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Fische füttern - Genovesi, F: Fische füttern - Esche Vive

Fische füttern - Genovesi, F: Fische füttern - Esche Vive

Titel: Fische füttern - Genovesi, F: Fische füttern - Esche Vive Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fabio Genovesi
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hat es gedauert, bis das Büro überhaupt benutzbar war. Aber schneller, sehr viel schneller hast du begriffen, dass dieser Schritt die größte Dummheit deines Lebens war.
    Und jetzt, Ende April, sind deine Freunde aus Berlin hier in der Toskana. Als du erfahren hast, dass sie kommen, war sofort wieder diese Angst da. Die Angst, dass sie dein Dorf sehen wollen, deine Arbeit, dein Leben. Bisher bist du verschont geblieben, weil sie während ihres Aufenthalts ein straffes Programm hatten und Florenz so viele Schönheiten zu bieten hat. Um fünf sperrst du das Büro ab und machst dich auf den Weg zu deinen Freunden. Ponte Vecchio, Piazza della Signoria, kleine Restaurants in alten Backsteingewölben, alles bestens.
    Sie erzählen dir von ihren Jobs, von ihrem Leben zwischen Flughäfen und Konferenzen und ihren Beratertätigkeiten für die Regierung. Für die Regierung, Donnerwetter. Du nickst und spürst, wie es an dir nagt. Du bist nicht neidisch, oh nein, du bist kein neidischer Mensch. Du möchtest nicht an ihrer Stelle sein, sondern ihnen ebenbürtig, wie es eigentlich geplant war. Aber es gelingt dir, diese Gedanken für dich zu behalten, du lächelst tapfer und nickst, und alles ist gut.
    Zumindest bis zu diesem Come on, Tiziana, show us your place . Komm schon, Tiziana, zeig uns, wo du lebst.
    Das haben sie schon in Pisa gesagt, vor dem Schiefen Turm. In Deutschland hast du immer erzählt, du stammst aus der Nähe von Pisa, also kann es bis zu dir nach Hause nicht sehr weit sein, das wissen deine Freunde. Und du kannst es ihnen nicht abschlagen. Komm schon, Tiziana, erfüll uns diesen Wunsch, zeig uns, wo du lebst.
    Na gut, aber du bist um Schadensbegrenzung bemüht. Es ist fast schon dunkel, als du sie zur Jugendinfo bringst, du gehst mit ihnen rein und schwindelst ihnen vor, hier werde gerade umgebaut, um das Büro effizienter zu gestalten. Deswegen sei der Raum so leer, denn die Möbel seien irgendwo untergestellt.
    Du lügst deine Freunde wirklich nicht gern an, und du kannst auch nicht gut lügen. Du wirst ganz nervös und fahrig und lachst so übertrieben laut, dass sich jeder fragt, ob du jetzt lügst oder einfach nur überdreht bist.
    Aber dir bleibt gar keine andere Wahl. Dich in Schweigen zu hüllen, das hast du schon versucht, als ihr durch unsägliche Dörfer nach Muglione gefahren seid. Und dieses Schweigen war tödlich. Endlose kahle, brachliegende Felder, ödes Land, ab und zu ein Streifen armselige Vegetation. Cheryl, die wirklich ein Engel ist, probiert es mit Wonderful, die toskanische Landschaft , aber sie und alle anderen wissen, dass von wonderful wirklich keine Rede sein kann. Eigentlich kann man kaum von Landschaft sprechen. Es sind flache Landstriche ohne irgendetwas, nur Erde und Schlamm und dazwischen faulig riechende Kanäle, hier und da mal ein Baum, eine verwaiste Fabrikhalle und eine am Boden sitzende Nutte, deren Pailletten vor dem dunklen Hintergrund glitzern. Es erscheint dir geradezu absurd, dass es auf der ganzen weiten Welt überhaupt eine so heruntergekommene und trostlose Gegend geben kann. Eine Lüge musste also unbedingt her.
    Als ihr mit der Besichtigung des Büros fertig seid und du den Vorschlag machst, schnell nach Florenz zurückzukehren, um in irgendeiner Trattoria nett zu Abend zu essen, sagt Andreas No, Tiziana, I’m sick of Firenze, can’t we have spaghetti or something at your place? So wie früher. Ein einfaches, warmes Gericht, ganz unter uns. Entsetzlich.
    Am liebsten hättest du Nein gesagt, aber das kannst du nicht. Vielleicht hättest du ihnen ein Betäubungsmittel verabreichen sollen wie in den Agententhrillern, sie nach Florenz zurückfahren und vor ihrem Hotel absetzen. Und danach heimkehren, dir eine neue Telefonnummer zulegen und für immer untertauchen sollen. Aber es war Andreas, der diesen Wunsch geäußert hat, und ihm konntest du noch nie etwas abschlagen.
    Auch nicht den Wunsch zu sehen, wie du wohnst: die drei Zimmer mit Bad und Küche in diesem gottverlassenen Winkel. In der Luft hängt der Geruch des Kanals, der vor dem Haus fließt, und deine Mitbewohnerin ist Raffaella, die mit dir auf dem Gymnasium war und leider auch deine beste italienische Freundin ist.
    Der Kanalgeruch ist penetranter als sonst, aber das bildest du dir vielleicht nur ein. Die Unterhosen und Strümpfe, die zum Trocknen auf der Heizung liegen, sind dagegen keine Einbildung. Raffaella öffnet ihre Zimmertür, und Musik von Renato Zero schallt uns entgegen. Raffaella

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