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Firkin 1: Der Appendix des Zauberers

Firkin 1: Der Appendix des Zauberers

Titel: Firkin 1: Der Appendix des Zauberers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Harman
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oder fast im Alleingang gewonnen, hatte komplette Königreiche durch seine tapferen, heroischen und unglaublich heldenmütigen Einsätze gerettet. Die ganze Welt wußte davon, die niedrigsten Bauern genauso wie die Erhabensten unter den gekrönten Häuptern. Prinz Chandoon beschäftigte einen hervorragenden Presseagenten und ein außerordentlich kreatives Team von Legendendichtern, die dafür sorgten, daß die Tatsächlichkeit seiner Heldentaten nie in Zweifel gezogen wurde.
    Er dachte auch gar nicht daran, in den Kampf zu ziehen. Das hatten andere zu erledigen: Sklaven zum Beispiel oder Leibeigene, illegale Einwanderer… Sie waren es, die Schlachten schlugen. Aber nicht jemand aus königlichem Haus! Ganz bestimmt nicht Prinz Chandoon! Was nicht hieß, daß er es verabscheut hätte, die Klingen zu kreuzen. Er war sogar überraschend gut, wenn es darum ging, ›echt hinzulangen‹, wie er sich auszudrücken pflegte. Doch damit meinte er Turnierkämpfe, sportliche Wettkämpfe, für die verbindliche Regeln galten, an die sich jeder hielt. Wo es kein Treten, kein Hacken, keine Faustschläge gab, wo mit dem Abpfiff die Sache zu Ende war, wo der Spruch des Schiedsrichters galt, ohne jedes Wenn und Aber. Unbesorgt gelobte er Firkin und Hogshead Beistand und Schutz. Etwas wie ›Angst vor Gefahr‹ oder ›Risikoscheu‹ kannte er nicht. Er kannte es tatsächlich nicht, er hatte keine Ahnung: ›Gefahr‹, das bedeutete für ihn die Gefahr, sich bei einem besonders anstrengenden Turnier den Knöchel zu verstauchen, und das ›Risiko‹, das er fürchtete, war das Risiko, bei einem Fußballspiel ein Eigentor zu schießen.
    Firkin und Hogshead verstanden etwas vom Schwertkampf. Glaubten sie wenigstens – in ganz Khucaph gab es keine besseren Stockfechter. Außerdem beherrschten sie die einschlägige Terminologie: Fachbegriffe wie ›Ausfall‹, ›Parade‹ oder ›Ongachchd‹ gingen ihnen glatt und fehlerfrei von der Zunge. Nur: Ein echtes Schwert hatten sie noch nie gesehen. Ganz zu schweigen davon, daß sie irgendwann einmal versucht hätten, eines hochzuheben. Was den Pastetenbäcker anging … Warum der an dem Unternehmen teilnahm, war Merlot gelinde gesagt ein Rätsel. Auf jeden Fall machte er nicht den Eindruck, als besitze er den erforderlichen ›Mumm‹, ohne den ein Meister im Schwertkampf nicht auskam.
    Nein, befand Merlot, die direkte Methode: Tor stürmen – Wachen überwältigen – König umbringen – anschließend Königreich mit roher Gewalt regieren, daran war mit diesem Haufen nicht zu denken. Er kaute auf seinem Bart herum und dachte angestrengt nach. Die Angelegenheit mußte man ein wenig geschickter angehen… ein bißchen pfiffiger, was?
    Plötzlich drehte er den Kopf und lächelte den Waldkauz an, der lässig auf seiner in c-Moll 7 gestimmten Schulter hockte.
    »Arbutus, mein teurer Freund, ich denke, wir sollten etwa folgendermaßen …«
     
    Es ging nicht. Er konnte sich einfach nicht konzentrieren. Am Buch konnte es nicht liegen. Es war spannend, war voller Abenteuer und enthielt die richtige Dosis gefährlicher Situationen. Trotzdem gelang es ihm nicht, bei der Sache zu bleiben, seine Gedanken schweiften immer wieder ab. Immer wieder überlegte er, wie ein Haufen Lebensmittel, ein Vorrat, der sechshundertzweiundvierzig Jahre reichen würde, wohl aussah. Alle möglichen Vorstellungen gingen ihm durch den Kopf, seit er auf der letzten Ratsversammlung, nach einer hitzigen Auseinandersetzung, Swinehunt jene Informationen entlockt hatte, an denen er im wahrsten Sinne des Wortes ›schwer zu beißen‹ hatte. Er stellte sich Zehntscheuern vor, die bis unters Dach vollgestopft waren. Reihenweise Gemüse, in Kisten und Steigen, gestapelt, getürmt bis hoch an die Decke; Regal an Regal, darauf Leerdamerlaibe und Schalgetier; Pyramiden aus Kuchen, aus Erbsen, Kartoffeln, dazu Berge von Fleisch! Essen in Hülle und Fülle – es mußte ein unglaublicher Anblick sein. Er schlug das Buch zu und verließ die Bibliothek. Sein Entschluß stand fest: Er wollte es mit eigenen Augen sehen!
    Die Zehntscheuern standen außerhalb der eigentlichen Schloßanlage in einem riesigen Hof, der von den Mauern der großen Wehrganganlage umschlossen war. Sie waren vor feindlichen Angriffen gut geschützt, ein vollbesetztes Schloß hätte im Fall einer Belagerung gut ein Jahr durchgestanden.
    Es dauerte eine ganze Weile, bis Klayth in diesem Hof ankam. Ein dreißigminütiger Fußmarsch lag hinter ihm, als er aus einer

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