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Fischerkönig

Fischerkönig

Titel: Fischerkönig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wildis Streng
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Wasseroberfläche. Einzelne Wasserläufer glitten über die blaugrüne Fläche. Gelegentliches Plätschern verriet ihm, dass sich im Weiher viele Fische tummelten. Wie immer bissen die Fische gut bei ihm. Sein Blick schweifte zu seinem Eimer, in dem eine schöne Forelle im Wasser vor sich hin dümpelte. Er würde sie nachher schlachten und gleich ausnehmen. Er hätte nur gern noch eine zweite. Denn dass die Fische gut bissen bei ihm, das war ja nichts Neues. Gut halt. Deswegen war er auch immer der Zweite. Es war wie verhext. Bei bisher jedem Königsfischen seines Lebens war er maximal Zweiter geworden. Und er hatte schon einige mitgemacht, 17, um genau zu sein. Selbst den Urlaub hatte er immer so gelegt, dass er bei dieser Veranstaltung dabei sein konnte, immer. Er verscheuchte eine Schnake mit der Hand, die ihn hartnäckig in Ohrhöhe umsummte. Blieb abzuwarten, wie sich die ganze Sache auf den diesjährigen Fischerkönig auswirken würde. Sollte bei den Ermittlungen herauskommen, dass Hintermann der Mörder war, ganz eindeutig und unumstößlich, dann hätte er vielleicht erstmalig eine echte Chance auf den Titel. Natürlich müsste man eine neue Kette anfertigen, eine, mit der noch keiner umgebracht worden war. Eine neue Kette, und sein Name stünde dann als erster darauf, vielleicht würde man das Plättchen mit seinem Namen an das mittlere, das zentrale Kettenglied hängen, wegen der Symmetrie. Nur einmal Fischerkönig sein, ein einziges Mal. Er spürte ein leichtes Zucken an der Angel und gab routiniert Schnur nach. Er war ein guter Angler, ein hervorragender. Und einmal würde er auch der beste sein. Er widmete seine ganze Aufmerksamkeit nun der Schnur, ignorierte die Schnake, die sich endlich auf seiner Backe niedergelassen hatte und genüsslich sein Blut trank. Jetzt war es Zeit, die Schnur einzuholen. Der Fisch hatte inzwischen gemerkt, dass er gefangen war, und zerrte wild am Haken. Würde ihm aber nichts helfen. Er warf einen kurzen Blick auf die Forelle im Eimer. Gleich würde sie Gesellschaft kriegen. Dann, endlich, langsam und genüsslich, holte er den Fisch ein. Schon beim Herausziehen wusste er, dass er ihn wieder freilassen musste. Er war viel zu klein. Unter dem Mindestmaß.

    Lisa und Heiko wurden sofort von Simon abgefangen, als sie ins Büro kamen. »Wir habän ihn«, informierte der Schwabe und wirkte dabei ein klein wenig wie Bruce Willis in einem 80er-Jahre-Polizeifilm. Ein ganz klein wenig. Lisa und Heiko blieben abrupt stehen und wechselten einen Blick.
    »Wen?«, fragte Heiko.
    »Na, den Mann vom Foto. Zumindest hat eine Streife ihn gesichtet. Er konnte aber abhauen.«
    »Toll!«, kommentierte Heiko und schnaubte genervt. »Na ja, also die Kollegen haben einen Kerl, der dem auf dem Foto verdammt ähnlich sieht, bei den Hirtenwiesen gesichtet«, präzisierte Simon. »Er hatte eine Einkaufstüte dabei, vom Handelshof. Er scheint also dort zu wohnen.«
    »Gut kombiniert, Simon«, lobte Heiko und klopfte dem kleinen Schwaben kameradschaftlich auf den Rücken, sodass dieser bedenklich schwankte.
    »Als er das Polizeiauto gesehen hat und wie die Kollegen ihn interessiert gemustert haben, hat er die Tüten fallen lassen und ist abgehauen. Aber wir fahnden weiterhin nach ihm, befragen die Anwohner und so weiter.«
    »Ja, dann wird er wohl Dreck am Stecken haben, sonst würde er ja nicht abhauen«, stellte Lisa fest. »Ganz genau«, bestätigte Simon eifrig nickend. »Vielleicht ist er sogar der Auftragskiller. Und die Kollegen haben gemeint, er würde scho irgendwie oschdeuropäisch aussehen.«
    »Ein Russe?«, vermutete Heiko und hoffte darauf, dass der Fall schnell geklärt werden würde, denn so langsam hatten sie für seinen Geschmack ein paar Verdächtige zu viel. Andererseits wäre es schade um die schöne Irina und ihre Tochter. Kinder von Mörderinnen landeten bei Verwandten oder im Heim, wobei Heiko sich in diesem Fall nicht ganz sicher war, was da schlimmer wäre. Man könnte die Kleine entweder zurück nach Russland schicken, in das Land, das ihre Mutter um jeden Preis hatte verlassen wollen. Oder man würde die Morgnerin in die Pflicht nehmen, und das wäre fatal für das Mädchen, denn die alte Hexe hatte wohl wenig für ihre kleine Nichte übrig. Noch schlimmer war das Heim. Auch, wenn er den Fall schnell abgeschlossen haben wollte – irgendwie wäre es besser, Irina und der geheimnisvolle Lederjackenmann wären unschuldig.

    Obwohl Alexander Iwanow nun schon seit einer Stunde

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