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Firkin 2: Die Frösche des Krieges

Firkin 2: Die Frösche des Krieges

Titel: Firkin 2: Die Frösche des Krieges Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Harman
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natürlich, wie man flog. Er hatte schließlich genügend Vögel vorbeiflattern sehen – damals, als er noch ein Mensch war. Es konnte nicht schwer sein, man brauchte nur mit den Flügeln zu wackeln. Und was ein Vogel konnte, das konnte er schon lange. Bestimmt! Auf, ab, auf, ab – kein Problem. Merkwürdigerweise fiel ihm allerdings jetzt, kurz vor dem Start, erst auf, daß er keinen blassen Schimmer hatte.
    »Fisk? Hör ich da etwa Tauben?« rief der König und planschte leise.
    Hogshead blickte ängstlich um sich und trieb Firkin zur Eile. Firkin schlug die Flügel versuchsweise mit gewaltiger Wucht nach unten und wirbelte eine kleine Staubwolke auf. Seine frisch bekrallten Füße stellten sich auf die scharfen hakenförmigen Zehen – aber ansonsten ging nichts vorwärts. Er versuchte es noch einmal. Diesmal setzte er den Flügelschlag höher an. Seine Ellbogen stießen beinahe aneinander, sein Brustkorb schien beinahe zu zerplatzen – Firkin schlug mit aller Kraft nach unten. Die Flügel schnitten zischend durch die Luft, schlugen hart am Boden auf, sausten reflexartig wieder nach oben, klatschten am Höhepunkt der Bewegung gegeneinander und stießen wieder nach unten. Langsam und so stillos und unergonomisch, wie es seit dem Ableben des letzten Pterodaktylus nie mehr beobachtet worden war, erhob sich Firkin torkelnd in die Lüfte. Bei jedem Schlag klatschten die Flügel, und Federn wirbelten wild durch die Luft. Es war anstrengender, als er gedacht hatte, ganz bestimmt bekam er über kurz oder lang einen Krampf. Schon nach kurzem aufgeregten Geflatter, das er mit der kunstfliegerischen Grazie einer Qualle durchführte, keuchte er wie ein Blasebalg. Er blickte nach unten und stellte fest, daß er sich gerade ein paar Zentimeter über dem Boden befand. Er biß den Schnabel zusammen, legte die Klauen über Kreuz und strengte sich noch mehr an. Und irgendwie – mit mehr verbissener Beharrlichkeit als mit schnittiger, aerodynamisch-stromlinienförmiger Aviatik und mit dem zappligen Getue eines alten grauen Geschirrtuchs – schlingerte und flatterte Firkin himmelwärts. Und landete wunderbarerweise schließlich (ohne jemals von Steigung, Gieren, Auftrieb und Strömungswiderstand, vom Übersetzungsverhältnis Muskelkraft-Körpergewicht gehört zu haben) als maßlos keuchender Haufen von Federn auf dem königlichen Schreibtisch.
    Weit hinten im Korridor, noch vor der armierten Zimmertür, marschierten zwei ungeheuer spitze, mit Stahlkappen beschlagene Stiefel entschlossenen Schritts auf die Privatgemächer des Königs zu.
    Hogshead blickte zu Firkin hinauf, der regungslos auf dem Tisch lag, und gurrte und ruckste eine Folge freundlicher Ermunterungen. Firkins Krallen reagierten mit einer rüden Geste, als er sich aufrappelte und sich auf dem Tisch umsah. Fäßchen mit die Tinte in allen erdenklichen Farben standen in sauber geordneten Reihen neben einem Schreibset, das neben Schreibfedern auch die Klingen und Federmesserchen enthielt, die nötig waren, um aus einer einfachen Feder ein erstklassiges Kommunikationsinstrument zu machen. Firkin schauderte beim Anblick der Klingen. An einer Ecke waren ein Block aus Löschpapier und ein kleines Töpfchen deponiert, in dem Hunderte von gebogenen Drahtstücken lagen. Rechts standen eine große rote Wachskerze und ein großer Wachsstock. Firkin suchte den Bereich rund um das Siegelwachs und anschließend die ganze Schreibtischplatte sorgfältig ab. Tischkalender, Notizbücher, Tintenlöscher: alles, womit ein Schreibtisch ausgestattet sein mußte, war vorhanden. Alles, nur kein königliches Siegel, ganz gleich, wo er auch suchte.
    Das Geräusch, mit dem metallbeschlagene Stiefelspitzen auf Steinplatten schlugen, wurde lauter. Die Zeit wurde knapp. Die Dringlichkeit zwinkerte in Firkins Augenwinkeln, als wolle sie sagen: ›Na? Kennst du mich noch?‹
    Firkin stelzte vorsichtig an die Tischkante, achtete dabei immer darauf, daß seine Schwanzfedern nicht zu nahe an die flackernden Kerzenflammen gerieten, und lugte über den Rand. Genau unter sich sah er eine Schublade. Mühsam legte er sich auf die Tischplatte, streckte sehr behutsam einen Fuß über den Rand und scharrte und strampelte sich ab, um den Griff zu finden (diese Haltung war völlig unnatürlich, Firkins Gestrampel wirkte ausgesprochen tölpelhaft). Und dann zog er, sehr langsam und mit viel federviehischem Gefluche, die Schublade auf. Hogshead schnäbelte anfeuerndes Gegurr, als hoch über ihm die gewaltige

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