Firkin 3: Das Wurmloch ins Biblioversum
hoffte er wenigstens – wie ein reumütiges Gegurgel anhörte.
»Für die Hochkirche von Sankt Mammon dem Ungewaschenen«, knurrte P. Uri Tanner.
»N… nie davon gehört…«
»Die Priester, Euer Gnaden…«, winselte der Sekretär verschüchtert und versuchte dabei, den Eimer loszuwerden.
»Hä?«
»Is das da Eure Unterschrift?« P. Uri Tanner schlug mit einem schreiend bunten Pergament nach dem verwirrten Oberbürgermeister, der noch immer mit den Überresten seines Croquetschlägers herumfuchtelte.
»Möglich …«
»Na also. Dann ist jetzt Kollekte!« Neun gewaltige Schädel nickten heftig.
»Aber ich …«
P. Uri Tanner zeigte drohend auf den Teller. »Paragraph 7 der Bescheinigung zum Nachweis des Bedingungslosen Glaubens der Hochkirche von Sankt Mammon dem Ungewaschenen, vor nicht einmal drei Tagen von Euch eigenhändig unterzeichnet, ich zitiere: Im Falle der Weltuntergang (cf. Paragraph 6) durch göttliche Intervention abgewendet wird, welche bewirkt wurde durch einen Akt der Anbetung, welcher wiederum veranlaßt wurde von einem Mitglied der Hohenpriesterschaft der Hochkirche von Sankt Mammon dem Ungewaschenen oder irgendeiner ihrer Neben- und Tochterkirchen, eines Geselligkeitsvereins oder eines der oben erwähnten Kirche angegliederten Pfadfinderfähnleins, dann wird jede Sache, die von den Hohenpriestern in Paragraph 6 als zur Verwendung für die gewinnbringende und gesicherte jenseitige Zukunft des Unterzeichneten geeignete Sache erklärt ist, als eine der Hochkirche zustehende Opfergabe erachtet, und kann jederzeit eingefordert werden.« P. Uri Tanner lächelte den Oberbürgermeister an. »Und jederzeit heißt jetzt.«
»Wie? Was?« kreischte Cassierer. »Das ist doch absurd! Was ist überhaupt Paragraph 6?«
P. Uri Tanner drehte die Bescheinigung zum Nachweis des Bedingungslosen Glaubens um und sagte: »Paragraph 6 legt fest, äh: Ich, der Unterzeichnete, übereigne hiermit meinen gesamten irdisch-weltlichen Besitz, meine Ersparnisse, Immobilien, Wertpapiere, Aktien, Geschäft inkl. Geschäftsräume sowie alles, was annähernd von Wert ist, der Hochkirche von Sankt Mammon dem Ungewaschenen, zu dem ausdrücklichen Zweck, die aus diesen Mitteln erwirtschafteten Gewinne für einen treuhänderisch verwalteten Fonds im Jenseits zu verwenden. Das gilt auch im Falle des Weltunterganges. Ist das deutlich genug?« fragte P. Uri Tanner.
»Aber, was …«, stotterte Bürgermeister Cassierer, dem schlagartig klar wurde, daß er höchstwahrscheinlich schon bald Altbürgermeister von Krillingen sein würde.
»Nix aber, Kumpel. Sache ist: Das ganze Zeugs gehört uns. Los, Jungs: Aufladen!«
Auf P. Uri Tanners Kommando machten sich die anderen neun Gesandten daran, das Zimmer auszuräumen, verstauten alles in geräumigen Säcken und schafften es fort. Der gleiche Vorgang ereignete sich im Augenblick in verschiedenen anderen Wohnungen und Geschäftsräumen überall in Krillingen. Jeder Widerstand wurde mit Hilfe großer scharfer Messer geregelt, und die Opfergaben wurden stets ›bezugnehmend auf Paragraph 6‹ abtransportiert.
Nach wenigen kurzen, doch höchst einträglichen Stunden luden die Gesandten der Hochkirche von Sankt Mammon dem Ungewaschenen ihre Beute auf mehrere große Karren (Beutestücke, die sie sich ausdrücklich für diesen Zweck beschafft hatten), ließen die verarmte Stadt Krillingen hinter sich und zogen weiter nach Osten, um ihr verblüffend lukratives Missionswerk anderswo fortzusetzen.
II
BON APPETIT!
Der zottelige, glitzernde Unkrautbehang war ihm nicht neu. Geschickt wich es ihm aus, bog scharf nach rechts und drehte aus Spaß an der Freud im Sinkflug ab – so flatterte das Geschöpf der Nacht gaukelnd durch die abgestandene unterirdische Luft der Geheimgänge. Es kannte die Tunnels und finsteren Strecken, die sich tief unter dem befestigten Reichspalast von Cranachan durch die Erde wanden und schlängelten, kannte sie so gut wie die Rückseite seiner schwarzen ledrigen Flügel. Es machte diese Tour täglich. Manchmal, wenn die Schlagzeilen danach waren, sogar zweimal täglich.
Gut möglich, daß heute so ein Tag mit zwei Einsätzen werden konnte.
Die Fledermaus bog nach links, ging dann mit einem Immelmann-Turn scharf nach rechts, schätzte dabei die Kurve falsch ein und krachte gegen die schimmlige Mauer. Die Tageszeitung fiel ihr aus dem Maul, sie selbst landete, kreischend und angeekelt fauchend, in einer grünlich-gelben Pfütze, es klatschte, als wäre
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