Firkin 05 - Fahrenheit 666
hervorstießen, und schluchzte schließlich, als er den verkohlten Rest der Verzweiflung anstarren mußte, der übriggeblieben war und verklumpt auf dem Boden seines Ermittlungswoks lag. Sonst gab es keine Hinweise. Nicht einmal die leiseste Ahnung bezüglich dessen, was hinter den kürzlich von den D’vanouinen verübten Schafüberfällen steckte. Lösegeldforderungen gab es nicht … keinerlei Hinweise. Nur einen Krieg und furchtbar quälende Kopfschmerzen.
Er war sich darüber im klaren, daß die Zeit knapp wurde, aber die Antworten mußten hier irgendwo zu finden sein, sie starrten ihn förmlich an, blinzelten verführerisch wie eine strippende Sängerin mit Schmollmund. Es war eine allgemein bekannte Tatsache, daß die Antworten stets an den Ort des Verbrechens zurückkehrten … oder waren es die Mörder? Wer oder was auch immer zurückkehrte, er wußte genau, daß man eine gute Spürnase haben mußte, wenn man den Braten rechtzeitig riechen wollte, vor allem dann, wenn es sich dabei um eine faule Sache handelte. Hatte er recht? Oder hatte er recht?
Er hatte keine Ahnung.
Mit plötzlich aufsteigender Enttäuschung schnappte er sich seinen Verstand, schleuderte ihn in den Verhörstuhl im verdunkelten Zimmer und zielte mit dem Zehntausend-Lumen-Scheinwerfer direkt auf ihn.
»Wer war’s?« wollte er wissen.
»Die D’vanouinen«, stotterte sein Verstand, der unter den blendenden Lichtstrahlen zusammenzuckte.
»Beweise!« schrie er.
»Krummschwerter und Kamelspuren. Kannst du das Licht ausschalten?«
»Nein! Tatmotiv?«
»Schafe stehlen. Das Licht ist sehr grell.«
»Das reicht nicht. Warum sollte man Schafe stehlen, wenn man Ziegen hat?«
»Zur Abwechslung vielleicht?«
»Ich stelle hier die Fragen! Was hat Pfarrer Schimpf damit zu tun?«
»Weiß ich nicht. Also, um noch mal auf das Licht zu sprechen zu kommen …«
»Lügner! Er steckt dahinter, hab ich recht? Er hat die D’vanouinen erst dazu verleitet!«
»Was hätte er dabei zu gewinnen gehabt?«
»Das Gefühl der Macht … oder Rache vielleicht?«
»Rache wofür?«
»Vielleicht hat die Schafe-Vertriebsgesellschaft von Südrhyngill das Land aufgekauft, auf dem er gerade eine Kapelle bauen wollte, und so seine Pläne durchkreuzt. Dadurch wurden bei ihm Gefühle größter Enttäuschung ausgelöst, und deshalb setzte er alles daran, die Herden systematisch zu vernichten …«
»Ach, so ein Quatsch. So was wie eine Schafe-Vertriebsdingsbums gibt’s doch gar nicht.«
»Ja, schon gut! Wie war’s denn damit: Als er versuchte, dort zu predigen, hat ihn der Geschäftsführer der Schafe-Vertriebsgesellschaft von der Kanzel gestoßen …«
»NEIN! Das kannst du niemals beweisen! Missionare der Harnischgemeinde werden immer von der Kanzel gestoßen, wenn sie zu predigen versuchen. Das ist eben deren Berufsrisiko!«
»Er ist ein Kurier! Er schmuggelt Drogen von den …«
»Du greifst mittlerweile nach jedem Strohhalm. Gib zu, du hast keinen blassen Schimmer!«
»Das hab ich dir schon gesagt, noch bevor du das Licht angeschaltet hast.«
Es war trostlos, und J’hadd seufzte schwer. Als er niedergeschlagen einen Schritt vorwärtsging, stand er plötzlich auf einem Buch, das unter dem halbkreisförmigen Abdruck eines Kamelhufs im Sand steckte. Im Nu hielt er es in den Händen und kämmte es auf der Suche nach jeder noch so unwichtig erscheinenden Information erbarmungslos durch.
Nachdem er etwa zwanzig Lektionen durchgegangen war, las er die Losung
›Fürchtet euch nicht vor der tiefsten Finsternis der Nacht;
laßt eure Opferlämmer hell leuchten und lacht.‹
laut vor und grinste. Er hatte das Etwas gefunden! Es hatte sich wirklich gelohnt, daß er während seiner GURU-Ausbildung einen Fortgeschrittenenkurs in D’vanouinisch besucht hatte. Er schlug die Innenseite des Buchdeckels auf, denn er wußte, daß dort mit Sicherheit ein Name verzeichnet wäre … der Name, der hinter allem steckte!
Knister … knister … knister … zisch! Die Flammen der Erleuchtung fegten ihm wild durch den Kopf, und mit einem Freudensprung drehte er sich um, stieg auf das Lama und trieb es ungeduldig in Richtung Cranachan an.
Über das baufällige Hauptgebäude der kaiserlichen Palastfestung fegte das Dröhnen hämmernder Fäuste hinweg, die auf Tische hämmerten.
»Ruhe, bitte!« schrie der Ausschußvorsitzende des cranachanischen Hoch- und Tiefbauamtes – einer an Selbstherrlichkeit kaum zu übertreffende Einrichtung, die aus drei Männern
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