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Firkin 1: Der Appendix des Zauberers

Firkin 1: Der Appendix des Zauberers

Titel: Firkin 1: Der Appendix des Zauberers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Harman
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den Garaus gemacht. Unvermittelt, vollkommen geräuschlos stürzte sich die Eule von dem Ast, auf dem sie hockte, und stieß mit weit vorgestreckten Krallen nieder. Diabolisch funkelnde grausame Augen rasten auf Courgette zu, die vor Schreck erstarrt und wie gelähmt war (hypnotisiert, wie sie später ganz sicher glaubte). Augen, die größer wurden, immer größer und größer wurden, und … Einen entsetzlichen Augenblick lang – es war ein Augenblick, der ihr wie eine Ewigkeit schien – war alles um sie ein Wirbel aus gefiederten Schwingen und ohrenbetäubendem Flügelgeflatter. Sie schloß die Augen und wartete auf den letzten, den endgültigen Krallenhieb, der ihr das Fleisch aufreißen sollte … Sie wartete auf den Todesstoß.
    Stille. Nichts geschah. Sie hielt den Atem an und rührte sich nicht von der Stelle. Eine Ewigkeit später riskierte sie einen Blick und schlug vorsichtig ein Auge auf. Nichts. Langsam drehte sie den Kopf und spähte über die rechte Schulter. Nichts. Sie drehte den Kopf wieder nach vorn, dann ein Stückchen weiter nach links, sah über die andere Schulter und fuhr erschrocken zusammen: Auf der linken Schulter saß, in ihrer ganzen Pracht und Herrlichkeit und überlebensgroß – die Eule.
    Sie war so sanft gelandet, daß Courgette nicht das geringste gespürt hatte. Die Eule sah sie an und knabberte sanft am Ohr. Furcht und Angst lösten sich in Wohlgefallen auf.
    »Ooooh, bist du aber hübsch … Wie heißt du denn?«
    Arbutus hätte es ihr beinahe verraten.
    »Du hast bestimmt einen sehr hübschen Namen. Vielleicht so was wie Schuhubert? Oder Waldormar? Oder …«
    Arbutus krümmte sich.
    »Aha! Hier bist du also, du schräger Vogel!« schrie Firkin, der wie aufs Stichwort hinter einem Baum hervorrannte. »Du kommst jetzt auf der Stelle hierher! Sofort, Arbutus!«
    »Arbutus!« kreischte Courgette. Sie war entzückt. »Siehst du: Wußt ich’s doch, daß es etwas Hübsches ist. Und noch viel hübscher als Schuhubert oder …« Arbutus hatte genickt! Bestimmt! Courgette war sich ganz sicher. Aber gegrinst? Können Eulen grinsen?
    »Ach, Arbutus! Ich liebe dich!« verkündete sie. »Du mußt unbedingt meinen Vater kennenlernen. Komm schon. Was bist du aber auch für ein schlauer Kauz! Und so hübsch! Weißt du, ich finde, du bist wunderschön und …«
    Und so ging es weiter. Ohne Punkt und Komma.
    Arbutus genoß, wie man sich vorstellen kann, jedes Wort. Courgette war komplett aus dem Häuschen. Eine Eule! Eine echte Eule! Saß auf ihrer Schulter! Sie marschierte nach Hause, wanderte zu dem versteckten Höhleneingang und trat ein – ohne nach links, rechts, hinten oder vorn zu sehen. Daß ihr zwei Jungen folgten, daß einem von ihnen die Eule gehörte – das wußte sie zwar, aber es kümmerte sie nicht weiter. Nicht jetzt, da sie ein echte Eule hatte, mit der sie angeben konnte.
    Eines allerdings hatte sie tatsächlich nicht bemerkt: Den Jungen folgte ein Mann, der eine Schürze umgebunden hatte und ein Tablett mit Pasteten trug, ein Ritter in glänzender Rüstung und, mit einem kurzem Abstand, der wirkliche Herr von Arbutus. [xii]
    Sie säuselte und schmalzte und wisperte dem Kauz auf ihrer Schulter allerlei verliebten Unfug ins Ohr und führte so die ganze Bande von Möchtegern-Tyrannenmördern ins Schloß.
     
    Man schrieb das Jahr 1025 MEZ. Drei Monate waren vergangen seit jenem mittlerweile legendären Zweieinhalb-Minuten-Krieg gegen Isolon. Die rund dreitausend Kriegsgefangenen hatten sich, ganz so, wie man es von ihnen erwartet hatte, in ihren Hochsicherheitsquartieren gut eingelebt. Das Ergebnis der Lemmingpelz-Produktion war ausgefallen wie geplant, nur wegen des Kontrakts mit Maney Hauweck gab es Streit. Zum einen deswegen, weil die Abtragung des Berges an der ehemaligen Reichsgrenze inzwischen überflüssig geworden war, zum anderen, weil Hauweck durch diese Abräumarbeiten mit dem Projekt Ödlanderschließung schwer in Verzug geraten war – weswegen der Minister für Handel und Gewerbe die vereinbarte Honorarsumme nicht bezahlen wollte. Beide Seiten rechneten fest damit, daß die Angelegenheit noch ein handfestes gerichtliches Nachspiel haben werde… Von derlei Petitessen einmal abgesehen, lebte man in Cranachan wie im Paradies.
    Fisk war vom Erfolg seiner Idee so begeistert gewesen, daß er nicht im mindesten daran zweifelte, daß über kurz oder lang eine Beförderung ins Haus stand. Tatsächlich lebte der cranachische Innenminister im großen und ganzen [xiii]

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