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Fischerkönig

Fischerkönig

Titel: Fischerkönig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wildis Streng
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Häuflein Elend auf dem Stuhl, Irina hingegen umso aufrechter, allerdings weniger aus Stolz, sondern vielmehr mit einer seltsamen Art von Trotz, vielleicht mit dem Trotz einer Löwin, die ihre Jungen gegen einen übermächtigen Feind verteidigt. Von Alexander ging inzwischen ein deutlicher Schweißgeruch aus, ein Geruch nach ungewaschener Haut. Er tat Lisa einerseits leid, wie erschöpft musste er sein, wie verzweifelt, nach seiner Flucht doch noch geschnappt worden zu sein, und dann auch noch abgeschoben zu werden, oder schlimmer, als Mörder verurteilt zu werden. Denn Lisa konnte sich sehr gut vorstellen, dass Alexander Iwanow aus Wut über die Behandlung seiner Schwester zum Mörder geworden war. Wäre ihm nicht einmal zu verdenken, wenn sie das berücksichtigte, was sie bisher über den Siegler wussten. Denn mit einem Mann, den man nicht liebte, zusammen zu sein, mit ihm ins Bett zu gehen und daheim die brave Hausfrau zu spielen, immer das Damoklesschwert über sich wissend, dass der verhasste Gatte den eigenen Bruder ausweisen lassen konnte …, das vermochte Lisa sich schon irgendwie vorzustellen. Sie fixierte Irina und begann dann: »Frau Siegler, Sie verstehen sicherlich, dass wir Sie und Ihren Bruder verdächtigen, Herrn Walter Siegler umgebracht zu haben.« Die Laptoptasten klackten, als Frau Brucker ebenso dezent, wie sie selbst war, mitzuschreiben begann. »Ich habe meinen Mann nicht ermordet, obwohl er es verdient hätte.«
    Heiko meinte: »›Ich war es nicht‹ reicht leider nicht aus. Da müssen Sie schon etwas konkreter werden.« Irina schlug die Augen nieder und verharrte eine Weile so, als würde sie Kraft schöpfen. »Ich war zu Hause«, sagte sie dann, leiser, gefährlich ruhig.
    »Meine Schwester hat überhaupt nichts mit der Sache zu tun. Und ich auch nicht«, schaltete sich Alexander ein, und er wirkte so, als würde er gleich überschäumen. Seine stahlblauen Augen funkelten gefährlich.
    Heiko hob Einhalt gebietend die Hand. »Ruhe, Herr Iwanow, Sie sind nicht dran.«
    Lisa kam ein Gedanke. »Der Herr Sackler hat doch … ein Faible für Sie, Frau Siegler. Und wie Sie sich vielleicht vorstellen können, hat er ein paar Fotos von Ihnen.« Irina atmete hörbar auf. »Das hoffe ich doch. Dann ist der alte Sack also wenigstens mal für etwas gut.«
    Lisa unterdrückte ein Grinsen.
    »Was Sie natürlich als Anstifterin noch nicht entlastet«, stellte Heiko klar. »Die entscheidende Frage in diesem Punkt lautet: Hat Herr Iwanow ein Alibi?« Heiko hatte sich direkt an den Bruder der Witwe gewandt, der sich nun ganz offiziell angesprochen fühlen durfte.
    »Wann war der Mord noch mal?«, fragte er.
    »Samstagabend zwischen acht und zehn Uhr abends«, informierte Heiko.
    Die blauen Augen richteten sich nach oben, in Richtung der zerdrückten, hellblonden Haarsträhnen. »Da hatte ich einen Auftrag. Auf einer Baustelle.«
    »Haben Sie einen Namen?«
    »Vergessen.«
    »Wo war denn Ihre Baustelle und was haben Sie da gemacht?«
    Alexander schwieg und starrte die beiden Kommissare nur hasserfüllt an. Seine Schwester sprang ihm bei. »Sie können sich sicherlich vorstellen, dass es sich nicht um eine richtige Baustelle gehandelt hat.«
    »Das kann ich mir vorstellen«, gab Lisa zurück, »trotzdem wäre es ein Alibi für Ihren Bruder und würde damit auch Sie fürs Erste entlasten.« Die Geschwister schienen zu überlegen, wechselten einen Blick. Irina sagte etwas auf Russisch zu ihrem Bruder, woraufhin sie von Heiko scharf aufgefordert wurde, Deutsch zu sprechen. »Ich hab ihm nur gesagt, dass er es sagen muss, wo er war«, rechtfertigte sich die Witwe und verschränkte demonstrativ die Arme vor dem schönen Busen. Alexander seufzte und sagte dann: »Keine Ahnung, wie die Leute heißen. Es war in Lendsiedel. Ich hab einen Hof gepflastert.«
    »Sie wissen also den Namen nicht mehr.« Noch einmal schüttelte Alexander den Kopf.
    »Dann bleibt uns wohl nichts anderes übrig, als dorthin zu fahren und den Hof zu suchen.«

    Eine halbe Stunde später saßen sie zu viert im Auto, Lisa und Heiko vorne, in diesem Fall in einem wesentlich uncooleren Wagen als dem M3, nämlich im Streifenwagen, der zwar zugegebenermaßen schnell und schnittig war, aber eben ein Kombi war und blieb. Hinten ließen sich die Türen beim Streifenwagen nicht öffnen, was in diesem Fall natürlich notwendig war. Heiko wählte den kürzesten Weg über Maulach, Saurach und Herboldshausen. Bald hatten sie die Kreuzung am Kirchberger

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