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Fischerkönig

Fischerkönig

Titel: Fischerkönig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wildis Streng
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linken Hand, um sie zu verscheuchen, während seine rechte schon zur Maus wanderte.

    Die ganze Sache gestaltete sich viel einfacher, als sie erwartet hatten. Denn kaum waren sie zurück im Büro, steckte Simon den Kopf zur Tür herein und vermeldete, dass der junge Hintermann da sei und sie zu sprechen wünsche. Er trat beiseite und ließ den Jungen durch. Der Kerl sah aus, als hätte er geheult, was er aber sichtlich zu verbergen suchte. Er hatte die Hände so tief in den Hosentaschen vergraben, dass seine gürtellosen Jeans halb heruntergezogen waren und grünkarierte Boxershorts zum Vorschein kamen. Lisa nahm den Jungen am Arm und führte ihn mit sanfter Gewalt zum Besucherstuhl, wo er sich setzte. Heiko fixierte den jungen Mann mit einer Mischung aus Neugier und Mitleid. »Du hast uns was zu sagen?« Der junge Hintermann nickte. »Und was?« Hintermann junior räusperte sich. »Mein Vater war es nicht.« Lisa und Heiko wechselten einen Blick. Das konnte im Regelfall nur eines bedeuten. »Und wer war es dann?«, fragte Lisa so sanft wie möglich. Der Junge stieß die Luft aus, laut und pfeifend. Offenbar Raucher. Heiko hielt ihm die Kippenschachtel hin, und tatsächlich nahm er sich eine und ließ sich vom Kommissar Feuer geben. Lisa sandte ihm einen tadelnden Blick, aber Heiko senkte beschwichtigend die Lider. Der Junge brauchte das jetzt. Er zückte ein Feuerzeug und benötigte mehrere Anläufe, um die Zigarette zu entzünden. Dann rauchte er einige Züge mit fahrigen Bewegungen, ehe er weitersprach: »Der Vatter denkt, dass ich es war.«
    »Und, warst du es?«, fragte Lisa, die beschlossen hatte, dass es in dieser Situation kontraproduktiv gewesen wäre, den jungen Mann zu siezen. In Hohenlohe wurden alle unter 35 sowieso geduzt. Die meisten darüber auch. Bernd schüttelte heftig den Kopf, sodass seine fettigen Haarsträhnen hin und her schlenkerten. »Und wie kommt dein Vater darauf, dass du es gewesen sein könntest?« Wieder ein Zug. Dann die zögerliche Antwort: »Ihr habt doch diesen Anhänger gefunden. Und ich hab mir schon ein-, zweimal dem Vatter sein Auto ausgeliehen. Die Mutter hat ihr eigenes. Und da war für den Vatter wohl die Sache klar.« Lisa betrachtete den Jungen prüfend. »Das ist für mich nicht ganz nachvollziehbar. Was glaubt denn dein Vater, welches Motiv du haben könntest?« Der Junge druckste herum, wurde aber von Heiko mit einem scharfen Blick bedacht und erzählte dann: »Mit 16 hab ich mir ein Moped gekauft. Und da haben wir ein bisschen dran rumgeschraubt.«
    »Wer, wir ?«
    »Na, meine Kumpels und ich.«
    »Hm. Na und?« Heiko fand diese Sünde eher lässlich, hatte er doch in seiner Jugend genau das Gleiche gemacht. Eine beliebte Methode war, den Motor aufzubohren. Das brachte mindestens 10 km/h obendrauf.
    »Und der Siegler hat uns damals an die Bullen verpfiffen. Äh, an die Polizei, meine ich.«
    »Woher wusste denn der Siegler, dass ihr die Mopeds frisiert habt?«
    »Ich bin damit zum Jugendfischen gefahren, und das hat er dann wohl irgendwie gespannt.«
    »Ja und dann?«
    »Naja, deshalb hab ich noch keinen Führerschein mit meinen fast 19 Jahren, weil ich noch gesperrt bin.«
    »Und das kotzt dich natürlich an«, vermutete Heiko. Er wusste selbst noch, wie wichtig es damals gewesen war, am Tag des 18. Geburtstags den Führerschein abzuholen. Gesellschaftlich wichtig sozusagen. Entsprechend desaströs musste es sein, mit 19 noch keinen Führerschein zu haben, ihn nicht einmal in Aussicht zu haben. Statt einer Antwort zog Bernd zum letzten Mal an der Kippe, um sie dann akribisch im Aschenbecher, den Heiko ihm zuschob, auszudrücken.
    »Natürlich hatte ich einen Hass auf den Kerl, und das hab ich meinem Vater auch gesagt.«
    »Und dein Vater denkt also jetzt, dass du es warst, und will dich beschützen«, stellte Heiko fest. Der Bursche zuckte die Achseln, und Heiko zollte ihm innerlich Respekt. Es wäre natürlich mies gewesen, den eigenen Vater unschuldig im Knast schmoren zu lassen, aber tatsächlich aufs Revier zu marschieren und sich womöglich zum Hauptverdächtigen zu machen, kostete schon Überwindung, vor allem in dem Alter. Heiko klopfte dem Jungen anerkennend auf die Schulter. »Du bist schon in Ordnung, Kerle«, murmelte er und nickte dazu. »Aber wie kannst du so sicher sein, dass dein Vater nicht trotzdem … du weißt schon.«
    »Mein Vater war an dem Abend bei einem Kollegen in Rudolfsberg. Die ganze Zeit. Die rennen da im Wald rum und fällen

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