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Firkin 05 - Fahrenheit 666

Firkin 05 - Fahrenheit 666

Titel: Firkin 05 - Fahrenheit 666 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Harman
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piepsten ermunternd den flauschig weichen Lämmern zu. Das war die niedliche Vorstellung einer Neunjährigen von Glück und Zufriedenheit. Sie brauchte keine Piraten, die um einen Schatz kämpften, ihr hatte dieses friedliche Bild schon immer gereicht, solange sie denken konnte.
    Bis zum heutigen Abend jedenfalls.
    Nie hätte sie geahnt, was jetzt kommen würde, aber vor ihrem geistigen Auge wuchsen den Kätzchen Reißzähne, und aus den weichgepolsterten Pfötchen sprangen rasiermesserscharfe Krallen hervor.
    Wild fauchend leckten sie sich über die ehemals unschuldigen Kätzchengesichter, als sie bemerkten, wie schmackhaft die Küken aussahen. Auf den Köpfen der Lämmer wuchsen Hörner, die sich mit einem markerschütterndem Krachen aus den Schädeldecken wanden. Wahnsinn breitete sich in ihren Träumen aus. Ein Lamm blökte und meckerte, ihm wuchsen Klauen, und in einem rasenden Anfall der Selbstverstümmelung riß es sich das wunderschöne Fell vom Leib und entblößte dabei einen funkelnden schwarzen Schuppenpanzer und geschlitzte rote Pupillen …
    Mhmmm, dachte das Mädchen. Das gefällt mir schon besser!
    Alea sprang aus dem Bett und stürzte zum Spiegel. Ihre Augen wurden schmaler, sie ließ die Hände spielen und kicherte los. Als sie den sonderbaren Klang ihrer Stimme hörte, wurde ihr Puls schneller, und mit einem zunehmendem Hang zu kriminellen Handlungen schoß ihr das Blut durch die jugendlichen Adern. Etwas in ihrem jungen Verstand zappelte und wälzte sich beunruhigt hin und her und wirbelte wie ein wild gewordener Katzenhai in einem Teich teuflischen Schaum auf. Aus tiefstem Herzen empfand sie plötzlich die absurdesten Begierden, und ihr schossen Vorstellungen durch den Kopf, von denen sie nie zuvor etwas gehört hatte … Vandalismus, Zerstörung, Verfall, keine Hausaufgaben mehr machen. Mit jeder Faser ihres Körpers sehnte sich danach, zerfetzt und zerbrochen zu werden. Jedes Glied pulsierte und wünschte sich nichts mehr, als endlich herausgerissen und zermalmt zu werden. Ein Hauch von Furcht durchfuhr ihren brodelnden Verstand. Was ging hier vor?
    War das etwa die Pubertät?
    Ohne ersichtlichen Grund wollte sie plötzlich auf dem Absatz kehrtmachen und in das andere Zimmer rennen, um dort etwas sehr Böses zu tun.
    Im Nu stand sie mitten in der Werkstatt ihres Vaters, in der es von Schadenspotentialien nur so wimmelte. Dort fiel ihr Blick sofort auf die Farben, Flaschen und Töpfe, die in den Regalen regelrecht nach Aufmerksamkeit schrien. Die Flaschen mit den Grundfarben wetteiferten mit den Töpfen getrockneter Unterschattierungen, die wiederum mit den achtundfünfzig verschiedenen Schwarztönen kollidierten, die ihrerseits bedrohlich das Pfirsichblüten- und Apfelweiß anstarrten, als verachteten sie deren herzlichen und natürlichen Charme.
    Vor Aleas geistigem Auge tauchten Bilder von sich drehenden Farbtöpfen auf, die von den Wänden stürzten, und von Regenbögen, die durch die Werkstatt spritzten und irreparable Verwüstungen anrichteten. Und dieses Mal wäre es nicht aus Versehen passiert. Sie ließ eifrig die Fingerknöchel knacken, kicherte niederträchtig, steuerte auf die rote Tusche zu und blieb stehen, als plötzlich Zweifel in ihr aufstiegen.
    Wenn tonnenweise grelle Farbe durch die Werkstatt geschleudert werden würde, könnte das einen Großteil der Arbeit ihres Vaters zunichte machen und die Druckplanung um Wochen zurückwerfen. Das wäre zwar schlimm, sogar verabscheuungswürdig, aber noch längst nicht das Schlimmste. Es wäre schlichtweg nicht ausreichend, hätte keine wirklich durchschlagende Wirkung. Einer solchen Tat mangelte es einfach an unheilvoller Raffinesse und wäre lediglich belangloser Vandalismus, aber keine wirklich originelle Sünde. Mit finsterer Miene rieb sie sich die Hände und schätzte mit hinterhältigem Vergnügen und in Erwägung einer wirklich wundervollen Schandtat die Höhe der Regale ab.
    Mit den Fingerspitzen fuhr sie über einen riesigen, mit märchenhaft schönen Kuchen verzierten Schieferrahmen. Aufgeregt schielte sie auf den darin eingelassenen lyrisch beschwingten Schriftsatz und die dazugehörige, kompliziert gemeißelte Illustration für Seite dreiundsechzig: Ein Biskuitkuchen zur bleibenden Erinnerung: Backrezepte für Wiedergeburt und Unsterblichkeit.
    Alea zischte mißbilligend durch die Zähne und glitt mit den Fingern über einen Stapel mit anderen Schieferrahmen, die gerade Korrektur gelesen worden waren und bereits zum Druck

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