Firkin 04 - Hundstage
Finger folgte.
» …erhält man ein leeres Nichts«, vollendete Practz. »Altes KUT-Sprichwort!«
»Woher, zum …«
»Ich will gar nicht, daß Ihr etwas bewahrt«, unterbrach Practz Mancini lächelnd. »Die Standard-Einführungsvorlesung des Gräflichen KUT-Kollegs, die Professor Graf persönlich verfaßt hat und an die Ihr Euch natürlich bestens erinnert, besagt: Der Besitzer muß sich die Existenz wünschen, entweder weil er einen treuen Gefährten liebt oder das Verlangen verspürt, anzugeben.«
Mancini nickte und lächelte, da er Komplimente nun mal gern hörte. Und genau das war Practz’ Absicht gewesen.
»Da Ihr selbst KUT seid …«, fuhr Practz fort. »Was ist Eurer hochgeschätzten Ansicht nach der Unterschied zwischen dem aus rein sentimentalen Gründen erfolgenden Ersehnen der Wiederkehr einer – sagen wir mal – geliebten talpinischen Steinmaus und dem Bedürfnis der Erschaffung eines PET-Drachen aus Gründen des beständigen Friedens und größter Sicherheit zwischen den Königreichen?«
»Nun, ich …«
»Ist es etwa besser, eine Maus geliebt als nie einen Drachen besessen zu haben?« drängte Practz dramatisch.
Inmitten der gräulichen Zellenansammlung, die sich Cheiro Mancinis Gehirn nannte und momentan inmitten einer weitläufigen Grotte in Losa Llamas positioniert war – zahllose Meilen von der vertrauten Umgebung seiner ›Praxis‹ im Todestal von Venasht entfernt –, trat eine fast verlegen wirkende Vorstellung auf ein kleines Podest, glotzte starr ihre nach innen gerichteten Zehen an und flüsterte, was ihrer Meinung nach eventuell möglich sei, falls jemand bereit war, den Versuch zu wagen, vorausgesetzt, es machte nicht allzu viel Ärger und kostete nicht viel, solange irgend jemand es wollte …
Zwei vorbeischlendernde Neuronen schauten von den Blättern auf und begutachteten die Vorstellung Axone für Axone. Kurz darauf gesellten sich drei weitere hinzu und lauschten. Dann stürzte ein Rudel von fünfzehn heran, nahm Platz und blieb bei der wachsenden Menge. Innerhalb weniger Minuten, als die scheue Vorstellung ihre Rede beendet hatte und aufschaute, legten Tausende von Neuronen in einer gewaltigen Runde von beifälligem Applaus ihre Synapsen aneinander, jubelten und trugen die sich wehrende Vorstellung ins Aktionszentrum, wo sie wie ein Held begrüßt wurde. Practz und Knapp schauten stumm zu, als Mancinis Hirn sich abmühte, um sich dem Aufruhr in seinem Inneren anzupassen, und sich einen Tritt versetzte, um sich zu fragen, ob es wirklich möglich sei, ob man es schon mal versucht hatte und warum er zuvor noch nie auf diese Idee gekommen war!
Schlagartig klärte sich sein Blick, er hob den Kopf und stierte Practz starr an. »Nur eine Frage«, sagte er. »Wie groß soll er denn sein?«
Wenn man Kaiserin Tau von Murrha zu einem Todesurteil provozierte, konnte man dies mit Fug und Recht als Pech bezeichnen, aber wenn man dies innerhalb von zwei Tagen gleich zweimal tat, mußte man schon von äußerster Sorglosigkeit sprechen. Feierabend! dachte Wampert, als er in einem Designerkimonogestöber aus dem zentralen Hofgarten flüchtete, durch die Gänge wetzte und dabei seine Arme wie die Hügel einer Windmühle bewegte, während hinter ihm Taus strafende Hiebe verhallten. Keine Gehaltserhöhung mehr, keine Chance mehr auf Beförderung. Das Ende eines vielversprechenden Lebens!
Eine winzige Gestalt war plötzlich da, zischte um sein Haupt und landete auf seiner rasenden rechten Schulter. Sie faltete ihre Schwingen zusammen und stieß wütend mit dem Fuß auf.
»Schau dir an, was du angerichtet hast!« schrie die weiße Gestalt in Wamperts Ohr. »Bist du jetzt zufrieden?! Du und deine große Klappe! Habe ich nicht gesagt, daß du uns eines Tages noch in Schwierigkeiten bringen wirst? Faultiere! Also wirklich! Hast du denn wirklich erwartet, du kannst die Kaiserin ungestraft in aller Öffentlichkeit belügen? Niemand, der die Kaiserin in der Öffentlichkeit belügt, kommt ungestraft davon – besonders dann nicht, wenn er es durch ein Megafon tut! Tja, Politiker sind vielleicht eine Ausnahme. Aber die zählen eigentlich nicht …«
Unmittelbar über Wamperts Schulter blitzte plötzlich eine rote Gestalt auf. Sie war einen Zoll groß, scharlachrot, trug einen brennenden Dreizack, trat den Perlmutterohrring des wetzenden Beraters beiseite und schwang sich auf sein Ohrläppchen.
»Welche Schande, alter Knabe!« schrie der schwelende Scharlachrote herausfordernd. »Du warst
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