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Firkin 3: Das Wurmloch ins Biblioversum

Firkin 3: Das Wurmloch ins Biblioversum

Titel: Firkin 3: Das Wurmloch ins Biblioversum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Harman
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begannen: Ein paar Fäden im Seidengewebe des Raum-Seitlichen Kontinuums fingen an, sich aufzutrennen.
    Die Strümpfe der Realität hatten Laufmaschen bekommen.
     
    Trotzig hockte der Steinhaufen, der Cranachan hieß, auf dem hellgrauen Granit der Krapathen, duckte sich im Nieselregen, den ein leichter Wind aus Nordwest heranwehte, wie ein unrettbar kariöser Backenzahn, der entschlossen war, jedem weiteren kieferorthopädischen Anschlag Paroli zu bieten. Als der indigoblau Gekleidete die Paßhöhe erreichte, zügelte er sein Pferd, hielt an und wartete auf seine beiden Weggefährten. Er blickte über das rauhe Bergland und lächelte, lächelte das Lächeln eines Mannes, der Freude hatte an seinem Job, große Freude. Der Regen bedeutete ihm nichts, und von dem schäbigen, ramponierten Bild, das Cranachan bot, ließ er sich nicht täuschen. Er war sich ganz sicher: Die Gemeinde der Kirche von Sankt Mammon dem Ungewaschenen würde weiter erstarken. Er hatte nicht den geringsten Zweifel, daß es hier Geld gab, Geld wie Heu, und das wartete nur darauf, in ihre allzeit aufnahmebereiten Schatullen zu springen. Schon seit einiger Zeit hatte er Cranachan als Ort der Verkündigung seiner Frohbotschaft ins Auge gefaßt, seit er das Rufen all jener Seelen vernommen hatte, die es danach verlangte, daß die Last ihrer irdischen Besitztümer von ihnen genommen werde, die flehentlich darum baten, ihren Reichtum teilen zu dürfen, die voll unbändiger Leidenschaft danach fieberten, Sankt Mammon mit übermäßig großherzigen Spenden zu bedenken. Sankt Mammon und seine Hohenpriester Bharkleed, Flaezz und Wenzl.
    Und woher wußte Seine Eminenz, Bharkleed, der Leidenschaftlich Exaltierte, daß dieses gewaltige Potential an monetärem Glaubenseifer innerhalb der Gemarkungen Cranachans existierte? Nichts leichter als das: In seiner Tasche steckte das Bestellbuch der in Krillingen ansässigen Binnenländischen Molluskenwerke, BMW. Eine Bestellung für Wellhorn- und Napfschnecken zur Lieferung auf dem Landweg mit einem Auftragswert von fünftausend Dreiermännern pro Monat – ein Ort, der so viel Geld für derart molluskullische Genüsse ausgab, hatte die Heimsuchung kompetenter Gewinnerlöser bitter nötig.
    Nur wenige Stunden noch, dann sollten sie dort eintreffen. Und wieder einmal wollten sie sich über einen Haufen gutgläubiger Deppen hermachen, die ihnen nur allzu gern ihre ganz spezielle Version vom Leben nach dem Tod abkaufen würden.
    »Ah! Bruder Flaezz, Bruder Wenzl«, begrüßte Bharkleed seine anrückenden Kollegen. »Unser nächster Bestimmungshafen!« Er zeigte über das regenverhangene Gebirge und sprach ein kurzes Gebet: »Mögen wir für das, was unser sein soll, nicht allzu schwer arbeiten müssen!«
     
    Zwischen den Einbanddeckeln von Lady Schätterlies Laffe war ein leises Stöhnen zu hören. Ch’tin wünschte sich nach wie vor nichts sehnlicher als ein Paar Arme. Und wären sie noch so klein gewesen, er hätte sich dann wenigstens den gurgelnden, rumpelnden, brodelnden Bauch halten können. Aber selbst dann… Unglücklicherweise war es gar nicht der grauenhafte Druckfehler im Buchtitel, der die peinigenden Turbulenzen verursachte. Es war etwas viel, viel Schlimmeres …
    Außerdem waren auch die Stimmen wieder da …
    Aus dem Dunkel sprachen sie zu ihm, dieselben Stimmen wie beim letztenmal. Und doch gab es da einen Unterschied: Diesmal waren es keine wahllos aufgeschnappten Brocken mehr, kein Nonsensbrei, wie ihn sich ein hibbeliger Funkamateur mit einem Konzentrationsvermögen von maximal fünfundfünfzig Millisekunden aus dem Äther geangelt haben könnte; diesmal waren es richtige Sätze, ganze Abschnitte und Absätze, es war beinahe, als hielte jemand in seinem winzigen wurmigen Kopf eine Vorlesung.
    »Hat sich jemand schon einmal Gedanken gemacht, woher denn die Geschichten kommen? Was denn der Ursprung der Legenden ist, der Born der Sagen? Wer hat die Märchen unter das Volk gebracht, bevor die Gebrüder Grimm sich brüderlich ihren Federkiel teilten? Wie sähe es aus, wenn Hans Christian Andersen Atheist gewesen wäre? Ja, du vielleicht, mein Kleiner? Du, da hinten, mit dem Wehrgehenk in Rosa und Purpur? … Nein, nein – Von meiner Mutter Mund, als sie mich auf ihrem Schoß wiegte, das ist leider nicht richtig. Natürlich hat sie dir das gesagt, zweifellos. Ist aber trotzdem falsch … Ja bitte, das reizende Mädel mit dem entzückenden orangeroten Schleiertuch auf dem Spitzhütchen? … Ja …

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