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Fischerkönig

Fischerkönig

Titel: Fischerkönig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wildis Streng
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Lippen. »Das stimmt, ja. Aber die Frauen haben ja auch etwas davon. Eine gesicherte Existenz. Ein schönes Zuhause. Meist finanziert der Mann sogar die Familie in der Heimat. Außerdem, und da lege ich sehr großen Wert drauf: Sie wissen, worauf sie sich einlassen. Die Frauen werden vor dem ersten Treffen genauestens über den Mann informiert. Ich erstelle sogar nach meinem Eindruck ein Charakterprofil, das ich den Frauen vorlege.« Lisa nickte nachdenklich. »Gibt es solche Profile auch von Ihren Damen?«, fragte Heiko weiter. Die Frau bejahte. »Das machen die Mitarbeiter vor Ort. Sicherlich wollen Sie das Profil von Frau Siegler?«
    »Wir bitten darum.«
    Die Frau seufzte und ergab sich. Tasten klickten, dann surrte der Drucker. »Unter einer Bedingung: Frau Siegler darf hiervon nichts erfahren.«
    »Selbstverständlich!«, versicherte Lisa und nahm das Blatt aus der mittlerweile ausgestreckten Hand. »Und das von Herrn Siegler hätten wir auch gern.«
    »Können Sie persönlich sich auch an Frau Siegler erinnern?«, meldete sich nun wieder Heiko zu Wort. Frau Blumenstock musterte noch einmal den Bildschirm, wo offenbar ein Foto von der jungen Frau flimmerte. »Dunkel, ja. Eine für ihr Alter ausnehmend reife junge Frau. Freundlich und aufgeschlossen. Und eine wunderschöne Braut.« Sie drehte den Bildschirm und zeigte ein Hochzeitsfoto der Sieglers, auf dem die tatsächlich modelhafte Irina den schmalen Siegler um einen halben Kopf überragte.
    »Hatten Sie den Eindruck, Frau Siegler sei glücklich?«
    »Ich denke, das hängt grundsätzlich sehr vom Mann ab. Bei dieser Art der Eheschließung kennt sich das Paar erst seit ein paar Wochen oder Monaten. Da kann es schon mal sein, dass ein Mann seine schlechten Eigenschaften verbirgt. Aber wie ich Ihnen schon erklärt habe: Es haben alle was davon.«

    Heiko und Lisa machten einen Zwischenstopp im Fröber. Der Fröber war eines der wenigen Cafés und Restaurants im Stadtzentrum Kirchbergs, wenn man hier überhaupt von einem Zentrum reden konnte. Kirchberg war nett, schnuckelig, aber vor allem klein. Und da war der Herr Fröber, ein älterer Hesse mit Kurzhaarschnitt, eben der unangefochtene Gastwirt im Ort. Vor kurzer Zeit hatte er sein Café, das drei Häuser weiter gelegen war, aufgegeben und konzentrierte sich fortan auf das Restaurant, wo es aber immer noch ganz hervorragenden Kuchen und leckeres Eis gab. Mit Blick auf den historischen Torturm aus dem 14. Jahrhundert verzehrte Heiko einen Eisbecher namens ›Kirchberger Überraschung‹, und Lisa schlürfte einen Eiskaffee. Für einige Minuten saßen sie nur schweigend da und taten überhaupt nichts. Es war ein schwüler Sommertag, und der Himmel war von Schleierwolken bedeckt. Trotzdem war es warm, der Hohenloher würde sagen ›bollawarm‹, und die leise Ahnung eines Gewitters lag in der Luft. Lisa hatte schon einige der für diese Gegend heftigen Gewitter erlebt und sie irgendwie lieben gelernt. »Zeig mal das Blatt«, forderte sie und wartete, bis Heiko das gefaltete Papier herausgezogen und auf dem Tisch ausgebreitet hatte. Sie setzte sich so, dass sie beide lesen konnten, und rückte damit näher zu Heiko. Heiko schnupperte. Sie trug dieses vanillige Parfüm, das sie gerne im Sommer auflegte. Er hauchte einen kleinen Kuss auf ihre Wange, was seiner Freundin ein Lächeln entlockte. Einige Schwalben flogen tief vorbei und stießen ihre charakteristischen Rufe aus, die von den alten Mauern der umliegenden Gebäude, einer Sparkasse und kleinen Läden, widerhallten. Man spürte die Hitze des Sommers. Der leckere Eisbecher mit Früchten und Erdbeersoße. Und Lisa war da, bekleidet mit hellen Jeans und einem hellroten, tief dekolletierten Top, wie aus den 90er-Jahren hergebeamt, aus ihrer beider Jugend. Und in diesem Moment war alles perfekt. Eine entzückende Steilfalte bildete sich zwischen Lisas Augen, während sie das Blatt eingehend studierte. »Siehst du, hier steht das Charakterprofil.« Sie deutete auf eine Stelle auf dem Blatt. »Lies vor.«
    »Frau Iwanowa ist ausnehmend begabt. Sie hat das Abitur und spricht fünf Sprachen fließend. Irina Iwanowa ist überaus intelligent und vielseitig interessiert. Beispielsweise zeichnet sie gerne und liest viel. Frau Iwanowa möchte sehr gerne einmal Kinder, am liebsten erst ein Mädchen. Sie freut sich auf Deutschland und auf die vielen Möglichkeiten, die ihr hier geboten werden. Gerne würde sie sich mit einem deutschen, auch älteren Herrn zusammentun, der ihr

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