Firkin 3: Das Wurmloch ins Biblioversum
sein Lebenswerk kümmert …«
»Wer seid Ihr?« fuhr ihn Kharthezsh an.
»Manch anderer Monarch, der ansonsten gegen alle Eventualitäten gewappnet sein mag, läßt sich niederdrücken vom Gewicht der Sorgenlast, die die Herrscherrolle mit sich bringt …«
»Was wollt Ihr eigentlich?«
Bharkleed blickte den König fest an und überging auch weiterhin jede Frage, die an ihn gestellt wurde. Denn das war, wie er genau wußte, die einzige Möglichkeit, sich die Aufmerksamkeit eines machtbesessenen königlichen Herrschers zu sichern, eines jeden machtbesessenen königlichen Herrschers überall auf dieser Welt. *
»So viele Männer, die Führungspositionen innehaben, leben in entsetzlicher Angst vor dem, was die Zukunft bringen wird …«, fuhr er fort. »Ganz anders Ihr! Habe ich nicht recht …?« Bharkleed klatschte handwarmes Massageöl auf den Rücken von Kharthezsh’ Ego und packte es fest bei den Schultern.
»Äh …«
»Sie ducken sich feige vor dem Schicksal, schrecken vor ihm zurück wie vor dem Angriff einer tödlich giftigen Schlange. Ihr aber nicht!« Kharthezsh’ Ego räkelte sich entspannt auf der Massagebank.
»Macht weiter …«
»Sie klammern sich an den verschlissenen Schürzenzipfel der Vergangenheit, während Ihr beständig voranschreitet …« Bharkleed lockerte mit kurzen, schnellen Handkantenschlägen die verspannte Nackenmuskulatur von Kharthezsh’ Ego und ölte nach.
»Das kann man wohl sagen …«
»Sie leben in Angst vor dem Unvermeidlichen! Ihr nicht, Sire!«
Je fester sein Ego auf den Massagetisch gedrückt wurde, um so mächtiger schwoll Kharthezsh vor Stolz die Brust.
»Wie ein heller Stern steht Ihr hoch über ihnen, in Eurem Licht verblassen sie wie der schwache Schein einer armseligen Kerze, in Eurem Glanz zeigt sich, was sie wirklich sind: wehleidige Schwächlinge! Ihr seid wahrhaftig ein Herrscher!« Noch mehr Öl.
»Selbstredend!« sagte Kharthezsh und polierte sich die Fingernägel am Hermelinkragen seines Königsmantels.
Hochwürden Patheter, der unter einer Kirchenbank herumkroch, starrte Bharkleed fassungslos an. Eine bodenlose Frechheit, so mit dem König zu sprechen! Nie im Leben hatte er dergleichen gehört. Und nie im Leben hätte er die gleiche Courage aufgebracht.
»Habt Ihr Euch jemals gefragt, warum Ihr diese Macht besitzt?« Bharkleed war jetzt ganz zuversichtlich, daß Kharthezsh’ Ego so gut durchgewalkt, so butterweich und streichfähig war, daß es sich mühelos auf den knusperbraunen, ofenwarmen Sauerteigfladen des Glaubens schmieren ließ.
»Weil ich der König bin!« fuhr ihn Kharthezsh an. Seine egoistischen Schultern verspannten sich augenblicklich wieder, die Muskeln und Sehnen wurden hart wie Stahltrossen. »Wie gesagt, ich habe es sehr eilig …«
»Ich will Euch sagen, warum Ihr diese Macht besitzt«, stotterte Bharkleed erschrocken, als er feststellen mußte, daß sein Vorstoß fehlgeschlagen war; als er spürte, wie sich die Messerklinge der Überredungskunst verbog, weil die eben noch butterweiche Seele des Königs mit einemmal beinhart gefroren war.
»Das habe ich Euch doch gerade gesagt!« knurrte Kharthezsh, der sich eilig in Richtung Tür entfernte. »Weil ich der König bin! Und jetzt laßt mich in Ruhe!«
»Nein! Sondern weil Ihr an das Jenseits glaubt«, rief Bharkleed und hätte sich am liebsten auf der Stelle die Zunge abgebissen.
»Jenseits! Jenseits! Was Besseres fällt Euch nicht ein, hä? Seid doch einer wie der andere, Ihr Kleriker! Muß wohl an diesem Weihrauch liegen! Dörrt Euch das Hirn aus!«
»Aber, Hohei…«
»Jenseits! Das ist ein Mythos, der von Leuten wie Euch am Leben gehalten wird, damit Eure Gemeinde nicht kleiner wird! Es gibt kein Jenseits! Und wenn Ihr dieses Wort in meiner Anwesenheit noch einmal in den Mund nehmt, dann werde ich höchstpersönlich dafür sorgen, daß Ihr Euch schneller, als Euch lieb ist, von seinem Wahrheitsgehalt überzeugen könnt! Wie Ihr wißt, bin ich nicht ganz ungeschickt, was die eine oder andere Methode angeht, jemand ins Jenseits zu befördern!«
Bharkleed faßte sich an den Hals und schluckte.
Kharthezsh machte kehrt und lief schleunigst aus der Kapelle. »Los, Khannit! Auf uns wartet ein öffentliches Auspeitschen! Und zwar hier, im Diesseits!« Auf dem Weg durch den Korridor brummte und schimpfte er vor sich hin. »Jenseits! Demnächst kommt man mir möglicherweise noch mit Engeln oder Feen oder Kobolden!«
»Ich hoffe, du bist mit dir zufrieden«, fauchte
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