Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fischerkönig

Fischerkönig

Titel: Fischerkönig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wildis Streng
Vom Netzwerk:
frequentiert. Trotzdem gab es einen Imbiss, der Pommes und Eis verkaufte. Lisa schleckte an einem Himbi, dem Klassiker aus den Achtzigern, den es am Degenbachseekiosk immer noch beziehungsweise wieder gab. Sofort fühlte sich Lisa in ihre Kindheit zurückversetzt. Heiko hingegen hatte sich ein ›erwachsenes‹ Magnum Mandel gekauft, und jetzt lagen sie auf ihren Handtüchern, Eis schleckend, und blickten hoch zum knallblauen Himmel, der mit wattigen Schönwetterwolken dekoriert war.
    »Irgendwas stört mich an der Sache«, meinte Heiko und ließ ein Stück Schokolade knacken.
    »Wieso?«
    »Naja, findest du nicht auch, dass das Ganze der Irina Siegler recht plötzlich eingefallen ist? Wieso gerade jetzt? Wieso nicht am Montag?«
    Lisa stellte fest, dass eine der Wolken ziemliche Ähnlichkeit mit dem Riesenschecken Alfred hatte. »Der Schock?«, schlug sie dann vor und verscheuchte wild wedelnd eine Wespe, die sich allzu aufdringlich für ihr Eis interessierte. Heiko brummte. »Na, allzu traurig wirkt die auf mich nicht.«
    »Wie auch«, gestand Lisa zu, »nach allem, was wir bisher herausgefunden haben.« Lisa schnaubte plötzlich und wechselte das Thema: »Verdammt, jetzt haben wir das Geschenk vergessen!«
    »Welches Geschenk?«
    »Na, für morgen.«
    Ach so, ja, das Barbecue. »Denkst du, wir sollten Fleisch mitbringen?«, fragte Heiko. Lisa schüttelte den Kopf. »Simon sagt, es sei alles da, man müsste nichts mitbringen.« Danach waren sie irgendwie nicht mehr in der Lage, sich weiter mit dem Fall zu befassen. Die Spätnachmittagssonne knallte auf ihre Köpfe und machte sie träge, wohltuend erschöpft nach der Hektik der letzten Tage, und sie gaben sich einem entspannten Vor-sich-hin-Dösen hin.

    Alexander hatte nach langem Fußmarsch den Bahnhof Eckartshausen-Ilshofen erreicht. Mit seinem letzten Fünf-Euro-Schein hatte er sich eine Flasche Wasser aus dem Automaten gezogen und sie durstig geleert. Noch nie im Leben war ihm Wasser so klar, so rein, so gut vorgekommen. Eine Reisende hatte ihn prüfend gemustert und sich erst wieder abgewandt, als er sie gegrüßt hatte. Er hatte sich dann in den nächsten Regionalzug nach Heilbronn gesetzt. All seine Sachen waren in Crailsheim, und einen Plan hatte er nicht. Er trug sein Portemonnaie bei sich und hatte darauf verzichtet, eine Fahrkarte zu kaufen. Nach der Wasserflasche befanden sich sowieso nur noch 3,50 Euro im Geldbeutel. Schließlich bezahlte er seine Einkäufe immer bar, und er nahm niemals mehr als 50 Euro mit. In den Regionalzügen wurde sowieso niemals kontrolliert. Er sah die Hohenloher Landschaft an sich vorbeiziehen. Die sanften Hügel, die Wälder, das steile Tal des Kochers. Sie waren schon über Hessental, Schwäbisch Hall und Wackershofen nach Waldenburg gefahren, waren durch Öhringen, Neuenstein und Weinsberg gekommen und näherten sich nun der Station Heilbronn Hauptbahnhof. In Gedanken verabschiedete er sich von der Gegend, die drei Jahre lang seine Heimat gewesen war und die er kennen und lieben gelernt hatte. In Heilbronn hätte er eine größere Chance, der Fahndung zu entgehen, denn sie suchten nach ihm, da war er sich sicher. Er sah auf seine Uhr, ein Geschenk von Irina zu seinem letzten Geburtstag. Ihm war bewusst, dass sie nicht teuer war, nicht teuer gewesen sein konnte, denn der Walter hatte die Irina sehr kurz gehalten und ihr nur das Nötigste zugeteilt – abgesehen von Klamotten, denn er hatte großen Wert darauf gelegt, dass seine Katalogrussin ein gepflegtes Äußeres hatte. Was hätten denn auch die Leute sonst gesagt. Sonst aber hatte Irina nur das übliche Haushaltsgeld erhalten, um ihren Pflichten als Hausfrau und Mutter nachzukommen. Und der Walter hatte sich immer die Belege zeigen lassen. Umso wertvoller war die Uhr. Und die Uhr zeigte an, dass er Heilbronn in zehn Minuten erreicht haben würde. Er sah zum Fenster hinaus. Das Wetter war trüb, dunkle Gewitterwolken brauten sich am Horizont zusammen, und man meinte, es donnern zu hören. Natürlich war das Quatsch, immerhin übertönte der Zugmotor alle Außengeräusche. Alexander Iwanow war so in Gedanken versunken, dass er die beiden Männer, die ihn interessiert musterten, gar nicht bemerkte. Erst, als einer von beiden ihn anredete und sagte: »Ihre Fahrkarte bitte«, schrak er hoch und betrachtete die Männer. Es handelte sich um zwei bullig wirkende Schaffner, mit denen er garantiert nicht fertig werden würde. Er tastete nach seinem Butterfly-Messer, merkte aber

Weitere Kostenlose Bücher