Firkin 2: Die Frösche des Krieges
hockte er hier im Gebirge in einer kalten feuchten Höhle, wo ihm allenfalls einmal ein Bergziege oder ein verirrter Lemming Gesellschaft leisteten. Das konnte nicht so weitergehen.
Ich könnte hier sterben, und kein Mensch würde es merken, dachte er. Und wenn mich dann – was äußerst unwahrscheinlich ist – jemand in diesem Loch fände, wäre ich nichts als eine unbekannte Leiche. Nicht mehr identifizierbar. Weil mich irgendwelche Viecher angefressen hätten. Oder wegen fortgeschrittener Verwesung.
Er fröstelte. Das Entsetzen trat aufs Gaspedal und gab den Weg frei für einen anderen Gedankengang.
Ich bin frei, dachte Swinehunt, ich bin gesund und ich habe einen anständigen Lebensmittelvorrat. Es ist Zeit, die Ärmel hochzukrempeln und aus meinem Leben etwas zu machen.
Nachdem er seine gestohlenen Siebensachen zusammengesammelt, sich selbst warm eingepackt und den Holzhaufen versteckt hatte, sah er sich um, orientierte sich und marschierte los: weg von den Bergen, weg von Cranachan, weg von Isolon. Er rief sich das Bild von Klayth ins Erinnerung und legte es in jenem neuralen Aktenschrank in seinem Gedächtnis ab, auf dem das Etikett ›Rache‹ klebte. Irgendwann einmal wollte er sich darum kümmern und die Sache in Ordnung bringen.
Kurz hinter Courgette stolperte Dawn in die düstere Dachkammer. Sie wartete, bis sich ihre Augen an das dämmrige Licht gewöhnt hatten. »Hallo«, sagte Courgette. Vorsichtig stieg sie über die Bretter, die auf den Dachbalken lagen, und trat an den Tisch.
»Was tust du denn da oben?« fragte sie Hogshead, der auf dem Tisch stand.
»Das verstehst du nicht. Magie …!« Hogshead trat zur Seite und gab den Blick frei auf den Kieselstein, der immer noch einen Meter über der Tischplatte kreiste.
»Du hast es geschafft! Hervorragend!« schrie Courgette.
»Ich hab’s gestern abend …«
»Der ist seit gestern abend da oben?« unterbrach ihn Courgette hingerissen. »Bhoauey!«
»Klar!« blähte sich Hogshead auf. »Und da bleibt er auch, solange ich das will!«
»Fest er hängt!« piepste Ch’tin, der über den Rand von Hogsheads Tasche lugte.
»Er hängt nicht fest! Er ist da oben, weil ich das so will!«
»Mein Kieselstein!« kreischte Dawn plötzlich auf.
»Was will denn die hier?« schrie Hogshead herrisch und zeigte auf Firkins Schwester.
»Was hast du mit meinem Kieselstein gemacht?« winselte Dawn.
»Fest er hängt!« säuselte Ch’tin.
»Er hängt nicht fest!« fauchte Hogshead.
»Hol ihn runter!« fuhr ihn Dawn an.
»Gefällt er dir da oben nicht?«
»Nein!«
»Mir schon!« sagte Hogshead herausfordernd. »Ich hab ihn dorthin gebracht, und mir gefällt er da oben!«
»Hol ihn auf der Stelle runter!«
»Du kannst ihn doch wieder runterholen, oder?« fragte Courgette skeptisch.
»Klar kann …«
»Fest er mmmmpffmmpfmpfm!« quiekste Ch’tin. Hogshead stopfte ihn in die Tasche.
»… kann ich ihn wieder da runterholen. Nur …«
»Nur?« fragten Courgette und Dawn.
»Äh … nicht grade jetzt. Ich weiß gar nicht, warum du unbedingt willst, daß ich ihn wieder runterhole. Es ist phantastisch, wenn er da oben ist. Paß auf!« Hogshead packte den Stein mit beiden Händen, zog die Knie an und kreiselte langsam durch die Luft. Courgette lachte laut auf. Es sah kolossal lächerlich aus!
»Gibt es eigentlich noch einen anderen Zauberspruch, mit dem du ihn wieder herunterholen kannst?«
»Gibt es.« Hogshead kletterte vom Tisch. »Aber ich kann ihn nicht lesen. Irgend so ein Idiot hat die Seite versaut, auf der er steht.« Er zeigte Courgette den Levitationszauber, blätterte um und zeigte ihr die Seite, auf der Gegenzauber stand: Die Schrift war nicht zu entziffern, sie war verwischt und verschmiert. Es sah ganz so aus, als hätte jemand eine große Tasse mit einer heißen Flüssigkeit verschüttet. [9] Neugierig steckte Dawn den Kopf unter Hogsheads Arm hindurch.
»Was macht die denn hier?« fauchte Hogshead wieder. »Sie ist viel zu jung für die Magie. Außerdem sollte das Zimmer doch eine Geheimkammer sein!«
»Dawn ist da, weil es Schwierigkeiten gibt.«
»Welche Schwierigkeiten?«
»Klayth …«
»Nein! Nein!« schrie Hogshead und fuchtelte entsetzt mit den Händen. »Firkin ist schon schlimm genug! Und jetzt auch noch du!«
»Es wird noch schlimmer werden mit ihm, wenn du jetzt nicht zuhörst!« Courgette hatte einen Kommandoton am Leib, der beängstigend an eine Lehrerin erinnerte, die einem Haufen verstockter Rotzlöffel die
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