Firkin 05 - Fahrenheit 666
bestand, deren selbstgestellte Aufgabe darin bestand, Baugenehmigungen zu erteilen. Sie hatten praktisch die Funktion von Richtern und fällten ihre Urteile nach rein finanziellen Gesichtspunkten.
»Ich sage nein!« schrie einer der Richter, der eine Jacke mit Nadelstreifenmuster trug, nachdem er begutachtet hatte, ob sich das Angebot für ihn lohnen würde. Sein angeklatschtes Haar glänzte im spärlichen Kerzenlicht, während er unablässig eine riesige weiße Ratte streichelte.
»Verstehe ich Sie richtig, Herr Pahcheeno, daß Sie Frau Möchtegerns Antrag, auf ihrem Grundstück einen Swimmingpool bauen zu dürfen, hiermit ablehnen?« fragte der Vorsitzende.
Khar Pahcheeno blickte noch immer spöttisch auf den kleinen Haufen Taler, der als finanzieller Anreiz dienen sollte, und nickte bedächtig.
»Worauf beruht diese Entscheidung?« erkundigte sich der Vorsitzende, während Frau Möchtegern vor dem halbkreisförmigen Tisch aufgeregt herumzappelte. Für sie hing viel davon ab, diesen Swimmingpool bauen zu dürfen, denn schließlich hatte sie ihren Nachbarn bereits erzählt, daß sie demnächst einen bekommen würde.
Khar Pahcheeno kraulte die Ratte hinter dem Ohr, räusperte sich und brummte mit seiner typisch akzentuierten Stimme: »Rentabilität.«
Ein entsetztes Aufstöhnen, dessen Epizentrum Frau Möchtegern war, ging durch den Raum. »Rentabilität?« schrie sie. »Aber Sie investieren doch nichts.«
»Ach, nein?« hauchte Pahcheeno. »Sie haben mich darum gebeten, eine Entscheidung zu treffen, Signora. Wenn ich ja sage, bedeutet das für mich, eine genaue Gewissensprüfung vorzunehmen. Ich muß das Pro und Kontra abwägen, und ich muß mich vergewissern, daß es die richtige Entscheidung ist. So etwas nimmt viel Zeit in Anspruch, und Zeit ist Geld. Also kostet es eine Menge Geld, um ja zu sagen. Bei dem bißchen, was da liegt, springt nichts für mich heraus. Ich mache keinen Gewinn, wenn ich ja sage«, knurrte er und blickte unverwandt den Haufen Taler an, der vor ihm auf dem Tisch funkelte.
Frau Möchtegern sackte in sich zusammen. Ihren Nachbarn könnte sie niemals mehr in die Augen sehen, falls durchsickern würde, daß sie zu arm war, um das Hoch- und Tiefbauamt zu bestechen. Man würde sie schneiden. Welch eine Schande!
»Gibt es noch weitere Anträge?« rief der Vorsitzende und eröffnete damit die Versammlung auch für diejenigen, die sich noch draußen im Flur befanden.
»Und ob!« antwortete ein kleiner Mann, der die Tür am hinteren Ende des Zimmers auftrat und unter der geballten Last eines knielangen hennaroten Bartes und eines prallgefüllten Sackes hereintaumelte. »Jede Menge sogar!«
Als der Zwerg ins Licht trat und den Anwesenden die kreisrund angeordneten Kreuznarben ins Auge stachen, mit denen seine Schädeldecke zusammengehalten wurde, ging ein entsetztes Raunen durch den Raum.
»Du?« würgte Pahcheeno, der seinen ehemaligen Grundstücksverwalter sofort erkannte. »Ich dachte, du wärst ertrunk …«
»Unsinn, Unkraut vergeht nich. Sieht so aus, als seien die Gerüchte ’n bißchen übertrieben, was?« Quarz grinste verschmitzt und taumelte auf den Tisch zu. »Bin beschäftigt gewesen.«
»Deine Sti … deine Stirn«, stammelte der Vorsitzende und erschauderte, als er den leichenblassen Farbton von Quarz’ Haut sah. »Das sieht ja ganz so aus, als hättest du eine Auseinandersetzung mit einer … Säge gehabt.«
»Unsinn! Das is doch albern«, erwiderte Quarz und strich sich vorsichtig über die Narben. »Hab mich nur beim Rasieren geschnitten, das is alles.« Während der mit Flagit gemeinsam verbrachten Zeit hatte er vor allem gelernt, anständig zu lügen.
Skeptisches Gemurmel erfüllte den Saal.
»Seit wann ist die persönliche Gesundheit von jemandem für diesen Ausschuß von Interesse?« flüsterte Pahcheeno, der von dem Inhalt des prallgefüllten Sacks, aus dem oben bereits einiges herausquoll, völlig fasziniert war.
»Genau! Da bin ich ganz Ihrer Meinung«, stimmte Quarz freudig zu. Dann setzte er den Leinensack auf dem Boden ab und kramte einen großen Bauplan unter seiner Jacke hervor.
»Meine Herren, Sie alle sind ja mit meiner Arbeit an dem Vorhaben vertraut, den Transtalpino-Handelswech ständich zu verbessern, und zweifellos wissen Sie auch, auf welch hohem Niveau ich da unermüdlich gearbeitet hab, nich wahr? Nun, wie dem auch sei, jedenfalls hab ich vor kurzem meine Meinung geändert (dreihundert Meter unter der Erde grinste Flagit spöttisch und
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