Firkin 3: Das Wurmloch ins Biblioversum
Flaezz, als die Kapellentür zugeschlagen wurde. »Großartige Überzeugungsarbeit! Missionarisch äußerst wirkungsvoll! Schwache Leistung, Bharkleed, du läßt nach! He, hörst du mir überhaupt zu?«
Das schwache Echo einer Stimme aus der Vergangenheit flatterte durch die Schlupflöcher des Bösen in Bharkleeds Gemüt: »Weil … eil … eil ich ja jetzt Mitglied der Kirche bin … bin … bin«, sagte die Stimme, »kann … ann … ann ich denn jetzt auch um die Erfüllung eines Wunsches beten … eten … eten …?«
»Ja … ja … ja! Nur zu … u … u!« hörte Bharkleed seine verzerrte Stimme auf dem Marktplatz sagen.
»Klasse … lasse … asse! Ich wollt ja schon immer diesen Fischkoch loswerden! Danke … anke … anke!« hallte die Erinnerung an Zuveth, den Chefkonditor.
»Du könntest wenigstens so höflich sein, mir zuzuhören, wenn ich dich schon beleidige!« fauchte die reale und sehr gegenwärtige Stimme von Flaezz. »Ich sagte, du läßt nach!«
»Tu ich das? Tatsächlich? Das wollen wir doch mal sehen!« murmelte Bharkleed, in dessen Augen die Glut der Entschlossenheit leuchtete. »Das wollen wir doch gleich einmal sehen! Höchste Zeit für Phase Zwei! Kommt mit!«
Wie ein indigoblauer Wirbelwind sauste Bharkleed aus der Kapelle und marschierte forschen Schritts in Richtung Palastküche. Seine entgeisterten Komplizen wuselten aufgeregt hinter ihm her.
Wieder einmal war die Kapelle des Heiligen Absentius des Ordentlich Abgeschriebenen leer und verlassen. Hochwürden Patheter III. kroch unter der Kirchenbank heraus und starrte unglücklich auf die zwei Goldmünzen in seiner Hand. Dann schlurfte er (die Stelle auf seiner Stirn schmerzte immer noch) hinüber zur Wand, dorthin, wo der kleine hölzerne Opferstock angenagelt war.
Mit einem tiefen Seufzer steckte er die Münzen in den Schlitz und ahnte nicht, daß diese Sorte Valuta seit drei Monaten nicht mehr im Umlauf war. Kharthezsh hatte sie aus dem Verkehr ziehen lassen. Sein Bild auf diesen Münzen – er wäre da nicht besonders gut getroffen, hatte er gefunden.
Zudem war es eine ausgezeichnete Gelegenheit gewesen, die Menge des in Umlauf befindlichen Münzgeldes zu reduzieren, das frei werdende Gold zu reprivatisieren und dem Königlichen Privatvermögen zuzuführen.
Der saxofranfarben gekleidete Zauberer beendete mit melodiösem Geraschel seinen Vortrag, mit dem er den Drei Apokalyptischen Reitern, so gut ihm das eben möglich war, die Lebensverhältnisse jenseits des Raum-Seitlichen Kontinuums geschildert hatte. Der Herausgeber war aschfahl geworden. »Unmöglich, ganz unmöglich«, bibberte er erschüttert. »Wie kann man so etwas denn aushalten? Willst du, Merlot, mir wirklich erzählen, es gäbe in der Realität keine Feen? Kein Circe? Keine Sirene?«
»Nun ja, Sirene …«
»… und keiner kann dort fliegen?«
»In ein paar Jahren vielleicht. Mit Flugz …«
»Gibt es denn keine Drachen?«
Merlot gab auf und nickte nur noch stumm.
»Und kein Happy-End?« Der Herausgeber blickte auf, seine Hände zitterten. »Wir dürfen nicht zulassen, daß es hier so weit kommt. Der Gedanke, daß die Menschen selbst über ihr Leben bestimmen – gräßlich! Das bedeutet den Zusammenbruch jeglicher Disziplin! Du mußt etwas unternehmen!« Krieg und Pest nickten.
»Was … wie … wer? Ich?« stotterte Merlot.
»Ja, du!«
»Warum ich? Ich bin nur ein armer kleiner Zau…«
»Du kennst die Wirklichkeit besser als irgend jemand sonst. Deshalb!« Der Herausgeber blieb hart.
»Hab mir doch schon immer gedacht, daß irgend etwas an ihm nicht so ganz anormal ist!« knurrte der Krieg.
»Aber ich habe euch doch alles gesagt, was ich weiß«, beschwor sie Merlot.
»Keine Sperenzchen! Du bist schon einmal dort gewesen, und jetzt gehst du noch einmal hin und siehst zu, daß du herausfindest, was eigentlich los ist!«
»Aber ich … ich …«
»Das ist ein Befehl!« schrie der Herausgeber.
»Ich … äh …«
»Ich mach dich zur Serienfigur, wenn du nicht gehorchst! Dann kannst du ein Leben lang jede Woche genau an der spannendsten Stelle aufhören!«
»Aaah! Selbstverständlich geh ich … ha, liebend gern mach ich das, ist mir ein Vergnügen«, wechselte Merlot die Tonart, machte auf dem Absatz kehrt und stapfte aus dem Büro des Herausgebers.
Serienfigur, nein danke! Er schluckte erschrocken. Die Vorstellung, in unzählige Halbstundenepisoden zerlegt zu werden, machte ihn nervös.
Und so schlimm war es ja vielleicht auch gar nicht,
Weitere Kostenlose Bücher