Firkin 05 - Fahrenheit 666
tat, wußte er eigentlich selbst nicht so genau, aber das war eben das, was alle mit khabanischen Savannahs machten.
Genau in diesem Augenblick erkannte Jeannette die Gelegenheit, etwas zu tun, wovon sie schon immer geträumt hatte. Es war die extravaganteste Art mit seinem Reichtum zu prahlen, die sie kannte, etwas, das es sonst nur in 80-mm-Superthaumatologie im ortsansässigen Laterna-Magica-Filmpalast zu sehen gab. »Darf ich?« säuselte sie und schürzte ihre Lippen noch etwas verführerischer.
Mit einer ebenso schnellen wie lässigen Handbewegung zog sie aus Mahrleys Geldbündel einen Fünfzigtalerschein heraus und rollte ihn zwischen ihren angemalten Fingern auf, genau so, wie sie es bei der Laternengöttin Fhulla Figha gesehen hatte. Dann griff sie mit elegantem Schwung nach den Streichhölzern, zündete eins an und hielt es vor den Geldschein.
»Heh! Was soll das …?« Für einen kurzen Augenblick flackerte Zorn in Mahrleys Augen auf, doch dann konnte er dem betörenden Blick von Jeannette nicht mehr widerstehen. Der Blick, der ihn in an die berühmt-berüchtigte Spielkasinoszene aus dem Film Geldfinger, dem Kassenknüller des letzten Jahres, erinnerte. Jeannette klimperte mit den Wimpern, leckte sich die Lippen, schmiegte sich näher an ihn heran und schnurrte wie eine Katze – und für einen Augenblick sah sie genauso aus wie Fhulla Figha. Mahrley grinste um seine Savannah herum und beugte sich vor. All die Nächte, die sie damit verbracht hatte, einen perfekten Schmollmund zu formen, waren nicht umsonst gewesen.
»Also gut, Süße, nur zu. Es ist ja bloß Geld«, knurrte Mahrley lässig, und sein Versuch, dabei genauso anzüglich wie der Hauptdarsteller Iwan Wischiwaschi zu grinsen, scheiterte kläglich, doch immerhin wußte er, wie die Szene endete – am Schluß sprang der Funke über und entzündete ein Feuer der Leidenschaft. Das wußten auch alle anderen Anwesenden, und deshalb drängelten sie begierig nach vorn und spornten Jeannette mit anerkennenden Pfiffen an.
Mahrley grinste noch breiter, und die Savannah zitterte in seinem Mund, während er darauf wartete, daß Jeannette den Geldschein anzündete, um ihm damit Feuer zu geben. Irgendwie fand er das Ganze auf sehr ungehorsame Wenn-das-deine-Mama-wüßte-Weise ziemlich aufregend.
Die Flamme des Streichholzes brannte fröhlich herunter und näherte sich bereits bedrohlich Jeannettes lackierten Fingernägeln. Mahrley wartete noch immer und fieberte mit aufmerksamem Blick dem alles entscheidenden, erotischen und spannungsgeladenen Moment entgegen, wenn die Flamme den Geldschein entzündete. So wie er war auch der Rest der geifernden Meute vom Anblick des abbrennenden Streichholzes völlig ergriffen. Jeannette hatte die ganze Zeit den Geldschein in die Flamme gehalten, doch dann ließ sie plötzlich mit einem erschrockenen Quieken das Zündholz fallen und steckte sich beleidigt die Finger in den Mund. Im Nu war die ganze Stimmung dahin; die Bauarbeiter brachen in dröhnendes Gelächter aus und schlürften ihr Bier aus. Jeannette war völlig niedergeschlagen; wochenlang hatte sie geübt, verführerisch zu wirken, und nun das! Das hätte nicht passieren dürfen. Der Fünfzigtalerschein war nicht einmal angesengt.
Gereizt griff sie nach dem Schein und hielt erneut einen Streichholz darunter. Wieder passierte nichts. Wütend zog sie einen Hunderttalerschein aus Mahrleys Geldbündel und versuchte es damit. Nicht mal die Spur eines Brandflecks! »Das ist ungerecht!« jammerte sie beleidigt. »Die Scheine brennen nicht. Wie funktioniert das denn in Geldfinger?«
»Das ist eben ein Filmtrick!« schlug jemand aus der Gruppe vor und erhielt dafür von einem anderen einen Klaps auf den Hinterkopf.
Mahrley, fast so verwirrt wie der Rest der Bauarbeiter, schnappte sich die Streichhölzer, entzündete ein paar Dutzend von ihnen und starrte fassungslos auf die Talerscheine, denen die Flammen anscheinend nichts anhaben konnten; erstaunlicherweise brachte er es nicht einmal fertig, auch nur einen davon anzukokeln. Irgend etwas stimmte nicht mit dem Geld.
»Ich hab da so eine Ahnung …«, murmelte er gedankenverloren und begann, wie verrückt in seiner Jackentasche herumzuwühlen. Nachdem er sich minutenlang abgemüht und lediglich ein paar eher peinlich aussehende Flusen zum Vorschein gebracht hatte, zog er schließlich einen zerknitterten alten Fünftalerschein heraus, der von den anderen mit einer Woge des Mißfallens zur Kenntnis genommen wurde.
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