Firkin 05 - Fahrenheit 666
habe ich mir gewünscht, eine ganze Gemeinde zusammenrufen zu können«, gestand er seinen Füßen, oder besser: dem, was früher einmal seine Füße gewesen waren.
»Ich glaube, das, was du genau gesagt hast, war: ›Ach, was gäbe ich dafür, wenn ich das mit richtigen Menschen machen könnte!‹« half ihm Flagit auf die Sprünge. »Und ich habe daraufhin geantwortet: ›Was genau gäbst du denn dafür?‹«
»Und was soll ich daraufhin …?« krächzte Götz und blickte unwillkürlich völlig entsetzt drein, als ihm allmählich dämmerte, alles andere als rosige Zukunftsaussichten zu haben.
»Soweit ich mich erinnern kann, hast du geantwortet ›Oooh! Absolut alles‹«, fuhr Flagit fort. »Dreimal hintereinander hast du das sogar gesagt. Tja, und schon bist du hier.«
»Also hast du mich entführt?« wimmerte Götz und fürchtete sich schon vor der Antwort.
»Quatsch, sei doch nicht albern …«
Der Pfarrer seufzte erleichtert. Keine Entführung! Also war noch nicht alles verloren; zumindest ein kleiner Hoffnungsschimmer lugte noch hinter der Tür zur absoluten Niederlage hervor.
»Wir haben einen Pakt geschlossen!« stellte Flagit zufrieden klar, womit die Tür mit einem schallenden Knall zugeschlagen wurde. »Ein von mir bezeugter Vertrag ist immer verbindlich. Einige Leute wollen zum Beispiel ständig ihr Geigespielen verbessern, andere wiederum malen Porträts und stellen damit den Dachboden voll, aber vor allem wollen alle ewig jung bleiben, und dafür müssen sie mir dann …«
»Und das alles nur, weil ich mir eine Gemeinde gewünscht habe?« entsetzte sich Götz verzweifelt, während sich die Furchen auf seiner Stirn vertieften.
»Richtig! Und genau deswegen bist du jetzt hier und wirst hier auch bleiben«, antwortete Flagit und zeigte ihm die gewaltige Anzahl seiner Reißzähne, als ob er dieser Tatsache Nachdruck verleihen wollte.
»Wie groß ist sie denn?« erkundigte sich Götz zaghaft.
»Hä?«
»Wie groß ist die Gemeinde?«
»Ach, keine Ahnung. Außerdem spielt das jetzt keine Rolle.«
»Entschuldige bitte, aber meiner Meinung nach ist das jetzt sogar sehr wichtig«, widersprach Götz und spürte, wie sich sein Magen zusammenzog. »Ich meine, wenn das einer von diesen Verträgen ist und ich t … t … t … ähm … und wenn ich ein wesentlicher Bestandteil dieses Paktes bin, na ja, dann ist es doch nur fair, mir zu sagen, wie groß meine Gemeinde nun ist. Mhm, wo wir gerade davon sprechen, wo sind eigentlich die Gemeindemitglieder?«
»Ach, die sind schon alle da«, antwortete Flagit etwas verunsichert.
»Wie? Was ist das denn für eine Antwort? Zumindest sollten sie innerhalb einer vernünftigen Entfernung die Predigt verfolgen können, und zwar mit mir vorn auf der Kanzel, wie es sich für einen Geistlichen gehört. Nicht die dort oben und ich hier unten. Verstanden?« schnaubte Götz wütend.
Flagit rollte müde die geschlitzten Pupillen und seufzte. »Aha, ich verstehe. Mhm, du hättest dich da ein bißchen deutlicher ausdrücken müssen. Zu spät, tut mir leid.« Der Dämon zuckte gleichgültig mit den Achseln, denn er sah das Thema als erledigt an.
»Jetzt hör mal zu!« schrie Götz verzweifelt – fünfundvierzig Jahre hatte er auf eine eigene Gemeinde warten müssen, und er war keineswegs willens, sich dieses Ziel von einem drei Meter großen schuppenübersäten und gehörnten Dämon mit Mundgeruch kaputtmachen zu lassen. Na ja, zumindest hatte er sich das gedanklich so vorgenommen. »Jedenfalls habe ich dir für die ganze Sache niemals mein Einverständnis gegeben. Ich will wissen, wer hier die Verantwortung trägt! Ich will sofort meinen Körper zurückhaben!«
Flagit zuckte schuldbewußt zusammen und spähte besorgt über die Schulter. »Pssst! Nicht so laut, Mann!« krächzte er mit heiserer Stimme. »Du meine Güte! Du willst doch jetzt kein solches Theater darum machen, oder?«
»Na, und ob ich das will!«
Flagits Schossen entsetzliche Gedanken durch den Kopf. Wenn jemand anders herausbekommen sollte, daß er einen Geistlichen entführt hatte, dann … Er zitterte am ganzen Körper.
»Los jetzt!« beharrte Götz mit überschäumender und nicht ganz ungerechtfertigter Entrüstung. »Wer und wo ist der verantwortliche Teufel? Ich will ihn sofort sehen!«
Flagit suchte in der Tiefe seines chaotischen Bewußtseins nach einem Plan. Wie könnte er den Pfarrer besänftigen? Wofür hätte ein Geistlicher Verständnis? Er strengte sein Gehirn immer mehr an … Wie
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