Firkin 05 - Fahrenheit 666
sich Flagit für einen Moment auf dem Stuhl entspannt zurück und genehmigte sich auf sein Wohl einen Schluck des Lava-Martini-Cocktails auf Kohlewürfeln und kicherte zufrieden. Alles lief genau so, wie er es geplant hatte. Aus der Kuppel des Zentaur-Vergnügungsparks schoß munter überhitzter Dampf ins Freie; aus Schlacke Schmidts infernalischer Schmiede und den drei satanischen Fabriken schlugen die Flammen gen Himmel; eine gewaltige rot-schwarze Wolkendecke breitete sich mehr denn je über dem ganzen Horizont aus; von einer Minute zur anderen Stieg die Temperatur ungezügelt an …
Es gab für ihn nur noch ein paar dringende Aufgaben zu erledigen, um den Wahlsieg endgültig in der Tasche zu haben. Wie sollte ihm der Herr der Finsternis d’Abaloh irgend etwas ausschlagen können, wenn er ihm als Gegenleistung die ganze Freiheit der Oberwelt anböte? Und das bei einer perfekten Umgebungstemperatur von angenehm milden sechshundertsechsundsechzig Grad Fahrenheit!
Er lachte teuflisch in sich hinein und trank den Rest des Lava-Martini-Cocktails aus. Dann setzte er die infernalische Zauberdrahtkappe auf und nahm noch einmal Kontakt mit der so leicht beeinflußbaren Alea auf. Seine geistigen Klauen griffen nach dem kleinen neunjährigen Verstand und schleuderten eine Anzahl weiterer Anweisungen hinein – das letzte I-Tüpfelchen eines unheilvollen Zuckergusses auf einem prächtigen Obstkuchen aus abgrundtiefer Bösartigkeit.
Wenig später brach er den Kontakt mit einem Freudenschrei wieder ab, riß die Zauberdrahtkappe vom schuppigen Kopf herunter, hängte sie an den Gürtel und stürmte aus der Tür an den Pauschalreisenden des Dämoneninstituts vorbei. Jetzt war es an der Zeit, sich etwas mehr um die Angelegenheiten hier vor Ort zu kümmern.
Knalli J’hadd hatte zigmal die ganze Kapelle von Sankt Nimmerlein durchgekämmt und nach einem Hinweis gesucht, der ihn von diesem Telepenetranzwälzer zu Gravur führen würde. Und selbst nachdem er dieses Ding fünfmal Seite für Seite durchgelesen hatte (einmal davon sogar rückwärts!), war er immer noch nicht schlauer.
Er wußte, daß er etwas übersehen haben mußte, eine alles entscheidende Anspielung, die wie ein verborgener Diamant in der Texthalde vergraben lag und irgendwo in oder womöglich zwischen den Zeilen steckte – ein Schlüsselwort. Entweder das – oder der Hinweis war vielleicht in der gegenwärtigen Lektion verborgen. War es denkbar, daß die einzige Möglichkeit, Gravur aufzuspüren, darin bestand, die überwältigenden Kräfte der Telepenetranz sozusagen aus erster Hand zu erfahren?
Konnte er die Antwort nur dann finden, wenn er seine Gehirnströme über die wogenden Meere der mentalsuggestiven Gedankenübertragung aussendete, um dort, völlig durchnäßt und ausgezehrt, an irgendeinem weit entfernten zerebralen Ufer zu landen, sich dann auf den goldglänzenden Strand zu schleppen und die Schatztruhe zu öffnen, damit sich ihm die ganze Geschichte wie ein blendender Heiligenschein der Wahrheit offenbaren würde?
Einerseits war ihm alles ein Rätsel, andererseits hatte er nichts zu verlieren.
Achselzuckend schlug er das Buch aufs Geratewohl auf, strich die Seiten in der Mitte mit der Handfläche glatt und sah sich die vorgeschlagene geistige Übung an. Im Kapitel mit dem Titel ›Die Macht über die Würmer‹ fiel sein Blick auf den Abschnitt ›Das Anlocken von Ringelwürmern‹. Das schien genauso interessant wie jedes andere Kapitel zu sein.
Gemäß der Überschrift stand dort zu lesen: ›Das Ringelwürmeranlocken ist ein zuverlässiges und allseitig anwendbares Telepenetranzverfahren auf niedrigem Niveau, das besonders gut für Anfänger geeignet ist, aber sicherlich auch für den begeisterten, jedoch etwas bequemen Hobbyangler, der es eher als lästig empfindet, sich auf Köderjagd zu begeben. Das Ringelwürmeranlocken ist ein harmloses Vergnügen, das selbst dem erfahrensten Anhänger der Telepenetranz stundenlangen Spaß bereitet. Also los, testen Sie einmal das Ringelwürmeranlocken, und sehen Sie selbst, wie schnell diese munteren Gesellen angekrochen kommen!‹
J’hadd las die Gebrauchsanweisung ein letztes Mal durch, schloß die Augen und begann damit, jeden einzelnen Gedanken in eine kleine Biene umzuwandeln, ihnen Flügel zu verleihen und sie zum Summen zu bringen. Er tauchte die Außenwände des Bienenkorbs in Flammen, ließ das Gerüst schmelzen, riß Löcher hinein und begab sich mit seinem Verstand auf das niedrige
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