Fischerkönig
waren, denn keine Frau ließe ihren Mann so herumlaufen. Eine Treppe, die sie nun hinabstiegen, führte zur Liegewiese, rechter Hand befand sich ein winziges rechteckiges Planschbecken, in dem zwei junge Mütter mit ihren Kleinkindern saßen. Hinter einer Hecke entdeckte Lisa das ›Große Becken‹, wie Heiko erläuterte. Es maß wohl 25 Meter in der Länge und vielleicht zehn in der Breite. Etliche Kinder tummelten sich im Wasser, um sie herum paddelten die mehr oder weniger sportlichen Schwimmer. Zwei Bahnen wurden von drei älteren Damen belegt, die hässliche Badekappen trugen, ein Styroporschild auf den Rücken geschnallt hatten und sich strampelnd im Wasser fortbewegten. Sofort verglich Heiko die Frauen mit ertrinkenden Landschildkröten, wurde aber von Lisa mit dem Hinweis, es handele sich um Aqua-Jogging, korrigiert.
Sie wählten einen Platz auf der Liegewiese, der nicht so ›kinderbelastet‹ war, weil er unter hohen Bäumen im Halbschatten lag, und zogen sich um. Während Heiko jedes Mal gleich schwimmen gehen wollte, zog Lisa es vor, sich immer zuerst ein bisschen aufzuwärmen. Und da er ja ein Gentleman war, ließ er sich neben Lisa auf der gemeinsamen Decke nieder. Verhalten streichelte er ihren Rücken, der recht braun gebrannt war. Für eine echte Blondine wurde Lisa ziemlich braun, ihre Haut nahm dann einen sanften Goldton an. Heiko küsste ihren Nacken, und Lisa drehte sich lächelnd zu ihm um. Es war traumhaft schön, hier zu liegen, an diesem Hochsommertag, in der Sonne, in der Nähe einer zwar künstlichen Wasserfläche, trotzdem konnte man sich mit ein wenig Fantasie ausmalen, in südlichen Gefilden zu sein. Lisa zog etwas aus ihrer Badetasche, Heiko erkannte den Schnellhefter, den die Morgnerin ihnen gegeben hatte. Er stöhnte, schon wieder Arbeit, er hatte sich doch mindestens ein, zwei Stunden seine Ruhe gewünscht. Aber natürlich hatte Lisa recht, es war vernünftig, so schnell wie möglich so viele Informationen wie möglich zu sammeln. Lisa schlug geräuschvoll den Ordner auf, und Heiko schloss die Augen. Ein warmer Wind strich durch sein Haar, und er genoss den Moment.
»Sieh dir das an!«, forderte Lisa.
»Lies vor!«, bat Heiko, unwillig, die Augen zu öffnen.
Lisa begann zu lesen: »Herzlich willkommen bei der Agentur Sonnenstrahl, wo auch Sie Ihre Traumpartnerin finden werden. Für jeden Mann gibt es bei uns die richtige Frau, bitte wählen Sie aus unseren zahlreichen Partnervorschlägen und fordern Sie unser unverbindliches Angebot an.« Lisa blätterte die Seite um und lachte dann laut auf. »Das ist unglaublich! Das musst du dir ansehen!« Heiko öffnete nun doch widerstrebend die Augen und rollte sich herum, sodass er direkt neben seiner Freundin zu liegen kam. Und wirklich konnte er kaum glauben, was er da sah. Neben dem Foto einer überaus hübschen, vielleicht 20-jährigen Brasilianerin stand: »Die Brasilianerin. Die Brasilianerin ist von Natur aus sehr temperamentvoll und sinnlich. Gleichzeitig sind diese Frauen auch überaus lebenslustig und liebevoll und können gut tanzen. Eine Brasilianerin bringt Leben in Ihr Heim und wird Ihnen eine fröhliche, immer glückliche Partnerin sein!« Darunter war eine Frau mit kleiner Nase und sehr hellem Teint abgebildet. Dabei stand: »Die Russin. Die Russin ist eine sehr warmherzige Frau, die Ihr Leben mit Freude und Zufriedenheit füllt. Die Russin ist außerdem bemüht, ihrem Mann das Leben so behaglich wir nur irgend möglich zu machen, und akzeptiert seine Entscheidungen. Die Russin hat auch ein besonderes Gespür dafür, ihr Heim geschmackvoll zu dekorieren und ist eine fleißige Hausfrau und liebevolle Mutter.«
Das nächste Bild zeigte eine schwarze Afrikanerin mit kleinen Zöpfen. Heiko las: »Die Afrikanerin. Geheimnisvoll wie die Nacht ist die Afrikanerin. Ihre sinnliche Ausstrahlung verzaubert jeden Mann. Die Afrikanerin ist von Natur aus anschmiegsam und fühlt sich gerne geborgen, genauso, wie sie selbst auch gerne Geborgenheit gibt. Die Afrikanerin verstellt sich nicht und ist immer ehrlich, dabei aber durchaus in der Lage, auf die Wünsche und Bedürfnisse eines Mannes einzugehen.« Heiko schüttelte fassungslos den Kopf. »Weißt du, woran mich das erinnert?«
»Hm?«
»Als Kind hatte ich ein Buch über Hunderassen. Da waren ganz ähnliche Beschreibungen drin.« Lisa nickte. »Ja, genau den Eindruck hatte ich auch.« Sie blätterte weiter und überflog die geschmacklosen Worte über das Wesen der Thailänderin,
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