Firkin 2: Die Frösche des Krieges
›Das ist doch Aezznaton‹, würde man hinter ihm herrufen. ›Bist wohl zu schwach, ums mit einer alten Frau mit Handtasche aufzunehmen!‹ Und dann würden sie sich krumm und scheckig lachen. Genauso würde es sein.
»Kein Problem«, brachte sich Omama Tini wieder in Erinnerung.
»Äh, mein Terminkalender … Vielleicht ein andermal, ja?« Er grinste schüchtern, knurrte die Kinder wütend an und verzog sich dann wie eine zu Tode beleidigte Muräne in sein Büro.
Omama Tini gluckste leise vor sich hin und spazierte beschwingt auf die vier Kinder zu. »Was ist?« fragte sie. »Wollt ihr etwa den ganzen Tag hierbleiben? Los, kommt schon!«
Hogshead war unsäglich erleichtert. Er strampelte sich aus den Kisten und half Courgette und Dawn aus dem Müllhaufen heraus. Wenn ich nur etwas länger Zeit zur Vorbereitung gehabt hätte, dachte er, hätte ich die Sache gedeichselt. Nicht die geringste Chance hätte er gegen mich gehabt! Paar Zaubersprüche hier, paar Blitze da – gar kein Problem! Auf den Knien hätte er vor mir gelegen und hätte um Gnade gewinselt!
»Erbärmlich! Absolut erbärmlich!« fauchte Firkin, als er sah, wie Hogshead das Bündel mit seinen Büchern schulterte. »Meilenweit schleppst du diese Bücher mit dir rum, quasselt endlos davon, wofür Magie alles gut ist und daß sie dich unbesiegbar macht, und dann? Bei der ersten kleinen Schwierigkeit machst du dir fast in die Hose! Ich weiß gar nicht, warum ich mich mit so was überhaupt abgebe.«
»Ich war ganz kurz davor!« protestierte Hogshead. »Nur noch ein paar Sekunden, und es hätte … es hätte …«
»Hätte was?« Firkin hatte die Hände in die Hüften gestemmt und forderte unnachgiebig Antwort.
»… ihm ganz außerordentlich leid getan!« sagte Hogshead trotzig. »Kannst du mir glauben!« Seine Unterlippe zitterte vor ohnmächtiger Wut. Hinzu kam die Nachwirkung des überstandenen Schocks, er war vor Angst halbverrückt geworden.
»Hört jetzt endlich auf!« schrie Courgette.
»Ich hab nicht bemerkt, daß du irgend etwas Besonderes getan hättest …«, fuhr Hogshead Firkin an und versetzte ihm einen Rippenstoß. »Hast nur dagesessen und wolltest mir nicht glauben!«
»Paß besser doch auf ein bißchen«, piepte Ch’tin und starrte aus der Rocktasche vorwurfsvoll zu Hogshead hinauf.
»Jetzt fang du nicht auch noch an!« murrte Hogshead. Er hatte das Gefühl, als hätte es plötzlich die ganze Welt auf ihn abgesehen.
»Was ist jetzt? Wir können doch nicht den ganzen Tag in dieser scheußlichen Gasse herumstehen«, polterte Omama Tini. »Jetzt kommt schon endlich!«
Sie machte auf dem Absatz kehrt und marschierte zielbewußt in Richtung Marktplatz los. Die Kinder folgten ihr.
Ohne Ende toste der Lärm der Feierlichkeiten zum Sankt Strizzius-Tag. Die Spielleute sangen und bliesen und schrammelten und trommelten auf allen erdenklichen Instrumenten herum; die Menge johlte, hüpfte und tanzte ausgelassen, betrunken und hemmungslos; die Marktleute brüllten, schwenkten Fähnchen und Wimpel und versuchten, den Festteilnehmern soviel Bares wie irgend möglich aus der Tasche zu ziehen. Irre grinsend sauste und flog in wilden Sprüngen ein durchsichtiges Gesicht kreischend über dem Trubel, ließ dichte Haufen von Schwärmern und Krachern splittern und Feuerwerkskörper bunt leuchtend explodieren – geradeso, als gäbe es kein Morgen mehr. [12]
Firkin wollte eben lauthals dagegen protestieren, daß man sich wieder in den Trubel stürzte und erneut der gefährlichen, narkotisierenden Wirkung der Festschtimmung aussetzte, als Omama Tini scharf links abbog, eine Art Vorhang anhob und in einem rot-weiß gestreiften Zelt verschwand, das in einer Ecke des Marktplatzes aufgeschlagen war und dessen Wände mit allerlei Zeichen und Symbolen dekoriert waren: mit Händen, deren Finger weit gespreizt waren, mit Sternen, fremdartigen Tieren und Argusaugen. Hogshead war sich nicht ganz sicher, er meinte aber, daß es ganz leicht schimmerte.
Seltsamerweise schien niemand außer ihnen das Zelt zu bemerken.
Eine Hand, an der eine Unzahl billiger Ringe mit falschen Juwelen steckte, schob sich durch den Schlitz in der Eingangsklappe und winkte des Quartett herein.
Wie eine Flutwelle stürzte eine Schar kotzender Säufer aus dem Gewühl, grinste anzüglich und blies rülpsend dichte Wolken stinkenden Zwiebelgeruchs in die Luft – nur eine Millisekunde später waren die vier im Zelt verschwunden. Omama Tini saß vor einer großen Kristallkugel und
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