Firkin 05 - Fahrenheit 666
jeder Ort is ausgeschildert, und als wenn das heutzutage nich reichen würde, gibt’s ganz oben auf dem Faux-Paß sogar ’n echtes Lammburger-Schnellrestaurant mit großem Parkplatz und Straßenverkauf. Heiliger Bimbam! Einer der modernsten Handelswege aller Zeiten is das doch! Jedenfalls stand das so im Siegreichen Landboten, also muß es wohl stimmen, oder? Und jetzt wollen die das alles durch das da ersetzen!«
Er starrte auf den wassergefüllten Graben, der sich durch das Talpa Gebirge zog, und grummelte gereizt vor sich hin.
Hinter ihm schlich sich unbemerkt eine große schattenhafte Gestalt hinter einen Haufen aufgestapelter Steine, während ein mit einem roten Nachthemd bekleidetes Mädchen zu einem riesigen steinbeladenen Wagen hüpfte.
»Ein Kanal. Pah! Lächerlich. Das funktioniert doch nie, nich ma in ’ner Million Jahre. Wenn sich was bewegen soll, und erst recht, wenn’s schwer is, dann braucht’s dazu Räder. Oder vielleicht auch ’n Schlitten zum Ziehen. Nimmt man die Räder wech, bewecht sich doch nix mehr. Is doch klar wie Kloßbrühe. Garantiert bringt man nix dazu, sich zu bewegen, wenn man’s innen Kanal wirft! Die behaupten doch glattwech, daß man, wenn man’s nur richtich formt, selbst Eisen zum Schwimmen bringen kann. Entweder haben die zuviel getrunken oder zu lange in der Sonne gelegen, sach ich immer. Ich mein, haben die denn noch nie ’n Kettenhemd gewaschen? Das Ding sinkt doch sofort! Und die nehmen allen Ernstes an, man kann Dutzende davon zusammenbündeln und sie auf so ’n Dingsbums namens Kahn werfen, als wenn die Dinger nich sänken. Volldeppen!«
Verzweifelt schüttelte er den Kopf und trank noch mehr Bier.
»Was soll’s? Wenn die das unbedingt so wollen, laß sie doch machen! Wozu sich streiten? Sollen sie diese verdammten Dinger doch stapelweise mit Kettenhemden füllen, wenn sie da so scharf drauf sind. Außerdem wird das Leben dann bestimmt sicherer. Ich mein, so mancher Gauner könnt leicht ma da reinfallen und ertrinken.«
Mürrisch starrte er auf das vor ihm ausgerollte Pergamentblatt und sah sich stirnrunzelnd die Baupläne für den Hafen von Cranachan an. Das Mädchen mit dem roten Nachthemd griff nach einem langen Hebel am Wagen, drückte auf einen kleinen Knopf und zog mit schadenfrohem Kichern am Griff.
»Da sieht man’s doch! Das beweist nur, daß die nich ganz bei Verstand waren, als sie das Ding geplant haben. Als erstes müsse man ’n Hafen bauen, haben die gesacht. ’n Hafen! Wahrscheinlich hatten die alle den Kanal voll! Diese Nichtsnutze! Ich kann dir sagen, mit solchen Leuten am Ruder ist dieses Königreich ganz schön auf ’m absteigenden Ast! Jawoll!«
Natürlich hätte er diese Ansichten niemals öffentlich kundgetan. Er wäre sofort seine Stelle los gewesen, und bevor er hätte einen Piep sagen könnte, würde man ihn in Ketten legen und in den Kerker werfen … Das heißt, wenn er Glück hätte und Khar Pahcheeno nichts davon zu Ohren käme. Wenngleich das auch keinen allzu großen Unterschied mehr machen würde.
Die große schemenhafte Gestalt bewegte sich leise über das Gelände, schlich sich näher an den wimmernden Zwerg heran und blieb etwa drei Meter hinter ihm auf der Uferböschung stehen. Er mußte sich im Schatten aufhalten, weil er dem kleinen Kerl Angst hätte einjagen können, wenn dieser die Narben auf seiner Stirn gesehen hätte. Ein einziger Blick auf seinen von Narben übersäten Schädel konnte bei einigen Leuten äußerst merkwürdige Reaktionen hervorrufen, erst recht im Mondlicht.
Nachdem das neunjährige Mädchen die Handbremse gelöst hatte, ruckte der steinbeladene Wagen ein Stück von der Kanalböschung hinunter. Im Nu wurde er von den unsichtbaren Fingern der Schwerkraft ergriffen, die kräftig an ihm zogen und auf diese Weise enorm zu seiner Beschleunigung beitrugen. Gleich beim ersten Geräusch sprang Quarz auf die Beine und drehte sich erschrocken um. »W … was is ’n los? Is da wer? Wer is ’n da?«
Er sollte nie eine Antwort erhalten. Der Wagen donnerte mit zunehmender Geschwindigkeit auf den kleinen Grundstücksverwalter am Ufer zu. Quarz schrie zwar noch, doch stand er wie angewurzelt da und mußte hilflos mit ansehen, wie der außer Kontrolle geratene Wagen aus dem Dunkel auftauchte und immer größer wurde, bis er nur noch eine schwarze Wand vor sich sah. Mit einem furchterregenden, markerschütternden Krachen prallte der Wagen gegen einen Fels am Ufer und schoß durch die Luft, landete im
Weitere Kostenlose Bücher