First Frost
Sieger verbeugte sich mit einer schwungvollen Bewegung seines Schwertes. Ein Grinsen legte sich auf sein Gesicht, und mir ging auf, wie sagenhaft er aussah – die Art von Junge, die dafür sorgte, dass einem den Atem stockte, ohne es auch nur darauf anzulegen.
»Gut gemacht, Logan.« Dieses Lob kam von einem großen, stämmigen Mann, der am Rand der Matte stand. Er war sogar noch muskulöser als Logan und wirkte, als könnte er mit bloßen Händen Betonblöcke zerquetschen. Er trug ein weißes Polohemd, kurze Hosen und Turnschuhe. Um seinen Hals hing eine Trillerpfeife.
»Das ist Trainer Ajax«, erklärte Metis und zeigte auf den stämmigen Mann. »Er ist für das Training aller Schüler auf Mythos verantwortlich. Wie zum Beispiel Logan Quinn. Das ist der Spartaner, der gerade den Kampf gewonnen hat.«
Spartaner? Wie einer der antiken Krieger aus Sparta? Meine Gedanken tobten durch meinen Kopf, während sie versuchten, all diese neuen Ideen mit dem in Einklang zu bringen, was ich von der Welt wusste – aber es funktionierte nicht so ganz.
Logan ging zur untersten Tribünenbank, nahm sich ein Handtuch und wischte sich den Schweiß aus dem Gesicht. Er bemerkte, dass ich ihn anstarrte, und unsere Blicke trafen sich – seine leuchtend blauen Augen und meine verwirrten violetten. Er schenkte mir ein sexy Lächeln und zwinkerte mir zu, bevor er sich umdrehte, um sich mit einem seiner Freunde zu unterhalten. Einen Moment später griff Logan wieder nach seinem Schwert und trat in den Ring, um gegen jemand anderen zu kämpfen.
Metis und ich blieben stehen und beobachteten, wie der Spartaner auch das nächste Gefecht gewann. Danach teilten sich die Schüler in Paare auf und fingen an, mit den verschiedensten Waffen gegeneinander zu kämpfen. Ajax ging von einem Paar zum nächsten und teilte Ratschläge, Anregungen und Lob aus.
»Also, das ist der Sportunterricht? Waffentraining?«, fragte ich. »Warum?«
»Weil das der Grund ist, aus dem du hier bist, Gwen«, sagte Metis mit ernster Stimme. »Aus dem alle Kinder hier sind. Um zu lernen, wie man Waffen benutzt. Um zu lernen, wie man kämpft. Um zu lernen, wie du dich selbst und die Leute, die du liebst, beschützt.«
»Wovor?«, fragte ich. »Was gibt es denn so Schlimmes da draußen?«
Metis zögerte. »Ich denke, diese Diskussion verschieben wir auf einen anderen Tag. Schließlich wollen wir dich nicht verschrecken, noch bevor das Schuljahr angefangen
hat.«
Sie bemühte sich um ein Lächeln, aber ihre Lippen vollführten die Übung offensichtlich nur halbherzig. Nach einer Weile gab sie es auf und wandte den Blick ab.
Ich dachte an all das, was ich heute gesehen hatte. Die finsteren Gebäude. Die Schüler, denen die Magie aus den Fingern schoss. Die unheimlichen Monsterstatuen. Die Statuen der Götter und Göttinnen in der Bibliothek. Und nun noch zwei Kerle, die mit Schwertern aufeinander einschlugen. Langsam glaubte ich, dass Mythos tatsächlich das war, was Metis behauptete – eine Schule für Krieger-Wunderkinder. Der Gedanke jagte mir einen eiskalten Schauder über den Rücken und verwirrte mich gleichzeitig.
Wenn Mythos eine Schule für magische Krieger war, was tat ich dann hier? Ich war keine Kriegerin, und wenn man bedachte, wie schlecht ich auf meiner alten Schule in Sport abgeschnitten hatte, würde auch alles Training der Welt keine aus mir machen.
»Komm«, sagte Metis und stand auf. »Ich zeige dir noch den Speisesaal, dann gehen wir zurück in die Bibliothek und ich stelle dir endlich Nickamedes vor.«
»Ich kann es kaum erwarten«, murmelte ich, aber die Professorin hörte mich nicht.
Metis ging die Tribünenstufen hinunter, und ich stand auf und folgte ihr. Sie öffnete die Türen und hielt einen Flügel für mich auf. Obwohl ich wusste, dass ich bummelte, konnte ich nicht widerstehen, noch einen letzten Blick über die Schulter auf den Spartanerkerl zu werfen – Logan.
Er bemerkte, dass ich ihn anstarrte, und schenkte mir wieder ein sexy Lächeln, gefolgt von einem langsamen, anzüglichen Zwinkern. Flirtete er etwa mit mir? Er kannte mich doch nicht mal.
»Logan!«, rief Trainer Ajax. »Du bist wieder dran!«
Logan nickte mir noch kurz zu, dann wandte er sich seinem nächsten Gegner zu.
»Gwen?«, rief Metis von der Tür. »Kommst du?«
»Sicher«, antwortete ich und riss den Blick von dem Spartaner los. »Ich komme.«
Ich folgte Metis aus der Turnhalle und zurück auf den oberen Hof. Mein Blick glitt über die Umgebung.
Weitere Kostenlose Bücher