Fischerkönig
Mittfünfzigerin in blauem Kostüm und weißer Bluse erschien. Ihr rundes Gesicht war freundlich, strahlte jedoch auch einen gewissen Geschäftssinn aus. Ihr Haar war dunkel gefärbt und zu einer akkuraten Bobfrisur geschnitten. »Wie kann ich Ihnen helfen?«, fragte sie und betrachtete erst Heiko, dann Lisa. Sie war wohl paarweises Aufkreuzen in ihrer Institution nicht gewohnt.
»Grüß Gott, Frau …«
»… Blumenstock.«
»Ja, Frau Blumenstock. Luft und Wüst. Wir sind von der Polizei. Es geht um einen Ihrer Kunden. Walter Siegler.« Das Lächeln der Frau blieb, aber gefror zu einer Grimasse. »Bedaure«, meinte sie frostig, »Sie können sich denken, dass in meinem Gewerbe Diskretion das A und O ist.«
»Herr Siegler ist tot«, versuchte Lisa, aber die Frau fiel nicht darauf herein.
»Würde ich ihn kennen, täte mir das leid«, erklärte sie.
»Hören Sie, Frau Blumenstock«, machte Heiko weiter und setzte ein sehr ernstes Gesicht auf, zusätzlich zog er die Augenbrauen tadelnd zusammen, »schließlich geht es um Ihren guten Ruf.« Die Frau erlaubte sich ein leichtes Schnauben. »Wieso das denn!«
»Die Leute tratschen schon rum, dass Ihre … nun, die von Ihnen vermittelte Ehefrau, einen Auftragskiller angeheuert hätte. Wenn das Kreise zöge, würde sich das doch sicherlich nicht allzu positiv auf Ihren Leumund auswirken. Meinen Sie nicht auch?«
Nun nagte die Frau an ihrer Unterlippe, was einen pinkfarbenen Lippenstiftabdruck auf ihrem Schneidezahn hinterließ. Seufzend sah sie sich um und trat dann ergeben beiseite. Die beiden Kommissare folgten der Frau ins Büro, wo sie ihnen – wohl aus purer Gewohnheit – einen Kaffee richtete. Lisa sah sich um. Der Raum war geschmackvoll eingerichtet, aber bewusst heimelig gestaltet. Auf dem Tisch stand ein prachtvolles Blumenbouquet, an der Wand hing ein gerahmter Kunstdruck des ›Kusses‹ von Gustav Klimt. Die Stühle waren weich gepolstert, beinah hätte man der Illusion erliegen können, man säße in einem Wohnzimmer, wäre da nicht der gewaltige cremefarbene Schreibtisch mit einem kleinen, aber augenscheinlich sehr leistungsfähigen und hochmodernen Rechner gewesen, der den Raum dominierte. An der Wand stand ein dezentes Regal, in dem diverse Ordner und Fotoalben aufgereiht waren. Frau Blumenstock wies mit einer matten Handbewegung auf die beiden Stühle und hackte dann mit langen, rosafarbenen Fingernägeln auf die Tastatur des Rechners ein. »Walter Siegler«, murmelte sie und ihre Augen huschten über den Bildschirm, als läse sie einen Eintrag. »Walter Siegler war einer unserer Kunden. Wir haben ihm Frau Irina Iwanowa vermittelt.« Lisa entging nicht, dass die Frau im Plural sprach, obwohl sie ganz offensichtlich die einzige Mitarbeiterin ihrer eigenen Firma war. »Vor knapp vier Jahren.« Dann lehnte sie sich zurück und faltete die Hände. Sie schien die Informationen nicht ungefragt preisgeben zu wollen.
»Darf ich Ihnen eine … etwas unorthodoxe Frage stellen?«, begann Lisa.
Die Frau zuckte die Schultern. »Bitte.«
»Ist es nicht so, dass viele Frauen mit Migrationshintergrund einen Mann suchen, mit dem sie drei Jahre zusammen sein können, um sich anschließend wieder scheiden zu lassen, weil sie dann ja die deutsche Staatsbürgerschaft haben?« Heiko grinste innerlich. Ach ja, der Migrationshintergrund. Frau Blumenstock zog die gezupften Augenbrauen hoch. »Das soll es geben, ja. Wir bemühen uns allerdings, solche schwarzen Schafe von vorneherein auszusondern. Ich vermittle hier keine Prostituierten und bin auch keine Asylbehörde. Ich arrangiere Ehen und mache Menschen glücklich.«
»Ich wollte Ihnen nicht zu nahe treten«, beschwichtigte Lisa. »Nur ist es eben oft so, dass die Herren doch deutlich älter als die vermittelten Damen sind!«
»In anderen Kulturkreisen ist so eine Vorgehensweise durchaus die Regel. Ehen werden arrangiert, auch zwischen verschieden alten Partnern. Und wissen Sie was? In solchen Ländern ist die Scheidungsrate deutlich niedriger als bei uns, wo scheinbar jeder die freie Auswahl hat.« Lisa lächelte. Diese Diskussion zu führen, wäre sicherlich fruchtlos, da die Agenturchefin sie bestimmt schon hundertmal bestritten hatte. »Ich wollte Ihnen kein unmoralisches Handeln unterstellen«, versicherte sie noch einmal. »Nur ist es doch so, dass …«, sie suchte nach den passenden Worten, »dass Ihre Kunden in Deutschland wohl kaum an eine so schöne Frau geraten wären.« Die Chefin schürzte die
Weitere Kostenlose Bücher