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Fischerkönig

Fischerkönig

Titel: Fischerkönig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wildis Streng
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Kopf. »Na, jedenfalls«, machte Lisa weiter und wirkte versöhnt, »du hast tatsächlich nicht unrecht, den Siegler stelle ich mir auch nicht unbedingt als hingebungsvollen Papi vor.«
    »Das ist also eher nicht der Grund. Was ist dann der Grund?«, überlegte Heiko weiter.
    »Dass sie mit ihm zusammengeblieben ist?«
    »Geld?«, schlug Heiko vor.
    Lisa schnaubte. »Geld spielt sicherlich bei vielen Frauen eine Rolle. Trotzdem denke ich, dass Irina eigentlich lieber studiert hätte und es mit einem integeren Mann durchaus ausgehalten hätte. Für so berechnend halte ich sie nicht.«
    »Du magst sie?«
    Lisa nahm einen Schluck Eiskaffee. »Sie tut mir leid«, berichtigte sie. Heiko nickte. Er wusste, was Lisa meinte. So was war nicht einfach.
    »Wir müssen auch an das Geschenk für den Simon denken«, erinnerte Lisa und wechselte damit das Thema.
    »Geschenk? Was für ein Geschenk?«
    »Na, wir sind doch morgen zum Barbecue eingeladen. Da bekommen wir doch endlich mal seine Freundin zu sehen.«
    Stimmt, das Barbecue. Das hatte Heiko fast vergessen.
    »Also, woran hast du gedacht?«
    »Hm?«
    »Naja, was sollen wir morgen mitbringen? Es wäre gut, wenn wir das heute noch besorgen würden.«
    »Ähm … eine Flasche Wein?«
    Lisa verdrehte die Augen. »Wie ungemein einfallsreich«, spottete sie.
    »Pralinen?«, machte Heiko einen zweiten Versuch.
    »Schon besser, aber nicht gut«, befand Lisa. »Wie wäre es mit einer Weinkaraffe? Simon trinkt doch Wein, oder? Mit zwei passenden Gläsern ist das doch ein schönes Geschenk! Das symbolisiert dann, dass die beiden fest zusammen sind, dass sie kultivierte Genießer sind, und außerdem ermöglicht es ihnen eine stilvolle Unterstreichung jedes Abendessens«, referierte Lisa. Heiko nickte langsam. Unglaublich, was die Weiber alles in ein Weinglas hineininterpretieren konnten. Seiner Meinung nach hätte die WeinFLASCHE den gleichen Zweck erfüllt. Aber er würde sich hüten, einen Streit anzufangen. »Aber zurück zum Fall. Was machen wir als Nächstes?«
    »Hm«, meinte Lisa. »Als Nächstes sollten wir uns diesen Vizefischerkönig vornehmen, meinst du nicht?«
    Heiko nickte heftig. »An den habe ich auch gedacht. Der kommt mir wie ein echt heißer Kandidat vor.«
    »Na, ich weiß nicht, aktuell tappen wir doch ziemlich im Dunkeln.«
    »Erinnerst du dich noch an die Hasenzüchter? Bei denen war das doch auch total wichtig, wer den schönsten Hasen hat«, gab Heiko zu bedenken. Lisa grinste. »Naja, dafür würde ja immerhin sprechen, dass der arme Mann mit dieser Kette erdrosselt wurde«, meinte sie.
    »Siehsch«, machte Heiko. »Also. Auf nach Drääschbi.«

    Es läutete an der Tür. Irina legte die Zeitschrift zur Seite, in der sie soeben geblättert hatte, und fragte sich, ob das wieder einer dieser heuchlerischen Kondolenzbesuche von Dorfbewohnern war, die sie zu Lebzeiten ihres Mannes keines Blickes gewürdigt hatten. Zudem hegte sie den Verdacht, dass die Leute nur nachschauen wollten, ob sie auch angemessen verheult war und ob sie Schwarz trug. Aber da würde sie die Bagage wieder einmal enttäuschen müssen. Weder war sie besonders traurig, noch würde sie an irgendeinem Tag außer dem der Beerdigung selbst Schwarz tragen. Sie hatte ihren Mann nicht geliebt, und er sie auch nicht. Er hatte sie benutzt und vorgezeigt wie ein besonders edles Pferd. Kein Wunder, dass Alexander einen solchen Hass auf ihn gehabt hatte. Sie konnte es ihm nicht verdenken. Wieder läutete es, diesmal scheinbar durchdringender, und sie fuhr aus ihren Gedanken hoch. Sie sollte zur Tür. Sie straffte sich und versuchte, eine freundlich-trauernde Miene aufzusetzen, um es sich mit den Dörflern nicht völlig zu verderben. Denn immerhin würden sie vorerst hier wohnen bleiben, wie es aussah. Vorausgesetzt, die alte Hexe würde keine Intrigen spinnen und der Polizei erzählen, sie hätte den Mord in Auftrag gegeben. Oder ihr fiele noch eine bessere Lösung für sich und die Kleine ein. Sie ging zur Tür und öffnete mit einem verhaltenen Lächeln, das sofort wieder auf ihren Lippen erstarb, als sie den Besucher erkannte. Es war der alte Sackler. Ihr Gesichtsausdruck gefror zu einer eisigen Maske, während auf Sacklers Visage ein glückliches und richtiggehend überirdisches Strahlen erschien. Sie bemerkte, dass er den Versuch unternommen hatte, sich herauszuputzen. Er trug einen schlecht sitzenden blauen Anzug mit unpassender Krawatte. Und er hielt einen Rosenstrauß in der Hand. »Mein Beileid,

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