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Fische füttern - Genovesi, F: Fische füttern - Esche Vive

Fische füttern - Genovesi, F: Fische füttern - Esche Vive

Titel: Fische füttern - Genovesi, F: Fische füttern - Esche Vive Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fabio Genovesi
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Stattdessen spürt er etwas Leichtes, Warmes auf dem Rücken, eine Decke, die ihm der Mann über die Schultern legt.
    »Junge, was bist du bloß für ein Teufelskerl! Steig ein! Was bist du für ein kleiner Teufel, was bist du nur für ein kleiner Teufel!«

NEUGEBORENE KÄTZCHEN
    MIA-UUUUUUU.
    MIA-UUUUUUU.
    Das dünne Wimmern der neugeborenen Kätzchen klingt, als würde jemand weinen, und es lässt mir keine Ruhe. Dazu ist es auch noch dunkel, die Straßen sind so still und ausgestorben, dass die Klagelaute aus dem Karton Stimmen aus dem Jenseits ähneln. Als würden Gespenster nach mir rufen.
    Aber heute ist ein großer Abend, und nichts kann mich runterziehen. Denn die Nachricht ist einfach der Hammer: PontedeRock hat uns eingeladen zu spielen. Nächste Woche wird Metal Devastation Pontedera in Grund und Boden stampfen!
    Ich hatte sie falsch eingeschätzt, diese Rasta-Typen vom Organisationsteam. Wir müssen italienisch singen, das macht schon einen Unterschied, klar, aber es ist immerhin ein Anfang. Wenn wir erst mal auf der Bühne stehen, gehört das Publikum uns. Und wenn wir uns einen Namen gemacht haben, können wir sowieso spielen, wie und was wir wollen, und dann machen wir verdammt noch mal unser eigenes Ding. Der Weg nach oben ist lang und hart, das sagt auch AC/DC. Und wir wollen nach oben, verdammt noch mal.
    MIA-UUUUUUU.
    MIA-UUUUUUU.
    Diese blöden Kätzchen. Mein Vater hat gleich gesagt, dass zwei Müllcontainer neben dem Laden eine Katastrophe sind. Einer war dringend nötig, aber eben nur einer.
    MIA-UUUUUUU.
    MIA-UUUUUUU.
    Mein Vater redet immer in diesem Ton, der keinen Widerspruch duldet. Er hat mir erklärt, dass es in einem Angelladen so und nicht anders laufen muss: Der Kunde kommt rein und will etwas kaufen, aber vorher stellt er dir Fragen. Wichtige, ganz gezielte Fragen. Zum Beispiel, ob für einen bestimmten Fisch jetzt die richtige Saison ist und ob man ihn besser mit Würmern oder mit Maiskörnern und Polenta fängt. Da kannst du nicht einfach sagen, das ist egal, oder nur mit den Schultern zucken, denn sonst haben einen Monat später die Chinesen den Laden übernommen und verkaufen Synthetikhemden und bunte Lämpchen. Nein, in einem Angelladen musst du klare und präzise Antworten parat haben, da gibt’s nur schwarz und weiß, auch wenn die Angelei eine extrem unberechenbare Angelegenheit ist und ein Achselzucken tatsächlich die ehrlichste Antwort wäre.
    Allerdings muss ich zugeben, dass mein Vater meistens richtigliegt. Auch als die Stadtverwaltung die beiden Müllcontainer neben unserem Laden aufgestellt hat. Ich bin sofort zu ihm gelaufen und hab ihn gefragt, ob er nun zufrieden ist, und er meinte ganz ernst: »Ach, Fiorenzo, einen wollte ich haben, Herrgott noch mal, einen einzigen. Aber die wollten einen auf spendabel machen und haben uns zwei hingestellt, und jetzt haben wir den Mist.«
    Denn in Italien ist ein Müllcontainer ein Müllcontainer, die Leute werfen ihre Müllsäcke rein, und die Sache hat sich. Aber bei zwei Containern hast du an der Stelle im Nu eine Müllkippe, und dann musst du dich auf das Schlimmste gefasst machen. Das befürchtete mein Vater, und ich dachte, das wäre Quatsch. Aber dann ging’s los mit dem ganzen Schrott.
    Fernsehapparate mit zerbrochenem Bildschirm, kaputte Waschmaschinen, Kühlschranktüren, Matratzen und Lattenroste, halbe Kloschüsseln, Kotflügel und so weiter. Die Leute kommen nachts und laden ihren ganzen Krempel ab, manchmal so viel, dass es den Verkehr behindert. Oder es stinkt dermaßen, dass wir das Zeug aufladen und zur Deponie fahren müssen.
    Am schlimmsten aber sind solche Tage wie heute, wenn sie uns neugeborene Kätzchen hinstellen.
    MIA-UUUUUUU.
    MIA-UUUUUUU.
    Am Abend bin ich nicht nach Hause zurück. Ich habe mir eine Lasagne aus der Rosticceria geholt und sie im Laden gegessen. Dann bin ich losgeflitzt, denn um neun beginnt meine Bandprobe.
    Ich trage das passende Outfit: Lederjacke, Nietengürtel und Stiefel, denn Metal ist eine ernste Sache, da kannst du nicht einfach in Sweatshirt und Trainingshose spielen. Aber vorher bin ich noch mit diesem Pappkarton unterm Arm durch die Gassen geschlichen wie ein Dieb.
    Mein Vater überlässt so etwas immer mir. Er sagt, ich bin ein Halbwüchsiger, und wenn sie mich erwischen, drücken sie ein Auge zu, bei ihm dagegen würden sie ein Mordstheater machen. Denn er ist ein gestandener Mann, und einem gestandenen Mann lässt keiner was durchgehen. Außerdem ist er als ehemaliger

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