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Firkin 05 - Fahrenheit 666

Firkin 05 - Fahrenheit 666

Titel: Firkin 05 - Fahrenheit 666 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Harman
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bereitstanden. Als ihr schließlich eine Idee kam, mußte sie unwillkürlich grinsen. Blitzschnell kletterte sie auf den Stapel aus steinernen Buchstaben und legte los. Ihr neunjähriger Körper wurde von einer Woge des Ungehorsams ergriffen, als sie mit einem immer breiter werdenden Grinsen Unmengen von Druckbuchstaben herauspflückte, um sie dann völlig anders wieder hineinzustecken.
    Die Vorliebe für Boshaftigkeit und das Beherrschen der d’vanouinischen Sprache, die sie über die Jahre gelernt hatte, machten es ihr leicht, die Buchstaben in der illustrierten Feldausgabe der Roten Neubekehrerschrift von Sankt Schmuddel dem Ungewaschenen völlig neu anzuordnen. Selbstverständlich ließ sie es sich auch nicht nehmen, noch allen Engeln Schnurrbärte anzumalen, und sie zitterte vor verruchter Freude, als sie mit übermütiger Zerstörungswut die Platten für den morgigen Drucklauf bereitstellte.
    Und dreihundert Meter unter ihren blanken Füßen vergnügte sich jemand so sehr, wie er es schon seit Jahrhunderten nicht mehr getan hatte.

 
VIEL GESCHREI UND WENIG WOLLE
     
     
    Gebrochene Lichtstrahlen fielen durch das Buntglasfenster im Nordflügel der Abtei Synnia, reflektierten auf dem glänzenden Fliesenboden und warfen unzählige Schatten, in denen sich die wachhabenden Mönche verstecken konnten. Aus dem rechteckig geformten Dunkel der Kirchenbänke heraus ließen sie das Hauptportal nicht aus den Augen und warteten geduldig auf die Eindringlinge. Hinter ihnen glänzte der unbezahlbare Ruhm des Kelches von Wyndarland, ungeschützt und meilenweit von zu Hause entfernt.
    Unbemerkt und völlig geräuschlos wackelte ein winziges gelborangefarbenes Stück in dem Buntglasfenster und fiel leise herunter. Kurz darauf lugte ein Kopf mit Haaren, die die Länge von frisch gegerbtem Wildleder hatten, durch das Loch und spähte grinsend eifrig umher. Niemand war zu sehen, doch wußte er, daß sie alle dort unten waren, angetreten in der klassischen Heiligen Aufmarschordnung Nummer drei. Er hatte diese Ausbildung selbst genossen und wußte genau Bescheid. Außerdem war er von seinen perfekt eingesetzten Informanten unterrichtet worden, daß sich fünfundzwanzig Wachmönche unter den mittleren Kirchenbänken und drei Dutzend hinter den Säulen des Seitenschiffs versteckt hielten sowie ein knappes Dutzend unauffällig um den Taufstein und die Kanzel herum verstreut war. Oh, welch unglaubliche Naivität von Papst Uri dem Dreiunddreißigsten, diesem unbelehrbaren Fossil! Oder hatte er wirklich geglaubt, jemandem mit dieser vor steinzeitlichen Taktik einen Strich durch die Rechnung machen zu können?
    Als Bruder Succingo das Seil löste, das er gerade heruntergelassen hatte, ließ er die Muskeln spielen, die durch wochenlanges Hinaufklettern an zehn Meter langen Glockenseilen und das exakte Abseilen mitten in einen Beichtstuhl hinein gestählt worden waren. Nur wenige Sekunden später waren die fünf anderen Eindringlinge mit klopfendem Herzen und einem aufgeregten Kribbeln im Magen bei ihm. Alle wußten genau, was sie zu tun hatten. Sie hatten ihren Einsatzbefehl von ganz oben erhalten; eine Brieftaube hatte ihn heute morgen mit unbeschädigtem Siegel gebracht. Nach monatelangen Vorbereitungen war nun endlich der Höhepunkt erreicht.
    Auf ein kaum wahrzunehmendes Handzeichen hin schlüpften zwei Eindringlinge aus ihren Sandalen, hechteten auf die gußeisernen Kerzenständer zu, die aus den gewaltigen Säulen hervorragten, schwangen sich über das Geländer, sprangen und landeten schließlich mit flatternden Soutanen im oberen Stockwerk des Säulengangs. Sofort waren sie verschwunden, der eine in östliche, der andere in westliche Richtung.
    Drei … zwei … eins. Direkt aufs Stichwort hin schlugen im Mittelgang zwei Weihrauchbrenner auf und explodierten, so daß riesige blaue Rauchschwaden mit im wahrsten Sinne des Wortes atemberaubendem Qualm entstanden. ›Knalli‹ J’hadd saß zitternd im Beichtstuhl und zog sich ängstlich die Kutte über den Kopf. Warum mußten die nur immer so laut sein? Trotz der monatelangen Ausbildung hatte er sich nicht daran gewöhnen können. Beschleunigt durch einen ungeduldigen Tritt von Bruder Succingos angriffslustiger Sandale wurde J’hadd unter dem Schutz des Rauchschwalls durch die geschnitzte Tür katapultiert. Als er mit zusammengeraffter Soutane zum Hochaltar rannte, sprang ein hünenhafter Wachmönch unter einer Kirchenbank hervor. Doch Succingo entdeckte ihn rechtzeitig, schnürte

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