Fischerkönig
nachlässig. Gekonnt bereitete er nun den Fisch vor, säuberte ihn, beträufelte ihn mit etwas Zitrone und salzte zum Schluss fachmännisch. Dann legte er ihn vorsichtig in die Pfanne. Nur eine Sekunde später hüpfte Lisa kreischend durch die Küche, weil der Fisch nämlich nicht wie erwartet in der Pfanne liegen geblieben, sondern wild zappelnd herausgesprungen war. »Lebt der noch?«, schrie Lisa panisch. Heiko grinste. »Nein, keine Angst. Das sind nur die Nerven«, beruhigte er sie und beförderte den Fisch zurück in das heiße Fett.
Zehn Minuten später saßen die beiden auf dem Balkon und aßen den frischen Fisch. Heiko hatte im Brotkasten noch etwas Baguette gefunden und eine Zitrone aufgeschnitten. Und tatsächlich musste Lisa zugeben, dass so eine frische Schleie schon was Leckeres war, auch, wenn der Tatsache, dass das Fischlein vor zwei Stunden noch in der Jagst geschwommen war, eine gewisse Tragik innewohnte. Während Heiko Sita ein, zwei Bissen zuwarf, legte Lisa etwas für ihren Kater beiseite, um den sie sich später noch besonders hingebungsvoll würde kümmern müssen, um bei der roten Katze nicht in Ungnade zu fallen. Heiko hatte eine Flasche Weißwein geöffnet, von der Lisa ein winzig kleines Glas trank, denn schließlich musste sie ja noch nach Hause fahren.
»Also war es Hintermann?«, schlug sie plötzlich vor und unterbrach damit Heikos Garnichtstun und Zufriedensein. Ihr Freund blickte unwillig auf.
»Hm?«
»Der Fall. Denkst du, es war Hintermann?«
»Möglich«, versetzte Heiko und nippte am Wein. »Allerdings finde ich das Ganze schon verdächtig einfach.«
Lisa stimmte zu. »Ja. Es könnte auch eine falsche Fährte sein.«
»Das werden wir spätestens morgen herausfinden«, erklärte Heiko und beugte sich zu Lisa, um ihr einen, diesmal nicht nur nachlässigen, Kuss zu geben.
Dienstag, 12. August 2014
Die Türglocke läutete, und sie erinnerte Heiko an ein altes Telefon. Das passte so gar nicht zum sonst so schmucken Haus der Familie Hintermann. Da hätte man eher einen wohlklingenden Gong erwartet und weniger ein durchdringendes Schellen. Die beiden Kommissare waren extra früh aufgebrochen, um den Mann noch vor der Arbeit zu erwischen. Es war schon grenzwertig gewesen, dass sie die eine Nacht gewartet hatten. Aber Hintermann konnte nicht ahnen, dass sie ihn verdächtigten, Heiko war nicht einmal vor Waller eine Bemerkung entschlüpft. Ein Mann, der kaum Hintermann sein konnte, kam zur Tür geschlurft und öffnete sie einen Spaltbreit. Er musterte Heiko und Lisa eingehend und sagte dann: »Wir sind evangelisch!« Heiko grinste trotz der Situation. »Wir auch«, erklärte er und zückte seinen Polizeiausweis. Man konnte zusehen, wie aus dem Gesicht des Jugendlichen, der mit einer leichten Akne auf Wangen und Hals zu kämpfen hatte und dessen dunkelblondes Haar fettig glänzte, alle Farbe wich und er so weiß wurde wie die getünchte Hauswand. »Ja?«, brachte er mühsam krächzend hervor.
»Ist dein Vater zu Hause?«
Der Junge öffnete die Tür ganz und ging voraus.
»Vatter?«, rief er und lief Richtung Küche. »Polizei!«
Als die Beamten den Raum betraten, saß Hintermann am Tisch und war mit einem Marmeladenbrot, in Hohenlohe Xälzbrot genannt, beschäftigt. »Guten Morgen, Herr Hintermann«, grüßte Heiko.
Hintermann nickte und winkte seinem Jungen, zu verschwinden. »Um was geht’s?«, fragte er unwirsch. »Sie kommen sehr ungeschickt, ich muss gleich ins Gschäft!«
»Leben Sie allein?«, fragte Lisa, der aufgefallen war, dass die Dame des Hauses anscheinend fehlte. Sie ließ ihren Blick durch den Raum wandern und fand ihn allerdings recht ordentlich. »Meine Frau musste zur Frühschicht«, erläuterte Hintermann und wies endlich auf die freien Stühle. Die Kommissare setzten sich. »Um was geht es denn nun?«, fragte Hintermann noch einmal. Heiko zog das Tütchen mit dem Beweisstück aus seiner Tasche. »Darum«, meinte er und legte den Anhänger neben das Xälzglas auf den Küchentisch. »Besitzen Sie einen solchen Anhänger, Herr Hintermann?« Hintermann erbleichte und nahm eine ähnliche Farbe an wie zuvor sein Sohn. »Ja. Aber das wissen Sie ja sicherlich bereits, denn sonst wären Sie nicht hier, gell?« Peinliches Schweigen entstand. »Würden Sie uns Ihren Anhänger bitte zeigen?«, bat Lisa. Hintermann stand auf und kramte in seiner Hosentasche. Er förderte endlich einen riesenhaften Schlüsselbund zutage und suchte lange. Dabei klimperten die
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