Firkin 04 - Hundstage
KUT-Wissens rausgepfriemelt. Er hatte alles nach bestem Wissen und Gewissen aufgebaut und den Chrominenz-Filter dorthin gestellt, wo er seiner Meinung nach hingehörte. Er hatte die Einstellung des psychoterrinen Kristalls zur Kompensation des Mangels an einem echten Subjekt frisiert und den Empathischen Kraftverstärker schließlich auf volle Pulle gebracht. Und er hatte noch immer nicht die leiseste Ahnung, ob das verdammte Ding auch wirklich arbeitete.
Mancini wünschte sich insgeheim, er hätte ein paar Extra-Kröten ausgegeben und sich einen Malpin der Reihe 7 mit optionalem Emotionsfilter zugelegt. Er hätte wirklich etwas brauchen können, um seine Nerven abzuschirmen. Aber vielleicht reichte ihm auch ein dreistöckiger 103er mit Eis.
Er hatte in seinem Geist alles von allen Seiten betrachtet und sah in Practz’ Logik nicht den geringsten Fehler – er sollte erschaffen, statt einfach nur bewahren; etwas erfinden statt zu erwecken! Es kam ihm so einfach vor. Aber an seinem Hinterkopf nagten noch immer Millionen von Zweifeln, wie ein Trawler voller Fischweibchen. Sie standen hinter ihm, hielten die Arme fest verschränkt, lugten über seine Schulter, winkten mit einem Finger und tadelten ihn in einem brüchigen Falsett (Ach, Paula, du würdest mich auch dann nicht kriegen, wenn du statt reichlich vorhandener Empathie reine Fantasie einsetzt! Reich mir mal den Schellfisch …)
In seinem Kopf kreisten eine Million Fragen, und jede von ihnen wies genug Stoff für potentielle Forschungsaufträge auf, um tausend Stipendien vergebenden Körperschaften das heulende Elend zu bescheren. Aber für Mancini harrte nur eine Frage der Antwort. Nur ein segelnder Monolith der Ungewißheit verdarb ihm die perfekte Sicht auf die Glückseligkeit; der einzige Haken bei der Sache.
Wenn es nicht klappt … Bezahlen sie trotzdem?
Tja, er würde es in Kürze wissen.
»Fertig?« rief Practz, der zielstrebig über den Grottenboden marschierte.
Mancini zuckte zweifelnd die Achseln.
»Welche Zuversicht«, grunzte Practz. »Ich bin geradezu überwältigt!«
Mancini schnalzte mit der Zunge und schnippte mit den Fingern. Knapp warf ihm die dickste Kartoffel zu, die er in seinem Beutel finden konnte. Der KUT steckte ergeben zwei Elektroden in die biologische Kraftquelle und trat einen Schritt zurück. Knapp schielte erwartungsvoll über die Tischplatte hinweg, fand besonderes Interesse an zwei großen purpurnen Steinen und ließ sie in einer Geheimtasche seines Beutels verschwinden.
Ein blaßrotes Leuchten stotterte in einem Hyperrealitätsventil, als ein Mikrovoltgetröpfel hineinpieselte und einen Versuch machte, es aufzuwärmen. Mancini musterte es mit finsterer Miene und plagte sich ab, den letzten Bodensatz von Optimismus aufzubieten. Er streckte die Hand aus, packte ein seltsames Instrument und reichte es Practz. »Setzt dies auf«, grunzte er.
»Wie? Wohin?« fragte der Chef von Losa Llamas und drehte das Ding, das wie eine Maschendraht-Quastenkappe aussah, in den Händen.
»Auf Euren Kopf«, brummte Mancini. »Wohin denn sonst?«
»Muß ich es tun? Es sieht so blöd aus. Was ist, wenn jemand reinkommt?«
»Wenn Ihr es nicht aufsetzt, funktioniert es nicht.«
Nachdem Practz den Flur kontrolliert hatte, ob da irgend jemand im Finsteren lauerte, setzte er die Psychotrichterkappe zögernd auf und ordnete das Drahtgewirr auf dem Scheitel, als hoffe er, nicht allzu lächerlich auszusehen. Knapp kicherte leise vor sich hin.
»Nun konzentriert Euch auf den Drachen, den Ihr haben möchtet«, sagte Mancini zu Practz und motzte den empathischen Vorverstärker auf. »Bildet ihn in Eurem Geist und haltet ihn dort fest. Je mehr Einzelheiten Ihr Euch ausdenkt, um so besser.«
»Etwa seine Farbe und dergleichen?« fragte der stämmige Thaumaturgiephysiker.
»Alles und jedes. Die Farbe seiner Augen, die Anzahl seiner Zähne. Und die Länge der Innenseiten seiner Beine, falls Ihr es könnt.«
Practz schloß die Augen, sein Gesicht glättete sich, und er versuchte, im Inneren seines Geistes einen Drachen zu beschwören. Er fragte sich kurz, ob er Rutger rufen sollte, denn dessen Kopf war mit phantastischen Bildern in 80-mm-Superthaumination so vollgestopft, daß es dort neben Bello dem Wunderhund und Clint Umleger auch noch Platz für einen Drachen geben mußte. Vielleicht sogar für mehrere.
Practz schüttelte die Idee mit einem Achselzucken ab, ließ die Zügel seiner Einbildungskraft schießen, haute ihr fest aufs Hinterteil und
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