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Fischerkönig

Fischerkönig

Titel: Fischerkönig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wildis Streng
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Bäume.«
    »Und wo warst du?«
    »Ich war bei einem Kumpel zu Hause. Wir haben ein bisschen gesoffen.«
    Lisas Blick schweifte zu den Orchideen, die teilweise im Aufblühen begriffen waren. »Und wieso ist das ein Geheimnis?« Der Junge wand sich und sagte endlich: »Mein Vater ist nicht so scharf darauf, dass ich mit denen abhänge. Der eine betreibt ein kleines Gewerbe nebenher.« Heiko sagte nichts und blickte nur weiter auffordernd.
    »Ich denke nicht, dass das der Polizei entgangen ist«, stellte er endlich fest, als nichts weiter kam.
    »Du meinst den Richie?« Richie war seit zehn Jahren der Haschdealer der Crailsheimer Jugend, und natürlich wurde er ab und zu kontrolliert, verschwand auch immer mal wieder für ein, zwei Jahre hinter Gitter, um dann genauso weiterzumachen wie vorher. Die Polizei war immerhin froh, dass er offenbar das Monopol hatte und dass die Crailsheimer ›Drogenszene‹ dadurch wenigstens einfach zu überwachen war. »Das kann ich mir vorstellen, dass da dein Vater nicht begeistert ist.«
    »Ja, deshalb hab ich auch nicht näher erklärt, wo ich hingehe.«
    »Lass aber die Finger von dem Scheißzeug«, riet Heiko und hob mahnend den Zeigefinger. Der Junge murmelte, er habe nur mal probiert und sei wieder davon abgekommen, und Richie sei wirklich nur ein guter Kumpel, was Heiko ihm sogar irgendwie abkaufte. Er wählte ganz kurz bei dem stadtbekannten Dealer an und fragte ihn, was er denn so am Samstagabend gemacht hätte. Der junge Hintermann schluckte und wartete nervös auf die Antwort. Heiko schien schließlich zufrieden zu sein und legte auf. »Der Richie hat dein Alibi bestätigt. Du kannst also gehen.«
    »Und der Vatter?«
    »Der noch nicht, immerhin muss noch geklärt werden, wie der Anhänger an den Tatort gekommen ist. Und du kannst ja auch nicht wirklich wissen, dass er den ganzen Abend mit jemandem zusammen war. Aber sagen wir mal, dein Vater hat jetzt eine reelle Chance, aus der Sache unbeschadet herauszukommen, vorausgesetzt, dass er unschuldig ist.«

    Nach einigen Minuten holten sie sich Hintermann erneut zum Verhör und erklärten ihm, dass sein Sohn es nicht gewesen sein könne, worauf der Verdächtige sein Geständnis umgehend und hochoffiziell widerrief und erklärte, er hätte zwar nicht explizit auf den Anhänger geachtet, es könnte aber durchaus sein, dass er ihn schon vor längerer Zeit verloren hätte. Außerdem sei er an dem Abend tatsächlich bei seinem Kumpel in Rudolfsberg gewesen, um Bäume zu fällen und sich anschließend einen hinter die Binde zu gießen, deshalb sei er auch gleich mit dem Taxi gefahren und hätte das Auto daheim beim Sohnemann gelassen.

    Der Kumpel von Hintermann, ein Mann namens Rolf Glockner, ging nicht ans Telefon, also mussten Lisa und Heiko nach Rudolfsberg fahren, um das Alibi des neuen Fischerkönigs zu überprüfen. Rudolfsberg lag in Richtung Mariäkappel etwa fünf Kilometer von Crailsheim entfernt. Weil es etwas höher lag als der Rest der Umgebung, konnten die Temperaturen hier im Winter schon mal unter minus 20 Grad fallen, und es gab auch den einzigen Skilift weit und breit. Jetzt im Spätsommer konnte man sich natürlich nur schwer vorstellen, dass hier im Winter begeisterte Skifahrer den kleinen Hang hinunterfuhren. Rudolfsberg bestand im Wesentlichen aus einer langen Hauptstraße, von der zwei Seitenstraßen abzweigten. Nur etwa 100 Menschen wohnten hier. Einer der kleinen Orte, die in Lisas Heimat schlichtweg nicht existent waren. In einem so kleinen Dorf hielt man zusammen, in jeder Hinsicht. Hintermanns Alibi, ein Mann namens Rolf Glockner, wohnte am Ortsende in einem relativ großen Haus. Ortsende bedeutete in Rudolfsberg gleichzeitig auch immer Waldrand, denn das kleine Dorf war in jeder Richtung von kleinen und größeren Wäldchen umschlossen.

    Sie parkten den Wagen vor dem letzten Haus des Ortes, natürlich zum Waldrand hin. Eine kleine, alte Frau, die Mutter des Alibis, öffnete ihnen und erklärte, der Rolf sei nicht da, er sei im Wald zum Holzmachen. Und sie schickte sie in die richtige Richtung, heute sei der Rolf nur etwa 500 Meter weg von daheim.

    Heiko und Lisa betraten wenig später den Wald, und sogleich umfing sie einerseits die Stille des Waldes, andererseits ein dezenter Lärmpegel, der von diversen Vogelstimmen und dem Knacken des Unterholzes herrührte. Ein betörender Duft stieg vom Waldboden auf und schwängerte die Luft. Die Sonne tanzte durch die Äste und sprenkelte den Boden in Gold-

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