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Fischerkönig

Fischerkönig

Titel: Fischerkönig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wildis Streng
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»Waller.«

    Otto Wallers Frau führte die beiden Kommissare in den Garten der Familie, wo ihr Mann, ein blutiges Messer schwingend, gerade zwei große Schleien ausnahm. Sorgsam hatte er die Schwimmblasen zur Seite gelegt, während er die schleimigen Gedärme in einen aufgestellten Eimer fallen ließ. Er bemerkte die Besucher erst, als Heiko sich räusperte. Waller drehte sich um und wischte sich die blutige Hand an seiner Arbeitsschürze ab, reichte sie aber auch nicht zur Begrüßung, worüber vor allem Lisa sehr froh war. Sie vermied es, den Abfall in dem Kübel anzusehen, und konzentrierte sich lieber auf den Mann selbst. »Ah, die beiden Kommissare!«, tönte Waller und setzte sein schönstes Lächeln auf, wobei sich die Enden seines prachtvollen Schnurrbartes deutlich nach oben verzogen. »Und? Gibt es schon was Neues?« Heiko besah sich die Fische und lobte die Größe der Schleien. »Ja, gell, vor einer Stunde waren die noch in der Jagst. Und quicklebendig.« Lisa taten die Viecher leid, während ihr Freund überlegte, wie sie wohl schmecken würden, in Butter gebraten und mit Zitrone. »Sagen Sie, Herr Waller, wir haben da einen Anhaltspunkt. Am Tatort wurde nämlich etwas gefunden.« Wallers Augen weiteten sich. »Tatsächlich. Und was?« Heiko betrachtete wieder die frischen Schleien.
    »Eines dieser … Blinkerfischchen? So heißen die Dinger doch, nicht?«, erklärte Lisa. Heiko bestätigte. »Ah, das haben wohl alle Angler«, meinte Waller und wirkte richtiggehend enttäuscht.
    »Ja, aber das war so ein Schlüsselanhänger. So ein Dekoding«, präzisierte Heiko. Waller erstarrte.
    »Sie meinen … ach so, ich verstehe, und …«
    »Wir wissen, dass Sie auch so einen Anhänger haben, Herr Waller.«
    Waller nickte eifrig. »Ja, das stimmt. Aber ich bin nicht der Mörder.«
    Lisa lächelte beschwichtigend. »Am einfachsten wäre es, Sie würden uns Ihren Anhänger zeigen. Dann wüssten wir ja, dass Sie nicht der Mörder sein können.« Waller nickte langsam, dann rief er nach seiner Frau. »Gerda!«
    Die Gerufene erschien nach kurzer Wartezeit. »Ja?«
    »Kannst du bitte kurz meinen Schlüsselbund holen?« Sie zuckte die Achseln und verschwand. Kurze Zeit später kehrte sie wirklich mit einem enormen Schlüsselbund zurück, an dem tatsächlich einer dieser Schlüsselanhänger baumelte, allerdings ein blauer. »Wo haben Sie diesen Anhänger denn her?«, forschte Lisa. Die Frau wirkte total perplex. »Vom Internet. Von so einer Jungdesignerseite. Buymy heißt die, glaube ich. Wieso? Sind wir jetzt verdächtig?« Heiko und Lisa wechselten einen Blick. »Im Gegenteil. Dass Sie den Anhänger noch haben, bedeutet ja, dass Sie ihn nicht verloren haben können. Machen Sie sich keine Gedanken.« Man konnte den Stein, der dem älteren Ehepaar vom Herzen fiel, geradezu sehen. »Also dann. Prima. Das freut uns«, bemerkte der Vorsitzende. Heiko und Lisa wandten sich zum Gehen. »Ach, wollt ihr vielleicht eine Schleie haben? Eigentlich essen wir immer nur eine und die anderen frieren wir ein, aber dann sind sie nicht mehr so gut«, bot die Frau spontan an. Waller nickte eifrig. »Ja, das ist ganz was Feines.« Lisa wollte schon abwehrend die Hände heben, aber Heiko nahm gerne an.

    Eine halbe Stunde später stiegen sie aus dem Auto. Lisa hatte nicht nur den in Zeitungspapier gewickelten Fisch während der Fahrt auf dem Schoß gehabt, sondern auch noch ein Büschel Löwenzahn vom Straßenrand für den Hasen. Nun untersuchte sie ihre Jeans akribisch nach Flecken, konnte jedoch nichts finden und schien zufrieden. Heiko öffnete die Haustür, und gemeinsam stiegen sie in den zweiten Stock hinauf. Durch die Wohnungstür hörten sie schon anklagendes Winseln. Heute waren Sita und Alfred lange allein gewesen. Für solche Fälle hatte die Nachbarsfrau den Schlüssel, um nachmittags wenigstens kurz nach den Tieren zu sehen. Aber toll war das trotzdem nicht. Heiko schloss die Tür auf und wurde von dem sich vor Freude überschlagenden Rauhaardackel geradezu überfallen. Heiko tätschelte den Hundekopf und ging, um die Futterschüssel zu befüllen, während Lisa den schon am Käfig emporkletternden Hasen mit dem Löwenzahn versorgte. Heiko ging inzwischen in die Küche und warf die gusseiserne Pfanne an. Als sie angemessen heiß war, ließ er einen ordentlichen Bollen Butter hineingleiten und sah zu, wie das Fett schaumig wurde und appetitlich dampfte. Lisa trat hinter ihn und umarmte ihn. Er lächelte und küsste sie

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