Firkin 04 - Hundstage
wie eine Gummimatte, in die Bibliothek. Der Kühlwasserbottich, so wundervoll erfrischend er auch gewesen war, war für eine Molluske leider nicht das richtige. Frischwasser allein reichte einfach nicht aus. Das uralte Geschöpf sehnte sich nach den wellenförmigen Bewegungen eines klaren lauwarmen Meers, an dem auf Meilen unbetretenen goldenen Sandes Palmen wuchsen. Sie mußte dieser dumpfen unterirdischen Welt entkommen.
»Habt Ihr es gefunden?« krächzte Knapp und rieb, Mancini folgend, sich den Hals. Es war nur eine rhetorische Frage, denn die Art, wie der KUT den Wälzer an sich preßte und in die mittlere Ferne stierte, sprach Bände.
»Gold«, hauchte Mancini, während sich sein Geist berechnend im Kreise drehte. Was sollte er nur mit dem ganzen Gold anfangen? Seine Gedanken schwammen durch ein von strahlend weißem Sand eingefaßtes idyllisches Tropenmeer. Er sah eisgekühlte Cocktails und ein Rudel lasziv gekleideter Mägdeleyn …
Im telepathischen Zentrum der Molluske blitzte erregtes Leben auf, als sich ihre lange vernachlässigten Jagdinstinkte reaktivierten. Irgendwo in der Nähe dachte jemand über etwas nach, das dem Paradies sehr ähnlich war.
Hallo! rief sie auf neuronalem Wege. Hör mal, ich hab ’ne Botschaft für dich! Sie schwabbelte eifrig auf Mancini zu.
Mancini knallte den Wälzer plötzlich zu und schob ihn wieder ins Regal zurück.
»Habt Ihr es nicht gefunden?« sagte Knapp ächzend und trat zurück, da er sich fragte, welchen Teil seiner Anatomie Mancini in seiner Frustration als nächstes attackieren würde.
»Aber ja! Es ist alles klar!«
»Dann steckt es in meinen Sack«, drängte Knapp und öffnete denselben eifrig.
»Sei doch nicht blöd! Wenn wir das Buch jetzt stehlen, wird man uns erwischen.« Mancinis Geist hatte nur einen Gedanken. »Sie werden uns durchsuchen.« Er streichelte liebevoll den Rücken des Folianten. »Ich bin bald wieder da«, versprach er ihm. »Zwar nicht heute oder morgen, aber bald! Ha, wir beide werden noch so manches Ding zusammen drehen!«
Die Molluske spürte Spannung. Da war jemand!
Mancini streichelte das Buch noch einmal zum Abschied, dann ging er hinaus, und in seinem Hirn wirbelten intrigierende Dämonen, Berechnungen und schräge Züge. Knapp eilte verwirrt hinter ihm her.
Die mentalen Lauscher der Molluske verstanden die Worte nicht, sondern nur die Emotionen. Doch sie wußte instinktiv, daß es hier einen Ausweg gab, ein Ende, eine Chance, sich aufs Altenteil zurückzuziehen und in Würde alt zu werden.
Sich ans naßkalte Holz klammernd, schwabbelte die animierte Badematte das Regal hinauf und glitt unter den Schutzumschlag eines Folianten.
»Seine rotierende Königliche Hoheit, König Vyrnwing von Froul [3] , und Beanoh«, rief der Haushofmeister, als ein gigantischer Albino-Elefant in den kaiserlichen Ballsaal von Murrha stampfte. Der bemerkenswert unbedeutend aussehende Herrscher winkte, um die Woge der Apathie zu beantworten, die in seine Richtung rumpelte, freudig vom Rücken des Tiers herab. König Vyrnwing kam immer mit Beanoh zum jährlichen Haustierball der Tyrannenvereinigung. Falls seine Herrschaft so fantasiereich war wie seine animalischen Begleiter, stand ihm nicht das Recht zu, sich Tyrann zu nennen.
Mit einem raschen Tritt in die Nieren des Mahaut jagte der froulische Herrscher den alternden Elefanten auf die kaiserliche Ehrentribüne zu. Das Kinn sackte ihm herunter, als die Menge sich teilte, um Kaiserin Tau zu enthüllen.
Sie bot einen unglaublichen Anblick.
Sie saß hochaufgerichtet auf einem diamantenbesetzten Thron und glitzerte im prächtigen Purpurpaisleymuster ihrer Tscha-Nell-Partyrüstung mit Dornenknieschonern. Ihr pechschwarzes Haar war gestärkt und zu einer Korona aus zischenden murrhanischen Quastenvipern gefärbt, die ihre zu wilden Mungos frisierten Augenbrauen umgaben. Kitty, ihr Lieblingsfreizeitkatana, lag unter einem schimmernden Wasserfall von Waffen, die aus einem gelben Ledergurt ragten, nonchalant auf ihren muskulösen Schenkeln. Ein dazu passendes Speerfächerpaar krönte ihre Schultern, nur wenige Zoll von den langen, dünnen Strängen des kaiserlichen Staatsschnauzbarts entfernt, der perfekt an ihrer steifen Oberlippe klebte. Jede ihrer zeremoniellen Titaraum-Zehennagelerweiterungen war zu blitzender Schärfe geschliffen und leuchtete bösartig zwischen den Bändern ihrer Edelstahlsandalen.
Die thronende Kaiserin war von einem fuchsteufelswilden lebendigen Teppich aus
Weitere Kostenlose Bücher