Firkin 05 - Fahrenheit 666
Blick.
»Wer?«
»Na, Dhay-See natürlich. Sie war wohl nicht scharf auf dich und hat deine Annäherungsversuche abgewiesen. Das hat dich ganz schön aus der Bahn geworfen, wie? Ach, mach dir nichts draus …«
»Quatsch! Da war eine Baustelle oder so was und ein Nashornwagen, der sich selbständig gemacht hat, und ich bin hinterhergelaufen und …«, platzte es aus dem völlig verwirrten J’hadd heraus.
»Hast du sie gerettet?«
»Sie? Nein, nein. Es war ein Er … und ich wollte ihn ermor …«
Plötzlich machte sich auf Pasterrs erwartungsvoller Miene Enttäuschung breit. »Ach, nein! Nicht schon wieder. Warum kannst du nicht ganz normale schmutzig feuchte Träume haben wie jeder andere auch?«
»Ist das nicht feucht genug?« flehte J’hadd und wrang dabei demonstrativ ein Stück seines Schlafanzugs aus.
»Jaja, aber darum geht’s doch gar nicht! Hypnagoge Präkognition sag ich nur! Du bist mal wieder voll an der Nase herumgeführt worden. Jeder kann soviel Feuchtigkeit ausschwitzen, wenn er sich nur tief genug im Zustand der hypnagogen Präkognition befindet. Jedenfalls steht das so in der Handschrift zum Kurs ›Durch militärische Kampfhandlungen hervorgerufenen Traumata und deren Auswirkungen auf das Klosterleben sowie die daraus resultierenden Verhaltensformen‹, falls du mir das nicht glaubst …«
»Ausschwitzen?« kreischte J’hadd. »Willst du mir damit sagen, daß ich wie ein Kanal rieche, wenn ich schwitze?«
»Ähm, na ja … ich denke, schon.«
»Komm mal bitte her«, bat J’hadd höflich. »Komm näher. Probier mal. Nun mach schon. Das Zeug schmeckt sogar nach Kanalwasser. Nicht eine Spur von Salz oder irgend etwas anderem, was normalerweise in Schweiß drin ist. So, und nun schieß los und erklär mir das!«
»Im Grunde ist das ganz einfach und nur eins der vielen Dinge, die man dabei lernt.« Pasterr kratzte sich am Kopf und dachte angestrengt an die Vorlesungen zurück. »Ja, jetzt erinnere ich mich. ›Normale physiologische Reaktionen, die während oder direkt nach einer lang anhaltenden Phase der hypnagogen Präkognition auftreten, lassen keinerlei Rückschlüsse zu.‹ So gesehen könnte dein Schweißausbruch alles mögliche bedeuten. Morgen nacht solltest du mal versuchen zu träumen, du seist eine Rose. Dann können wir das Zeug in Haschen abfüllen und als Parfüm verkaufen!« Und bei diesem Rat ließ es Pasterr bewenden und wandte sich ab.
»He! Wo willst du hin?« protestierte J’hadd. »Willst du mir nicht mal ein Handtuch geben?«
»Hörst du das Läuten? Die Glocken rufen zur Morgenandacht. Du weißt doch, wenn man sich verspätet, kann das vertrackte Folgen haben …« Pasterr fuhr sich mit den Fingern über den Hals, als würde ihm die Kehle durchgeschnitten, und schob sich dann den letzten Löffel Haferbrei in den Mund.
»Aber was ist mit mir? Ich bin quatschnaß!«
»Ach, das gehört alles zum Heilungsprozeß. Trotzdem sollte ich dir demnächst mal beibringen, wie du so was in Zukunft vermeiden kannst. Bis später, wir werden dich dann aus den Federn holen.« Mit diesen Worten verschwand Pasterr in Richtung der Hauptkapelle.
J’hadd verschränkte beleidigt die Arme. Als er kurz darauf fluchend weitere zehn Liter Wasser aus den Ärmeln des Schlafanzugs wrang, fühlte er plötzlich etwas in seiner Brusttasche zappeln.
»Ich möchte mal wissen, wie die hypnagoge Präkognidingsbums das hier erklären will«, brummte er mürrisch vor sich hin, während er zwei nach Luft schnappende Kaulquappen aus der Brusttasche herauszog und sie in die Pfütze unter der Hängematte warf.
J’hadd, du bist ein Versager! erging er sich in Selbstvorwürfen. Bringst es noch nicht einmal fertig, dich festnehmen zu lassen. Was hielte bloß Hauptkommissar Sakrosankt Scheitel – Gott schütze ihn! – davon?
Schneller als eine Kaulquappe, die vor einem Hecht flüchtete, schoß ihm plötzlich die Angst schmerzend wie ein Pfeil durchs Rückenmark. Hauptkommissar Scheitel! kreischte er entsetzt in Gedanken. Er hatte Scheitel enttäuscht, er hatte das Vertrauen, das der Geheimdienstchef in ihn gesetzt hatte, erschüttert und mißbraucht. Genau in diesem Augenblick wartete Hauptkommissar Scheitel – Gott schütze ihn! – bestimmt in seinem Büro in Cranachan und wartete auf den Bericht von ihm …
In J’hadds Kopf fing es wieder an zu pochen.
… auf den Bericht von ihm warten? Schön und gut, aber worüber eigentlich? Warum waren die Fäden des Schicksals von Scheitels Büro aus
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