Fischland Mord - Küsten-Krimi
paarmal. Er hat
draufgesehen und es ohne ein Wort wieder eingesteckt. Warst du
das?«
»Wahrscheinlich. Er hat sicher bloß die Nachricht gelesen und noch
nicht die Fotos angesehen. Jetzt können wir nur warten.«
Aber Dietrich meldete sich den ganzen Tag nicht. Hatte
er nicht angebissen? Oder hatte er die Fotos am Ende doch Menning
gezeigt? Es war schon acht, als Jonas anrief. »Kann ich
rüberkommen? Ich hab da was Interessantes.«
»Seit wann fragst du?«, meinte Kassandra belustigt.
Er ging auf ihren Tonfall ein. »Hätte ja sein können, dass du beschäftigt bist. Dass Kesting entlassen wurde und du dich um ihn kümmerst.
Wobei ich und mein verstauchter Fuß das ebenfalls nötig hätten.«
»Klar, ich bin eine Pflegestation. Soll ich dich
stützen kommen?«
»Danke, nicht nötig, ich humpele schon allein.«
Während sie auf Jonas wartete, ging Kassandra auf, dass sie
versprochen hatte, Arnold im Krankenhaus zu besuchen. Wenn sie das morgen
nachholte, konnte sie gleich fragen, was die Beamten alles von ihm hatten
wissen wollen.
Jonas ließ sich mit schmerzverzerrtem Gesicht in einen Sessel
plumpsen. »Mein Fuß bringt mich um, aber ich hatte so viele Reservierungen,
dass ich die Bootstouren nicht absagen konnte.« Er ächzte leise. »Heute
Vormittag hab ich bei der Agentur von Heiner Bertram angerufen, wo ich mich als
Journalist mit einem Interviewwunsch vorgestellt habe. Der Mann ist zurzeit
tatsächlich in Spanien. Über Bertrams Termine vor seiner Reise wollte
die Agentur keine Auskunft geben, wir wissen demnach nicht, ob
Kesting wirklich bei ihm war.«
»Bezweifelst du das?«
»Der Rest seiner Story ist im höchsten Maße unglaubwürdig, wer weiß,
ob das nicht auch auf sein Treffen mit Bertram zutrifft?« Jonas
drückte Kassandra einen Ausstellungskatalog in die Hand. »Und das hier ist das Ergebnis von ein paar Telefonaten, die ich gestern
geführt habe: ein komplettes Exemplar des Katalogs, in dem die Seite fehlte.
Guck dir an, was drauf ist.«
Es war eine von Tina Bodenstedts Plastiken – ein Akt zweier Menschen in einer sehr intimen Position. Im Gegensatz zu den meisten
ihrer sonstigen Arbeiten trugen diese Figuren sehr ausdrucksstarke Züge: Die Frau hatte große Ähnlichkeit mit ihr selbst,
und der Mann stellte eindeutig Arnold dar, das erkannte man sogar auf dieser
kleinen Abbildung.
Nachdem sie inzwischen davon ausgingen, dass Arnold
von Tina Bodenstedt im Keller der Seefahrtschule eingesperrt
worden war, hatte sich Kassandra nicht mehr vorstellen können, dass die beiden
einmal ein Paar gewesen waren.
»Wie kann Liebe in solchen Hass umschlagen? Ich hätte
nicht gedacht, dass es das wirklich gibt.«
»Du müsstest doch am besten wissen, wie so was
passieren kann«, meinte Jonas. »Oder hegst du noch
nette Gefühle für Sven Larsen?«
»Meinetwegen soll er im Gefängnis alt werden, aber ich hasse ihn
doch nicht«, erwiderte Kassandra indigniert. »Ich verachte ihn, und ehrlich
gesagt hab ich ein bisschen Angst vor dem Tag, an dem er rauskommt,
auch wenn er nie gewalttätig gewesen ist. Aber Hass? Glaubst du
im Ernst, dass ich tun könnte, was Tina Bodenstedt getan hat?«
»Entschuldige. Nein. Das glaube ich nicht. Aber was ist mit Kesting?
Der wollte ihr doch unbedingt unterstellen, in dunkle Machenschaften verwickelt
zu sein. Er scheint sie in gleichem Maß zu hassen wie sie ihn, egal, was er
behauptet. Also kennen wir jetzt endgültig sein Motiv.«
»Kennen wir das?«, murmelte Kassandra.
Die Türklingel schnitt Jonas das Wort ab.
»Was soll das? Was zum Teufel wollen Sie mit diesen Fotos
andeuten?«, fragte Kommissar Dietrich aufgebracht und ohne jede Vorrede. »Woher
haben Sie die überhaupt?«
»Die Bilder sind nicht das Einzige, worüber ich mit Ihnen reden
muss. Danke, dass Sie gekommen sind.« Kassandra hätte sich Dietrich
gegenüber bei dem Wort Danke am liebsten die Zunge abgebissen. Sie führte ihn
ins Wohnzimmer, wo er abrupt stehen blieb.
»Herr Zepplin. So schnell sieht man sich wieder. Wie kommt es, dass
ich nicht überrascht bin?« Er wandte sich wieder an Kassandra. »Was mag Herr
Kesting davon halten, dass sie lieber mit Ihrem
Nachbarn zu Hause sitzen, statt bei ihm Händchen zu halten?«
»Dietrich, Sie …«, fing Jonas an.
»Jonas, ist gut. Ich bin sicher, wir würden heute
Abend alle lieber was anderes tun. Setzen Sie sich doch, Herr
Dietrich.«
»Ich will mich nicht setzen. Ich will wissen, was für eine Nummer
Sie hier abziehen! Was sind das für
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