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Firkin 3: Das Wurmloch ins Biblioversum

Firkin 3: Das Wurmloch ins Biblioversum

Titel: Firkin 3: Das Wurmloch ins Biblioversum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Harman
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hatte sie sich die Sache nicht gedacht. Es hätte eine Blitzaktion sein sollen: rein, Schlüssel klauen, abhauen! Eins, zwei, drei, pure Kinderei!
    »Mach schon! Einen richtig dicken Schmatz …«
    Nein! Nie! Hilfe! Wie der Blitz warf sie sich zur Seite, tauchte unter dem rasch näher kommenden, unentwegt schnäuzelnden Brocken durch und rollte sich vom Bett. Mit einem Satz war sie im Korridor und warf die Zellentür mit aller Kraft hinter sich zu. Als sie den Sperrmechanismus rattern und das Schloß einschnappen hörte, zitterte sie vor Erleichterung.
    »He! Komm zurück, Schätzchen! He! Mach die Tür auf! Laß mich raus! Hast du mich denn nicht mehr lieb, Kleines?«
    Courgette rannte. Es war eine Katastrophe, sie war gescheitert!
    Die Schlüssel lagen in der Zelle und waren eingesperrt, die Chancen, an sie heranzukommen, standen jetzt noch schlechter als vor ihrer Aktion.
    Sie mußte hier raus. Sie mußte nachdenken, mußte sich etwas einfallen lassen, irgendeine Erklärung …
    »Courgette! Du bist unsere einzige Hoffnung!«
    Es war … es war einfach unfair!
     
    Whintz hatte in seiner Laufbahn als Fahrender Zauberer eine ganze Menge äußerst merkwürdiger Dinge erlebt. Die meisten davon hatte er selbst in Gang gesetzt und wußte daher, daß sich für derlei Dinge – mochten sie noch so unmöglich erscheinen, mochte es auch aussehen, als wären sie mehrere Myrillionen Parsek von jeder Wahrscheinlichkeit entfernt – in der Regel eine ganz simple Erklärung finden ließ: Spiegel etwa, Taschenspielertricks und dergleichen mehr.
    Und als er jetzt in einem Waldstück, das sich durch nichts in besonderer Weise von anderen Waldstücken unterschied, in einer Pfütze lag, klammerte er sich verzweifelt an dieses gesicherte Wissen, um sich zu beweisen, daß er nicht rettungslos einem hirnverbrannten Verfolgungswahn verfallen war. Wieder und wieder sagte er sich, daß die Wespe, deren Überreste jetzt auf seinem schwarzen Umhang verteilt waren, nicht aus heiterem Himmel herangesurrt war, mit dem festen Vorsatz, gerade ihn zu stechen. Und genauso versuchte er sich davon zu überzeugen, daß die Baumwurzel, vor der er auf dem Bauch, und die Pfütze, in der er auf dem Bauch lag – daß Wurzel und Pfütze sich nicht verschworen hatten, ihn zu Fall und in diese Situation zu bringen. Es gelang ihm nicht. Es gelang ihm absolut nicht.
    Vor allen Dingen wollte ihm eines nicht gelingen: sich davon zu überzeugen, daß das alte ledergebundene Buch, das jetzt einen Meter von ihm entfernt im Laub auf dem Waldboden lag, daß dieses Buch nicht – noch einmal und ganz entschieden: nicht – aus seinem Rucksack gesprungen war, mit den Einbanddeckeln geflattert hatte wie eine geistesgestörte Motte mit den Flügeln, dann zweimal um seinen Kopf gebrummt war und ihm schließlich via linkes Ohrläppchen einen Elektroschock mit einigen tausend Volt Spannung verpaßt hatte.
    Natürlich: Es war ein Zauberbuch. Nicht daß er das nicht gewußt hätte. Aber so etwas hatte es noch nie gemacht. Whintz hatte es immer gut behandelt, hatte es nie so rücksichtslos umgebogen, daß der Rücken gebrochen wäre, hatte auf keiner Seite ein Eselsohr gemacht und hatte nie etwas über ihm verschüttet. Warum tat es ihm also etwas Derartiges an?
    Whintz krabbelte aus der Pfütze, starrte die Baumwurzel argwöhnisch an, setzte sich und lehnte sich an einen Baum. An einen anderen Baum.
    Paß bloß auf! ermahnte er sich. Bleib jetzt ganz ruhig! Wie soll das noch enden, wenn du jetzt schon nicht mal mehr Bäumen traust!
    Er wischte literweise schlammige Brühe von den blechernen Monden, Sternen und Blitzstrahlen, den Tierkreiszeichen aus billiger Emailarbeit, die seinen schmuddeligen schwarzen Hut und seinen nicht weniger schmuddeligen schwarzen Umhang zierten, und schöpfte haufenweise feucht-fauliges Laub (in etwa die Abwurfmenge von vier bis fünf Herbstbäumen) aus seinem Rucksack. Zum Glück war keine einzige der vielen Phiolen zerbrochen, die er immer mit sich herumschleppte, nicht eines dieser Fläschchen, die allerlei seltsam gefärbte Tränklein enthielten. Nicht auszudenken, was das bedeutet hätte: Es gab nur ein Behältnis in dieser Flaschensammlung, dessen Inhalt nicht so roch, als käme er aus den Eingeweiden eines von den Toten auferstandenen Dämons mit Mundgeruch – es handelte sich dabei um einen Liebestrank, der eine sagenhafte Wirkung auf die Libido von Stuten hatte. Whintz hätte sich nirgendwo mehr blicken lassen können. Ob stinkend wie

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