain, desto höher die Kosten.« Schyrling sprach mit einer Stimme, die ebenso leicht zu überhören war wie eine Lawine.
»Da ist was dran«, gab der König zu. Dann wandte er sich an Khannit und brüllte: »Also, was willst du unternehmen?«
»Wir verfügen über ausreichend Kapital aus dem Staatsschatz, um die angefallenen Lohnkosten zu …«
»NEIN! NEIN! NEIN!« platzte der König los und trommelte auf den Tisch ein, als wollte er ihn in die Knie zwingen. »Falsch! Denk gefälligst nach! Gebrauch deinen Kopf, sonst hast du bald keinen mehr!«
»Äh, ja. Weil die Zehntenlieferung des Volks den Erwartungen nicht entsprach«, versuchte es der Kanzler stammelnd noch einmal, »und wir deshalb zu unangemessenen, äh, unumgänglichen Aufwendungen für die Vergeltungsmaßnahmen veranlaßt wurden, sollte also …« Er schluckte. »… sollte also auch das Volk für die Kosten aufkommen.«
»Und das heißt?«
Khannit ließ die Schultern hängen. »Vielleicht … vielleicht Zehntenerhöhung, Sire?«
»Mein Gott, jetzt hat er’s! Richtig! Zehntenerhöhung! Nenn’s meinetwegen Verwaltungsgebühr, wenn dir das lieber ist, aber setz die Abgabensumme noch mal rauf. Ich seh gar nicht ein, warum wir alles nur aus unserer Tasche bezahlen sollen. Es ist schon schwer genug, das Zeugs einzusammeln, auch ohne eine Bande räudiger, verlauster Gebirgler, die die Prozedur aufhalten. Umgehend ein Dekret erlassen! Zehntenerhöhung! Sofort! Genauer gesagt: Zurückdatieren das Ganze. Um ein Jahr! Und streicht den Sankt-Strizzius-Tag!«
»Jawohl, Sire! Wenn Ihr wünscht, Sire!« Khannit schwitzte.
»Und ob ich das wünsche!« Mit diesen Worten verbannte der König den Kanzler aus seinen Gedanken und wandte sich an Schyrling. »Erzählt mir doch von Euren jüngsten Heldentaten. Wo wart Ihr eigentlich gestern abend?«
»Wie ich höre, habe ich eine interessante Jongleurdarbietung versäumt.«
»Für meinen Geschmack ein bißchen zuviel Publikumbeteiligung. Alles ein wenig überdreht, letztendlich ein wenig kopflos.«
»Das kann man wohl sagen, Sire.« Schyrling kicherte. Es klang wie das Brunftgeräusch von Pflastersteinen. »Ich war leider verhindert, Hoheit. Geschäftlich.«
»Laß ich Euch so schwer arbeiten?«
»Aber nein, Sire. Ich glaube, ich habe einen Rivalen für Euren lieben Drescher gefunden. Ich wollte Euch eigentlich fragen, ob wir uns nicht später einmal treffen könnten.«
»Ein Rivale? Oho! Das würde ich wirklich zu gerne miterleben. Wir sehen uns morgen früh, in meinen Gemächern!«
Die Sitzung wandte sich dann normaleren Themen zu, jenen faszinierenden und aufregenden Angelegenheiten, die der König über alles schätzte. Schyrling berichtete mit seismisch rumpelnder Stimme und immensem Behagen von der Vertreibung der Bewohner von Khucaph und von der Einäscherung der Hütten und schwelgte dabei in den blutrünstigen Wonnen der anschaulichen Rekapitulation. Gierig lauschte der König den Schilderungen tyrannischer Umtriebe, sonnte sich genüßlich und voll diebischer Freude im Widerschein der flackernden Flammen, die blutrot auf den Dächern der brennenden Katen tanzten, wärmte sein böses Herz an der Hitze der Lagerfeuer der Barbarei. Er bebte sichtlich, als er von den Taten seiner Schwarzen Garde hörte, die mit harter Hand und eiserner Faust erbarmungslos für Recht und Ordnung sorgte: Diebe wurden von galoppierenden Hengsten durch die Straßen geschleift; wer keine Hundemarke vorweisen konnte, wurde im Angesicht zetermordio schreiender Zuschauer von wilden Schakalen in Stücke gerissen; Parksündern wurde – falls es sich um kleinere Verstöße handelte – öffentlich der Bauch aufgeschlitzt. Das, dachte er mit wohligem Schauer, das ist es, was einen König ausmacht. Es war schön, König zu sein. Es war schön, sich um das Elend der Leute und ihre bittere Armut kümmern zu dürfen und dabei nie aus den Augen zu verlieren, was das Wichtigste war: das Wohl der Monarchie. Bei all dem Elend, das im Königreich herrschte, brauchte das Volk wenigstens
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